Immortal Guardians: Düstere Zeichen (German Edition)
Letztendlich ist es mir gelungen, sie zu beruhigen. Dachte ich zumindest. Sie sagte, sie brauche Zeit zum Nachdenken, welche ich ihr auch gegeben habe. Am nächsten Tag ist sie dann mit einer Meute, die bis an die Zähne mit Messern, Pfählen und Fackeln bewaffnet war, in mein Haus eingefallen und hat versucht, mich umzubringen.«
Doch mit Sarahs weichem Körper an seiner Seite verlor auch diese Erinnerung an Bitterkeit. Marcus hatte ja so recht. Mary war ziemlich einfältig gewesen. Nachdem er mit ihr alles besprochen hatte, schien sie ihn akzeptiert zu haben. Wahrscheinlich war sie hinterher damit zu ihrer Schwester gegangen und von ihr beeinflusst worden.
Sarah umschloss mit ihren kleinen Händen sein Gesicht und schaute ihm eindringlich in die Augen. »Roland?«
»Ja?« Mit ihrem zerzaustem Haar und den vom Küssen geschwollenen Lippen sah sie einfach bezaubernd aus.
»Ich verspreche dir, dass ich dich niemals betrügen oder versuchen werde, dich umzubringen.«
Und damit stürzte eine weitere Mauer, die er um sein Herz herum errichtet hatte, ein.
Sanft berührte er ihre Lippen mit seinen. »Ich glaube dir.« Und das stimmte auch, er tat es wirklich. »Und ich muss dir sagen, dass mir … das eine Höllenangst macht.«
»Das kann ich gut nachvollziehen. An deiner Stelle ginge es mir genauso. Aber ich würde dir niemals mit Absicht wehtun.« Plötzlich meinte er leichten Spott in ihren Augen erkennen zu können, die heute sowieso mehr braun denn grün wirkten. »Man beachte die Formulierung mit Absicht . Manchmal gibt es so Tage, an denen alles schiefläuft. Die enden dann meistens mit blauen Flecken, Schnitten oder Verbrennungen. Solltest du lange genug mit mir zusammenbleiben, könntest du also selbst unfreiwillig Opfer der einen oder anderen Verletzung werden.«
Solltest du lange genug mit mir zusammenbleiben.
War das eine indirekte Anspielung?
Hieß das, dass sie mit ihm Kontakt halten wollte, auch wenn das alles hier vorbei war? Konnte sie sich eventuell sogar eine Beziehung mit ihm vorstellen?
Und wollte er das überhaupt?
Und ob er das wollte!
Er drehte sie auf den Rücken und küsste sie leidenschaftlich. »Ich riskier’s«, flüsterte er.
Das Klingeln seines Handys riss Roland aus dem Tiefschlaf. Er ärgerte sich, dass er es oben im Haus hatte liegen lassen. Vorsichtig löste er sich aus Sarahs Umarmung – verdammt, er hatte keine Lust zu gehen – und eilte in atemberaubender Geschwindigkeit die Treppen hoch ins Wohnzimmer.
»Was gibt’s?«, knurrte er nach dem zweiten Klingeln ins Telefon.
»Sie müssen Roland sein«, war eine fröhliche Männerstimme zu hören.
»Wer zum Teufel sind Sie und woher haben Sie meine Handynummer?«
Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte auf. »Sie sind wirklich Roland. Hier spricht Chris Reordon. Ich bin in dieser Region für den Aufräumdienst zuständig. Ihre Nummer habe ich von Seth.«
Reordon. Roland hatte schon von ihm gehört. Er hatte den Ruf, einer der Besten zu sein, auch wenn er selbst noch nie darauf angewiesen gewesen war, seine Dienste in Anspruch nehmen zu müssen.
Die Existenz von Vampiren und Unsterblichen geheim zu halten, war an sich schon ein Full-Time-Job, der permanente Wachsamkeit erforderte. Doch es gehörten auch gute Verbindungen zu Rechtsvertretern und Gesetzeshütern dazu, und aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit und der zeitaufwendigen Jagd nach Vampiren konnten die Unsterblichen diese Kontakte nicht so recht pflegen. Darüber hinaus erschwerten Videokameras, Handys und Computer im Allgemeinen sowie das Internet im Besonderen die Geheimhaltung zunehmend.
Zum Glück hatte sich Seth schon vor langer Zeit ein Netzwerk von vertrauenswürdigen Menschen aufgebaut, die den Unsterblichen zur Seite standen. Sie halfen bei der Vermehrung von Geld und Vermögen, der Waffenbeschaffung, der Erforschung von Viren, bei den Beschattungen am Tage, dabei, neue Identitäten zu beschaffen (alle paar Jahrzehnte), und griffen zudem ein, wenn andere Menschen Verdacht schöpften und zu neugierig wurden. Dieses Netzwerk hatte nun schon seit Jahrzehnten Bestand und wuchs stetig weiter.
Viele der Menschen, die derzeit für die Unsterblichen arbeiteten, waren Kinder ehemaliger Mitglieder, die den Stab an Sohn oder Tochter weitergegeben hatten. Bedingungslose Loyalität war dabei Grundvoraussetzung, und auf die Einhaltung der Gesetze und Regeln wurde streng geachtet. Wer das Vertrauen des Netzwerks missbrauchte – was nur sehr wenige Menschen
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