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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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solange
die Behandlung andauerte. Es war Veronica sehr schwergefallen, doch sie hatte
sich den Anweisungen des Arztes gefügt und
gehofft, auf diese Weise zu Amelias Genesung beizutragen. Jetzt
verlangte Newbury, der so viel für Amelia getan hatte, von ihr, gegen die
strikten Gebote des Arztes zu verstoßen.
    Veronica wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Natürlich
würde sie alles für Newbury tun, aber konnte er überhaupt noch klar denken?
Aufgrund einer Laune die Behandlung ihrer Schwester gefährden, einfach nur, um
eine Bestätigung zu finden …
    Â»Ich …« Sie drehte sich um, als sie Porzellan klirren hörte, und war
dankbar für die Störung. Sir Charles schob mit der Schulter die Tür auf und
brachte ein silbernes Tablett mit Teetassen, Untersetzern, Milchkännchen und
Zuckerdosen herein. Den Gehstock hatte er sich in die Armbeuge gehängt. Als er
Newbury erblickte, der frisch umgezogen und rasiert auf der Sessellehne hockte,
sagte er: »Ah, Newbury. Das ist schon viel besser, alter Freund. Kommen Sie her
und helfen Sie mir.«
    Der Agent lächelte sie mit blitzenden Augen an und kam seinem alten
Freund zu Hilfe, um diesen von der Peinlichkeit zu erlösen, sich noch weiter um
den Tee kümmern zu müssen.
    Veronica seufzte erleichtert. Über die nächsten Schritte musste sie
sehr sorgfältig nachdenken. Wenn Newbury
recht hatte, und ihnen stand wirklich etwas Schreckliches bevor, dann
konnte Amelia ihnen sicherlich helfen, indem sie ihnen eine Art von Einsicht vermittelte.
Andererseits stand zu befürchten, dass Newburys Gespür gelitten hatte, seit er
mehr und mehr dem Mohnsamen verfallen war. So steckte sie nun in einer
schrecklichen Klemme, denn wenn sie Newbury nicht mehr trauen konnte, wem
konnte sie dann überhaupt noch trauen?
    Sie beobachtete die beiden Männer, die sich unterdessen damit
beschäftigten, wie in alten Zeiten den Tee einzugießen. Anscheinend kam es nun
darauf an, mit Bedacht eine Sache nach der anderen anzugehen. Mehr konnte sie
nicht tun. Newbury war wieder auf dem Damm und in besserer Verfassung, als sie
ihn in den letzten Monaten jemals erlebt hatte. Sie hatten ein Rätsel, das sie
lösen mussten. Das reichte für den Anfang. Alles andere konnte warten.
    Wenigstens bis nach dem Tee.

5
    Der Garten wimmelte vor
Leben. Ein rotes Eichhörnchen
kletterte an einem Busch empor, der sorgfältig in die Form einer antiken
Gottheit geschnitten war: Poseidon, der den Dreizack triumphierend zum Himmel
hob. Andere Götter umringten ihn mit strenger Miene und starrem Blick: Ares,
Zeus, Hades, Aphrodite. Das ganze Pantheon war vertreten und verharrte schweigend
in immergrüner Wachsamkeit.
    Die Vögel flogen in weiten, konzentrischen Kreisen über den Himmel
oder tauchten elegant zum See hinab und glitten über die Wasserfläche, um in
den trüben Tiefen kleine silberne Fische zu ergattern.
    Amelia Hobbes presste die Fingerspitzen gegen die kalte
Fensterscheibe, als versuchte sie unbewusst, die Welt da draußen zu berühren.
Sie war schon eine halbe Ewigkeit in ihrem Apartment eingesperrt, gefangen wie
ein Vogel mit nutzlosen, gekürzten Schwingen. Wie gern wollte sie die frische
Frühlingsluft einatmen, auf ihren eigenen zwei Füßen umherlaufen und nicht mehr
an den unbequemen Rollstuhl gefesselt sein.
    Seufzend stieß sie sich vom
Fenster ab. Die Räder des Rollstuhls quietschten protestierend. Es war
doch sinnlos, sich selbst zu quälen. Bald schon würde sie wieder draußen
umherlaufen und andere Menschen sehen können. Darauf musste sie sich
konzentrieren. Bald. Wenigstens hatte Dr. Fabian ihr
das versprochen.
    Amelia lenkte den Rollstuhl langsam ins Halbdunkel ihres Apartments
zurück. Sie fühlte sich so gut wie seit Monaten oder gar seit Jahren nicht
mehr. Anscheinend hatte Dr. Fabian endlich einen Weg gefunden, ihre sporadisch
auftretenden Anfälle zu unterdrücken, diese kurzen, grauenhaften Krämpfe, die
mit blitzartigen Einblicken in die Zukunft einhergingen. Seit der letzten
Episode waren mehr als zwei Wochen verstrichen. Damit war eine schreckliche
Phase fast lückenlos aufeinanderfolgender Anfälle zu Ende gegangen, in der sie
nur für kurze Momente wach und bei Sinnen gewesen war. In dieser Zeit hatte der
Arzt mit der Dosierung des neuen Medikaments experimentiert, das er ihr verschrieben
hatte. Ein Antispasmodikum, wie

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