Immortal 3 - Schwarze Glut
fragte Mac.
Hatte er den Verstand verloren? »Welcher Regen?«, fl üsterte sie gereizt. »Es ist keine einzige Wolke am Himmel?«
»Wir sind in Schottland«, murmelte Mac. »Ich kann dir Wolken bringen.«
Sie starrte ihn entgeistert an. »Wie bitte?«
»Eigentlich darf ich mich nicht in das Wetter einmischen, aber unter diesen Umständen sind mir die Regeln ziemlich schnurz.« Er verzog das Gesicht. »Dafür brauche ich allerdings einen kleinen Moment Zeit.«
Christine blickte sorgenvoll zu Tain, der beständig näher kam. »Wie lange?«
»Hängt davon ab, wo die Wolken sind. Fünf, maximal zehn Minuten.«
Sie holte tief Luft. »Na gut, damit kann ich arbeiten.«
Er nickte. »Sei vorsichtig!«
»Du auch.«
Ein triumphierendes Lachen lenkte Christines Aufmerk407
sam zu der Bühne zurück. Leannas Magie hatte sich zu einem pulsierenden grünen Licht verstärkt, und Kalens Glied begann tatsächlich in ihrer Hand fester zu werden.
»Geh schon, Süße!«, fl üsterte Mac.
Christine nickte und erhob sich. Tain näherte sich gerade dem Stein, hinter dem sie gehockt war. Der Unsterbliche schien überhaupt keine Notiz von ihr zu nehmen, weil er viel zu sehr in die spiralförmigen Markierungen auf den Steinen vertieft war. In diesem Moment wurde Christine klar, was für eine Aufgabe ihr bevorstand, und ihr Mut drohte sie zu verlassen. Das war Tain, ein Unsterblichenkrieger, der wild entschlossen war, sich selbst und die Welt zu zerstören. Wie viele Menschen und lebensmagische Kreaturen mochte er bereits auf dem Gewissen haben? Wie viele andere hatten sich der Dämonensklaverei wegen der Todesmagie verschrieben, die er freigesetzt hatte? Er war grausam und furchtbar, nicht zu vergessen: wahnsinnig. Eine schreckliche Plage!
Dennoch sah er in diesem Moment aus wie ein verirrter Junge.
Sie sah zu Culsu. Die Dämonin hatte ihnen den Rücken zugekehrt. Mac war um den Stein herum in den Kreis zurückgekrochen und gewann Abstand zu Christine, während er sich auf seinen Angriff vorbereitete.
Christine holte tief Luft und schritt um den Stein herum zu Tain.
»Hallo«, sprach sie ihn leise an.
Der Unsterbliche blickte zu ihr, und seine Augen verdunkelten sich. Er war viel größer als sie, viel kräftiger, was in der Rüstung ganz besonders bedrohlich wirkte. An sein Schwert wollte sie lieber gar nicht denken. Trotzdem schnürte ihr die 408
Angst den Hals zu. Dieser Mann könnte sie wie eine Fliege zerquetschen.
»Was siehst du dir da an?«, fragte sie und bemühte sich, möglichst beiläufi g zu klingen.
Tain runzelte die Stirn und glitt mit den Fingern über den vermoosten Stein, wo seine Hand auf einer der Spiralmarkierungen verharrte. »Das …«
»Das Symbol der Mutter Göttin.«
»Cerridwen ist meine Mutter. Sie ist eine Göttin. Ich glaube, sie hat mich einmal geliebt.« Seine Stirnfalten wurden tiefer. »Aber … ich fühle sie nicht mehr.«
»Das muss schmerzlich sein.«
»Schmerzlich?« Plötzlich nahm seine Stimme einen schneidenden Ton an, und Wut blitzte in seinen Augen auf, während er eine bedrohliche Haltung einnahm. »Wer bist du?«
»Ni… niemand«, stammelte Christine und wich zurück.
»Aha.« Er schien sich zu entspannen und wandte sich wieder den Zeichnungen auf dem Stein zu. Christine bemerkte, wie Mac sich weiter in dem Zirkel vorwärtsbewegte, dicht hinter Culsu. Leanna hatte immer noch ihre liebe Mühe mit Kalen, dessen Blick zu Christine wanderte, nur für einen Sekundenbruchteil, und sogleich wurde sein Gesichtsausdruck wütend. Sie sah entschlossen weg, weil sie wusste, dass er von ihr erwartete, dass sie fl oh. Aber das konnte sie nicht – nicht, wenn sein Leben auf dem Spiel stand.
»Ich kann sie nicht fühlen«, wiederholte Tain bedauernd. Er nahm seine Hand von dem Stein, auf dem er sie vorher fl ach aufgelegt hatte. »Sie ist weg.«
»Deine Mutter?«
Er nickte, und eine Träne stahl sich aus seinem Auge, die seine Wange hinabrann. Christine wurde das Herz schwer. 409
Ohne nachzudenken, streckte sie die Hand nach ihm aus und konzentrierte ihre Sinne ganz auf ihn.
Die Todeswelle, die ihr entgegenschlug, erstickte sie beinahe. Tains Unsterblichenmagie hatte nichts mit Kalens gemein. Von dem Licht, das ihn einst erfüllt haben musste, war fast nichts mehr da. An seine Stelle war eine fi nstere, von Schmerz und Dunkelheit pervertierte Kraft getreten, in der eine aggressive Erotik mitschwang. Es war also kaum verwunderlich, dass er die Lebensmagie der Mutter Göttin nicht
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