Immortal 3 - Schwarze Glut
und er sah … fantastisch aus.
Der Anzug musste maßgeschneidert sein – so perfekt, wie er saß –, und der Kragen seines weißen Hemdes bildete einen sehr schönen Kontrast zu seinem dunkleren Teint. Unten an seinen Ärmeln blitzten goldene Manschettenknöpfe. Seine Krawatte war zu einem makellosen Windsorknoten gebunden, und die edle Tuchhose lag unten auf den auf Hochglanz polierten Schuhen auf. In einer Hand hielt er eine schmale Aktenmappe. Einzig sein langes Haar, das er sich nach hinten gekämmt hatte, wirkte vertraut.
Er strahlte Macht aus, Macht und Geld. Mehr Geld, als Christine sich vorstellen konnte – auf jeden Fall wohl deutlich mehr, als sie wissen wollte. Das war der Mann, der das künstlerische Erbe der westlichen Zivilisation aufgekauft hatte. Er musste Milliardär sein. Christine wurde schwindlig. Und was war sie? Ein Niemand.
»Deine Geschäfte in Edinburgh«, begann sie matt, »worum geht es da? Womit verdienst du dein Geld?« Vorher hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet, aber es musste etwas extrem Lukratives sein.
Er lächelte ein wenig spöttisch. »Ich bin Kunsthändler.«
Sie nickte. »Ja, das ergibt einen Sinn. Was verkaufst du? Antiquitäten? Die Renaissance- und Barockwerke, die du nicht behalten willst?«
»Nein.« Auf einmal schien er amüsiert. »Eigentlich kaufe und verkaufe ich moderne Kunst.«
Hätte er gesagt, er würde Ställe ausmisten, wäre sie wohl kaum überraschter gewesen. » Moderne Kunst? Aber du hasst moderne Kunst! Du bezeichnest sie als modernen Müll.«
Er zuckte mit den Schultern. »Stimmt, ich will sie nicht bei mir zu Hause haben. Aber wenn einige Menschen, deren Dummheit nur noch von ihrem Vermögen übertroffen wird, Millionen für Gemälde rauswerfen wollen, die aussehen, als hätte ein Hund auf die Leinwand gekotzt, wer wäre ich dann, ihnen dieses Vergnügen zu verweigern?«
Christine wurde wütend. »Bloß weil du moderne Kunst nicht verstehst, muss sie nicht gleich Müll sein! Abstraktion und Transformation sind kein Kinderspiel. Manchmal sind die schlichtesten Kompositionen diejenigen, die am schwersten zu erschaffen sind.«
»Eine Ausrede für die fehlende klassische Ausbildung bei modernen Künstlern«, konterte er.
»Picasso hatte eine klassische Ausbildung, doch erst nachdem er sich von ihr freigesagt hatte, schuf er seine größten Meisterwerke. Von denen du kein einziges für wert hieltst, es zu stehlen!«, fügte sie hitzig hinzu.
Lachend tippte Kalen ihr auf die Nasenpitze. »Du bist sehr sexy, wenn du wütend bist, weißt du das?«
Sie schlug seine Hand weg. »Sei nicht so überheblich!«
Er trat einen Schritt zurück, hatte jedoch sichtlich Mühe, ernst zu bleiben. »Entschuldige!«
Sie sah ihn an. »Also, du handelst mit moderner Kunst. Hast du eine Galerie in Edinburgh?«
»Ja, das ist meine neueste.«
»Aber nicht deine einzige?«
»Nein, es gibt noch mehrere andere – in London, Paris, Prag, Madrid, Florenz und natürlich in Rom. Aber ich glaube, die kennst du schon.«
Christines Hals wurde unangenehm trocken. »Du meinst … deLinea?«
»Ja.«
»Du bist il direttore! «, hauchte sie.
Kalen blickte auf die Rolex an seinem Handgelenk. »Ja. Wir unterhalten uns später, wenn du willst. Jetzt bin ich spät dran.«
Er neigte den Kopf. Geschlagene drei Sekunden blieb er regungslos. Dann öffnete sich ein Spalt mitten im Raum.
Er ging hinein und war fort.
Kapitel 14
C hristine stand mit offenem Mund da. Vor einem Moment noch war Kalen vor ihr gestanden, atemberaubend schön und in der Lage, sie jederzeit in den Wahnsinn zu treiben, wie immer. Im nächsten Augenblick war er einfach … weg. Sie stolperte zum nächsten Sessel und ließ sich darauf fallen. Es war eine Sache – eine, die ihr Brechreiz verursachte, noch dazu –, zu erleben, wie sie selbst durch Raum und Zeit flog. Eine gänzlich andere allerdings war es, mit anzusehen, wie jemand anders es tat. Das hatte etwas von einer Ohrfeige.
Göttin! Kalen war il direttore. Der Mann, der es in der Hand hatte, Künstlern zum Erfolg zu verhelfen oder sie zu vernichten. Vor einem Jahr hätte sie ihren rechten Arm gegeben, um sich ihm zu Füßen werfen zu dürfen.
Jetzt aber wusste sie, dass er die Kunst hasste, die er für sechs- oder siebenstellige Summen verkaufte. Was für ein bodenloser Zynismus!
Rastlos sprang sie auf und lief wieder zu der Staffelei. Er war selbst ein Künstler, ein wahrer Meister. Sein Gemälde bewies nicht bloß technische
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