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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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davon ab. »Lassen Sie den Toten noch eine Weile hier«, sagte sie
und glättete ihren Rock. »Wir wünschen ihn noch eine Weile zu betrachten.«
    Bainbridge hatte ein flaues Gefühl in der Magengrube und trampelte
unsicher von einem Bein auf das andere. Er wusste nicht einmal, wo er mit den
Ermittlungen beginnen sollte. Wenn der Tote keinerlei Hinweise gab, hatte er nicht den Hauch einer Spur. Newbury war mit Sykes beschäftigt, und von diesem
Fall konnte Bainbridge ihn nicht abziehen, ohne die ganze Untersuchung zu
gefährden. Außerdem war Newbury in den letzten paar Monaten nicht ganz auf dem
Damm gewesen.
    Seit Antritt seines Dienstes bei Scotland Yard hatte Bainbridge sich
noch nie so verloren gefühlt. Damals hatte Lord Roth ihn zu sich gerufen und ihn zur Schnecke gemacht, weil er im Verlauf einer
Ermittlung ein wichtiges Beweisstück verloren
hatte. Keiner von ihnen hatte damals erkannt, dass die betreffenden
Diebe Agenten der Königin gewesen waren. Bainbridge hatte wegen seiner
Unfähigkeit eine Woche im Streifendienst verbracht. Später hatte er die
Wahrheit herausgefunden, aber da war Lord Roth bereits von der Queen befördert
worden, und Bainbridge hatte eingewilligt, seinerseits als Agent tätig zu
werden.
    Er verneigte sich knapp vor der Queen, die auf dem Stuhl
herumrutschte und ihn mit einer beiläufigen Geste entließ. Dann heftete sie den
Blick wieder auf den Mann, den sie ein paar Stunden zuvor getötet hatte.
    Schweren Herzens verließ Bainbridge den Audienzsaal. Fürs Erste
mussten Newbury und Miss Hobbes ohne ihn weiter in dem Sykes-Fall ermitteln. Er
hatte einfach keine Wahl. Ein Anschlag auf die Queen bedeutete … nun ja …
abgesehen vom Ausbruch eines Krieges fiel ihm nichts Ernsteres ein, um seine
Arbeitszeit zu füllen.
    Draußen war es kühl, graue Wolken
hingen niedrig am Himmel wie fettiger Rauch. Im Hof luden mehrere Ingenieure
schweres Gerät von einem Wagen ab. Es ähnelte einer mächtigen eisernen
Kanone, doch am hinteren Ende befand sich eine Art großer Kasten mit gläsernen
Gucklöchern. In der Kiste drehte sich eine Spule, auf der elektrische blaue Lichter tanzten. Vermutlich handelte es sich
um einen Generator, der die Waffe mit Energie
versorgte. Bainbridge hatte allerdings keine Ahnung, wie sie eingesetzt
wurde und wirkte. Er stellte sich vor, sie sei seinem Gehstock ähnlich, der
mächtige Energielanzen auf einen Gegner abfeuern konnte, wenn man ihn auslöste.
    Das spielte natürlich alles keine Rolle. Der Palast verwandelte sich
gerade in eine Festung, und so würde es mindestens bleiben, bis der Fall
gelöst, der tote Eindringling identifiziert und die Auftraggeber des
Angriffs – sofern die Annahmen der Königin zutrafen – entdeckt und
ausgelöscht waren. Bainbridge zweifelte keine Sekunde daran, dass die Monarchin
auf der Suche nach den Schurken jeden Stein
im Empire umdrehen würde. Wenn sie eines war, dann hartnäckig. Mehr
noch, ihre Rachegelüste waren so
unerschöpflich wie ihre schlechte Laune.
    Bainbridge stellte fest, dass die Polizeidroschke am Eingang auf ihn
wartete. Er würde direkt zu Scotland Yard fahren, seine Männer einteilen und
sie über die Lage informieren. Wenn ihm dann noch Zeit blieb, würde er Newbury
eine Nachricht schicken. Obwohl der Vormittag nicht einmal vorbei war, ermüdete
ihn dieser Tag bereits.

14
    Â»Sind Sie auch ganz
sicher, Veronica?«
    Verständnislos sah sie ihn an.
»Wäre ich hier, wenn ich Zweifel hätte?«
    Sie saßen am Fuß des langen Kieswegs, der sich wie eine Schlange über das Gelände des Grayling Institute wand,
in der Droschke. Veronica spähte
zwischen den Vorhängen hinaus. Das
Glas war vom hochgespritzten Dreck verschmutzt, doch sie konnte das Gebäude
recht gut überblicken. Sie hatte es noch nie gesehen, und was sie nun
erblickte, passte überhaupt nicht zu dem, was sie sich vorgestellt hatte. Es
war ein großes Herrenhaus, sogar eine ehemalige königliche Residenz, die im
späten siebzehnten Jahrhundert errichtet und an die Wissenschaft übergeben
worden war, damit Dr. Lucien Fabian seine Laboratorien und Werkstätten
einrichten konnte.
    Das Haus war prächtig und beeindruckend, besaß aber auch einen
altmodischen Charme wie ein Landsitz, den sie einmal in ihrer Kindheit besucht
hatte. Es war ein schöner Sommertag gewesen, und sie

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