Immorality Engine
End,
auch wenn er sich bemühte, seine Herkunft zu verleugnen.
Newbury antwortete freundlich, obwohl ihm ganz und gar nicht danach
war. Er hatte einen Knoten im Bauch und schwitzte unter dem Hemdkragen. Die
Wirkung der Dosis Laudanum, die er am Morgen genommen hatte, klang schon wieder
ab, und nun kehrte die Gier mit Macht zurück. »Danke, Carrs. Ich würde gern mit
Dr. Fabian sprechen. Ich bin im Auftrag der Krone hier und benötige seinen
Rat.«
Carrs neigte höflich den Kopf. »Sehr wohl, Sir. Wenn Sie mir bitte
folgen wollen. Ich zeige Ihnen, wo Sie warten können, während ich versuche,
Dr. Fabian ausfindig zu machen.«
Erst als Newbury sich unter dem Türsturz des alten Hauses duckte, erkannte
er, wie klein der Butler war. Er ging leicht gebeugt und reichte Newbury
höchstens bis zur Schulter. Der Agent fragte sich, ob auch er einer von Dr.
Fabians Heimatlosen und Streunern war. Vielleicht ein ehemaliger Soldat, ein
Agent oder ein Bediensteter, der sich im Institut erholt hatte und geblieben
war, weil ihn das Vaterland, dem er so viel gegeben hatte, gut versorgt wissen
wollte.
So hätte Newbury es sich gern vorgestellt, aber der Zyniker in ihm
wandte ein, Dr. Fabian wolle sich vielleicht einfach nicht gern mit Menschen
umgeben, die jünger oder gröÃer waren als er selbst. Newbury hätte sich nicht
gewundert, wenn dies der wahre Grund gewesen wäre. Alles, was er vom Hörensagen
und nach ihrer kurzen Begegnung über den Doktor wusste, deutete darauf hin,
dass der Arzt ein Ego besaÃ, das seinem Ruf mehr als gerecht wurde.
Newbury folgte Carrs von der Eingangshalle aus durch eine Reihe
gewundener Gänge, bis sie einen Raum erreichten, der wie ein Salon eingerichtet
war. Die Wände waren mit dunklen Eichenpaneelen verkleidet, über dem Kamin hing
das Porträt eines Ritters aus dem siebzehnten Jahrhundert in vollem Putz samt
Federhut und kurz gestutztem Bart. Er blickte aufmerksam und herrisch herab.
Newbury wurde den Eindruck nicht los, dass das Gemälde ihn irgendwie
beobachtete.
Das Zimmer roch nach Staub und Alter und wurde offenbar nur selten
benutzt. Eine Wand nahm ein Bücherregal mit Lederbänden ein, deren Rücken
goldene Titel in lateinischer, französischer und italienischer Sprache trugen.
Auf einem Tischchen am Kamin standen eine Karaffe mit Wasser und zwei Kelche bereit, die möglicherweise aus
der gleichen Epoche stammten wie das Haus selbst.
Carrs bat ihn, auf einem Sessel am Kamin Platz zu nehmen. Newbury
lieà sich vorsichtig auf das Möbelstück sinken, dessen sprödes Leder unter
seinem Gewicht knarrte. In diesem Zimmer war alles sehr alt. Er fragte sich, ob
es ausschlieÃlich als Warteraum für Besucher diente. Besonders häufig wurde es
jedenfalls nicht benutzt.
Als Newbury saÃ, versprach Carrs, er werde in Kürze mit einer
Mitteilung von Dr.âFabian zurückkehren, und ging hinaus.
Der Agent lehnte sich an. Gott, war er müde! Es kostete ihn eine
groÃe Anstrengung, die Augen offen zu halten. Jetzt war nicht der Augenblick,
in seiner Wachsamkeit nachzulassen. Er hatte eine Aufgabe zu erledigen, und da
Charles mit dem Anschlag auf die Königin beschäftigt war, musste er sich allein
um den Sykes-Fall kümmern. AuÃerdem hatte er bemerkt, wie Veronica ihn am
Morgen voller Hoffnung betrachtet hatte. Es brach ihm das Herz, dass er sie so
oft enttäuscht hatte. Im Hinterkopf hielt sich jedoch ein nagender Zweifel, was
ihre Motive anging. Er war sicher, dass ihre Gefühle echt waren, doch sein
Vertrauen in sie wurde durch das Wissen untergraben, dass sie insgeheim für die
Queen arbeitete.
Seit Monaten beobachtete er sie schon und zweifelte inzwischen nicht
mehr daran, dass sie der Monarchin über ihn Bericht erstattete. Schon der
Gedanke daran drehte ihm den Magen um. Wie konnte sie nur? Es war ein Verrat
der übelsten Sorte, und ihm fiel nichts ein, was dies rechtfertigen konnte. Er
hatte versucht, nur das Beste über Veronica zu denken, und sich bemüht, sich
damit abzufinden, weil sie doch sicher nur aus den allerbesten Gründen
handelte. Es gelang ihm nicht. Er konnte sich nicht vorstellen, was sie dazu
trieb, und es tat doppelt weh, weil er tief in seinem Inneren genau wusste,
dass er sie liebte.
Charles hatte ihm erklärt, die
Queen sei besorgt, weil er allzu leicht in die Finsternis abgleiten
könnte. Sie fürchtete, die Verlockungen könnten zu
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