Immortal 3 - Schwarze Glut
das ein gutes Omen. Aber nein, wohl eher war es das Werk von Kalens Magie.
Ein Sonnenstrahl warf eine helle Spur quer über das Bett – ein Bett, das sie ganz für sich hatte. Enttäuschung schnürte ihr die Kehle zu. Dann blickte sie sich im Zimmer um und stellte fest, dass sie doch nicht allein war. Kalen saß in einem großen Sessel. Er hatte sich seinen Morgenmantel lässig über die Schulter geworfen, vorn jedoch nicht gegürtet, so dass sie seine Erektion sah.
»Guten Morgen«, begrüßte er sie und stand auf.
Christine errötete und zupfte sich die Bettdecke, die sie im Schlaf heruntergestrampelt hatte, bis über den Busen. Er mochte bereit sein, aber nun, da er vollständig erregt vor ihr stand, war sie sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie es auch war.
»Guten Morgen.« Sie schwang die Beine seitlich aus dem Bett, rutschte von der Matratze und umwickelte ihren nackten Körper mit der Decke. Ein schwacher Terpentingeruch lag in der Luft. Hinter ihm entdeckte Christine eine altmodische Holzstaffelei. Er sagte nichts, als sie darauf zuging, sie umrundete und die große Leinwand betrachtete.
Beim Anblick des Gemäldes stockte ihr der Atem.
Es war ein Meisterwerk aus Licht und Schatten, dessen leuchtende Farben von innen heraus zu glühen schienen. In diesem Bild lagen die ganze Süße Raffaels, die Dramatik Caravaggios und die Sinnlichkeit Tizians. Und es stellte sie dar. Sie war nackt, herzzerreißend schön und der Inbegriff von purer lüsterner Sexualität. Christine war sprachlos. Sie erkannte sich selbst kaum wieder. Sah Kalen sie so?
»Ich … ich wusste gar nicht, dass du malst.«
Ein zarter Rotschimmer legte sich auf Kalens Wangenknochen. »Ja.«
»Du bist unglaublich! Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
Übertrieben geschäftig widmete er sich seinen Pinseln und Farben, während Christine ihn interessiert beäugte. Es war das erste Mal, dass sie ihn verlegen erlebte.
»Ich bin wohl kaum ein richtiger Künstler«, sagte er schließlich. »Ich bin ein Unsterblicher. Zum Malen wurde ich nicht geboren.«
»Aber du hast dennoch das hier geschaffen.«
Er hob die Leinwand von der Staffelei und hielt sie ins Licht. »Findest du es wirklich gut?«
Sie lachte ungläubig. »Machst du Witze? Wüsste ich es nicht besser, würde ich meinen, dass du es aus dem Louvre oder den Uffizien entwendet hast!«
Seine Hände schienen zu zittern, als er die Leinwand wieder auf die Staffelei zurückstellte. »Mag sein, aber … das bist du, Christine.«
Nun war es einmal mehr an ihr, rot zu werden. »Das sehe ich.«
»Ich meinte nicht das Thema, sondern meine Inspiration. Das bist du.«
»Ich, ähm, danke dir.«
Für einen Moment glaubte sie, er wollte noch mehr sagen, dann aber schüttelte er nur den Kopf, als wollte er einen Gedanken vertreiben, und breitete seine Arme aus. Ohne Zögern begab sie sich in seine Umarmung.
Seine Berührung war nicht fordernd. Vielmehr umfing er sie ganz sanft, und erstmals war die Vereinigung ihrer Magien nicht entflammend, sondern einfach tröstlich. Christine vergrub das Gesicht am Kragen seines Morgenmantels, als ihr die Tränen kamen.
Nach allem, was er mit ihrem Körper angestellt hatte – ihn gestreichelt, liebkost und bis an den Rand des Wahnsinns erregt –, war es diese schlichte Umarmung, die sie fertigmachte. Zugleich klaffte eine schmerzliche Leere in ihrem Innern, die Shauns Verrat dort hinterlassen hatte. Sie hatte ihn geliebt, und er hatte versucht, sie an einen Dämon zu verkaufen. Aber Kalen … nein, sie fühlte, dass er sie niemals verraten würde.
Seine Lippen streiften ihr Haar. Mit einem tiefen Seufzen schlang Christine ihre Arme um ihn. Das hier konnte nicht andauern. Bald müsste sie wieder auf Tain zu sprechen kommen, aber nicht gleich.
Er küsste ihre Stirn, hob den Kopf und lächelte sie an. »Du warst letzte Nacht wundervoll.«
»Du auch.«
Sie schmiegte ihre Wange an seine breite Brust, oberhalb des weichen Morgenmantels. Er duftete nach Salz, Erde und ganz leicht nach Schweiß. Seine Erektion drückte sich an ihren Bauch, auch wenn sie fühlte, dass es ihn nicht drängte, sie aufs Neue zu lieben. Weder umfingen seine Arme sie fester, noch küsste er sie auf die sonst so typische ungeduldige Weise. Alles war einfach nur friedlich. Sie wurde in einen Kokon aus Wohlgefühl eingehüllt. Ein Teil von ihr wünschte sich, sie könnte auf ewig in seinen Armen bleiben, ihn halten und von ihm gehalten werden. Leider nagte der Gedanke,
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