Immortal 3 - Schwarze Glut
sagte Kalen.
Die Aussicht hätte sehr reizvoll sein können, wäre sie nicht von einem schmutzigen Regenschleier verhangen. Normalerweise machte Regen Christine fröhlich, dieser allerdings nicht. Er hinterließ blutrote Streifen auf dem Fenster.
Die Straße unter ihnen wirkte wie ausgestorben. Die wenigen Leute, die sich trotz des Wetters hinaustrauten, eilten mit gebeugten Schultern und eingezogenen Köpfen ihrer Wege. Christine wandte sich vom Fenster ab. Ihr wurde das Herz schwer. Die letzte Woche hatte sie behütet von Kalens Magie verbracht, auf einer Insel, die unerreichbar für die Todesmagie war. Jetzt, zurück in der Realität, schockierte sie, wie sehr die menschliche Welt in der kurzen Zeit verfallen war.
Sie blickte zu Kalen auf. Mit strenger Miene zog er die Vorhänge zu. Seufzend blickte Christine sich im Zimmer um. Es war Teil einer großen Suite. Mehrere Türen führten in andere Räume. Unter anderem konnte Christine ein Esszimmer, eine Küche und ein Schlafzimmer ausmachen. Sie konnte hier nichts Störendes feststellen. Gewiss war das Gebäude von einem starken Schutzzauber abgeschirmt.
»Wo sind wir?«, fragte sie. »Ein Hotel? Ist die Galerie in der Nähe?«
»Sie befindet sich zufällig direkt unter deinen Füßen. Dies sind meine Privaträume im oberen Stockwerk.« Er führte sie zu einem Brokatsofa. »Setz dich einen Moment und verschnaufe. Ich muss kurz mit Fiona sprechen, meiner Geschäftsführerin. Sie ist eine Sidhe, wie alle meine Angestellten hier in Schottland, und sie sollte erfahren, dass das heute Abend die letzte deLinea-Vernissage wird. Mac bat mich, sie wegen der Evakuierung zu informieren.«
Er ging zu einer Gegensprechanlage an der Wand, nahm den Hörer ab und sprach leise hinein, während Christine überlegte, welche Möglichkeiten sie hatte. Ihr Plan war, dass sie sich aus dem Gebäude stahl, während Kalen die Gäste begrüßte. Am Galerieeingang mussten die Schutzzauber abgemildert sein, damit Kalens menschliche Klientel hineinkonnte. Und wenn Christine wegwollte, käme sie wohl am ehesten dort hinaus.
Sobald sie draußen war, musste sie Amber kontaktieren. Weil Christines Pass und ihr Geld im Faerie Lights in Inverness waren, brauchte sie Hilfe, um außer Landes zu gelangen. Amber und Adrian könnten sicher ihre Kontakte nutzen, um ihr baldmöglichst einen Flug nach Seattle zu besorgen. Natürlich wären sie enttäuscht wegen Kalen, aber das ließ sich nicht ändern. Wenn Christine bloß daran dachte, was Kalen erwartete, sollte er sich ihnen im Kampf gegen Tain anschließen, wurde ihr speiübel. Nein, sie würde ihn unter keinen Umständen in Gefahr bringen!
Nach dem Gespräch mit seiner Managerin kam Kalen wieder zu ihr und half ihr von der Couch auf. »Komm mit! Die Gäste werden bald eintreffen, und vorher würde ich dir gern eine private Führung bieten.«
Er ging mit ihr zu einem kleinen Aufzug, der dezent in einer Nische verborgen war. Es passten gerade zwei Leute hinein, und er war sehr eng – vor allem wenn einer von beiden so groß war wie Kalen. Dieser nahm Christine in die Arme, neigte den Kopf und küsste sie leidenschaftlich, während der Fahrstuhl nach unten glitt.
»Ich liebe dich«, sagte er. »Du bist mein Leben, und ich werde dich nie verlassen. Denk daran!«
»Immer«, flüsterte Christine. So wie ihr Herz schmerzte, wollte sie wetten, dass es blutete.
Die Aufzugtüren öffneten sich. Kalen legte eine Hand auf Christines Rücken und betrat mit ihr die Galerie.
Das Gebäude musste mehrere hundert Jahre alt sein, trotzdem waren die Räume sehr modern und eindrucksvoll. Mindestens drei Stockwerke mussten entkernt worden sein, um diese Raumhöhen zu erreichen. Der Boden schien zu schweben. Eine offene schwarze Treppe führte hinunter ins Foyer. Polierte Chromgeländer und unauffällige Beleuchtung sorgten für eine fantastische Atmosphäre. Alle Farben waren neutral gehalten – Weiß, glänzendes Schwarz und mattes Beige. Es war der perfekte Rahmen für die Kunst, die auf kurvigen Sockeln und freistehenden Staffeleien ausgestellt war.
Aus verborgenen Lautsprechern klang Musik – Manannán natürlich. Überall standen leinenverhüllte Tische, die mit Kristall und Porzellan gedeckt waren. Ein Dutzend oder mehr Sidhe-Kellner in Smokings warteten darauf, dass die Gäste eintrafen.
»Sie sind eher Wachen als Bedienungen«, erklärte Kalen. »Sie gehören alle zu Macs Clan. An ihnen kommt niemand vorbei, also bist du hier vollkommen sicher.
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