Immer wieder samstags
sah er mich intensiv an.
Mit einem Ruck ließ er meinen Vater dann los, drehte sich um und ging. Dieser war so aufgebracht, dass er ihm hustend hinterherschrie, er könne nach der Aktion mit einer weiteren Anzeige rechnen, was jede Menge Ärger bedeuten würde, wenn man gewisse alte Vergehen noch bedachte. Völlig perplex kam mein schockiertes Hirn gar nicht mehr mit dem Erfassen dieser Situation nach, weil mein Erzeuger, ganz im Dienstmodus, sämtliche Paragraphen runterbetete. Tristan aber schien das komplett egal zu sein, denn er erweiterte die Anzeige lediglich, indem er meinem Vater im Davongehen den Mittelfinger zeigte, um dann lässig in sein Auto zu steigen, die Musik aufzudrehen und mit quietschenden Reifen davonzufahren. Ich konnte nichts weiter tun, als ihm total vor den Kopf gestoßen nachzustarren, ebenso wie seine Geschwister, die anscheinend genauso wenig wie alle anderen glauben konnten, was soeben geschehen war.
Mir dämmerte aber bereits dunkel, dass er weder sich noch mir einen Gefallen getan hatte, sich mit meinem Vater anzulegen. Dieser war von Berufs wegen Gesetzeshüter, der ihm jede Menge Scherereien machen konnte und es auch tun würde. Blieb nur die Frage, warum er Tristan nicht gleich verhaftet hatte.
Mich erwartete jedoch eine andere Art von Ärger, was ein Blick auf Harald mir soeben bestätigte. Ich wollte sterben.
Seine Augen waren zusammengekniffen und versprachen mir ohne Worte, dass er alles an mir auslassen würde .
***
A ls mein Vater von mir abließ, tat mir alles weh. Mein Gesicht fühlte sich nicht nur geschwollen an, das war es vermutlich auch, ganz zu schweigen von diversen Blutergüssen, die schon bald in den schillerndsten Farben auf meinem ganzen Körper zu sehen sein würden. Zusammengekrümmt lag ich in meinem Zimmer am Boden und konnte mich nicht bewegen, ohne höllische Schmerzen zu haben. Selbst das Atmen tat weh. Normalerweise schlug er mich sonst mit dem Gürtel ausschließlich auf den Rücken, aber nie so brutal wie heute, und vor allen Dingen nie so, dass es offensichtliche Spuren hinterließ.
Er hatte mir die restliche Woche Hausarrest gegeben und mich in der Schule entschuldigt, damit keiner die Nachwirkungen seiner Prügelattacke bemerkte.
Ich wusste, er war einfach nur feige, denn er ließ an mir aus, was ihn im Leben ärgerte. Angefangen bei meiner Mutter bis zu seinem Job, nicht zu vergessen Tristans Aktion. Aber ich musste nur noch ein Jahr durchhalten. Ein Jahr voller Streitereien, den Demütigungen meiner Mutter sowie den Prügelattacken meines Vater, und dann war ich frei. Dann war ich volljährig und konnte tun und lassen, was ich wollte. Dieser Gedanke gab mir die Kraft, alles zu ertragen, war mein Rettungsanker, und hielt mich in dieser durch und durch kranken Familie über Wasser. Aber es gab natürlich auch noch Stanley …
Kaum hatte mein Vater das Zimmer verlassen, kam er unter dem Bett hervorgekrochen. Ich war erleichtert, dass er nicht verletzt wurde. Denn Harald hatte ihn in die Ecke getreten, als er sich todesmutig auf ihn stürzte und sich in seinem Bein verbiss, um mich zu beschützen.
Mein kleiner Hund legte sich zu mir und leckte mit seiner rosa Zunge mein Gesicht, als würde er mich trösten oder mir irgendwie helfen wollen. Ich drückte seinen winzigen, warmen Körper an mich.
Unweigerlich dachte ich an Tristan. Er hatte mir das alles durch seine miese Fotoaktion eingebrockt, aber er war auch gleichzeitig die erste Person, die sich gegen meinen Vater jemals für mich eingesetzt hatte. Vielleicht hätte sein Versuch, ihn in die Schranken zu weisen, sogar funktioniert, wenn mein Erzeuger nicht so psychotisch wäre.
Tristan konnte ja nicht ahnen, dass er mit seinem Eingreifen meine Situation noch verschlimmerte. Aber für mich zählte der Versuch. Ihm musste doch etwas an mir liegen, wenn er sich für mich mit einem Polizisten anlegte, oder? Vielleicht hatte er aber auch nur aus schlechtem Gewissen heraus gehandelt, aber spielte das eine Rolle?
Immerhin hatte er mich vor den Augen der gesamten Schule verteidigt!
Obwohl ich hier am Boden lag, meine Lippe definitiv blutete, mein Kopf schmerzte und es mir einfach nur miserabel ging, konnte ich nicht anders, als zu lächeln.
Tristan´ the Monkey´ Wrangler
E rnsthaft. Ich fand die Idee mit den Fotos auf dem Männerklo wirklich witzig, ebenso wie Phil und Tommy. Nur Vivi, Toms persönliche Hexe, war gar nicht begeistert und schwafelte was von frauenverachtend und niederträchtig.
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