Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
stand, erinnerte Montrose an Casey. Das gleiche jugendliche Alter. Die gleiche naive Unschuld.
»Vielleicht muss es einfach etwas höher konzentriert werden«, schlug Scott hoffnungsvoll vor. »Mir war ein bisschen schummrig.« Scott war ein netter Junge. Begierig, ihm zu gefallen, und außerdem war seine Verwandlung erst drei Monate her.
Montrose lehnte es ab, mit Freiwilligen zu arbeiten, die seit mehr als sechs Monaten Vampire waren. Sie waren zu unberechenbar. Zu labil. Zu Furcht einflößend, auch wenn er das Dennis gegenüber nicht zugeben würde. Bei einigen verursachte das Virus schneller Schäden am Gehirn als bei anderen und hatte zur Folge, dass sie keine Möglichkeit mehr hatten, ihre Impulse zu kontrollieren. Abgesehen von Dennis mied Montrose den Kontakt zu allen Vampiren, die länger als sechs Monate infiziert waren.
»Vielleicht«, erwiderte er und deutete auffordernd auf einen der Stühle, die im Labor herumstanden. »Setz dich bitte, Scott. John und ich stellen rasch ein paar Berechnungen an und –«
In diesem Moment zerriss ein Geräusch die Stille – es klang wie eine Explosion. Einen Augenblick später wurde die Kellertür so heftig aufgerissen, dass sie aus den Angeln flog und gegen den nächststehenden Schrank krachte. Splitter flogen wie kleine Geschosse durch die Luft, John wurde zu Boden gerissen.
Scott fluchte, sprang auf und wich so schnell in die hinterste Ecke des Labors zurück, dass er zu einem Farbfleck verschwamm.
Montrose hätte sich fast in die Hose gepinkelt, als sich Dennis einen halben Meter entfernt vor ihm materialisierte. Seine Augen leuchteten in einem durchdringenden Blau, was ein Zeichen für ein starkes Gefühl war. Seine zuckenden Kiefermuskeln, die schnelle Atmung und seine sichtbar pulsierenden Venen am Hals legten nahe, dass es sich bei diesem Gefühl um Wut handelte.
Dennis ’ dunkelblondes, schulterlanges Haar sah so zerzaust aus, als wäre er mit einem Cabrio mit heruntergeklapptem Verdeck vom einen Ende des Staats zum anderen gefahren. Seine Kleidung – der lange schwarze Mantel und die vielen Klingen, die er am Körper trug –, erinnerten an das Outfit von Bastien. Seine Klamotten waren zerknittert, und auf seinem Hemd glitzerte ein großer, nasser Fleck. Rubinrote Striemen zierten Nacken und Kinn.
Montrose begann zu zittern.
War das etwa Blut? Das war Blut!
»Haben Sie’s endlich geschafft?«, knurrte Dennis.
Die abgerissene Tür hinter Montrose bewegte sich.
Um Zeit zu schinden, blickte sich Montrose suchend um.
John krabbelte auf die Füße, seine Nase blutete, und an seiner Stirn bildete sich eine rote Beule.
»Schauen Sie nicht ihn an «, schnarrte Dennis, packte Montrose mit der Faust am Laborkittel und schüttelte ihn, »sondern mich.«
Montrose tat, wie ihm geheißen.
»Haben Sie’s endlich geschafft?«, wiederholte Dennis. »Funktioniert es?«
Montrose schluckte. Schwer. »N-nein, es ist zu schwach.« Er hörte, wie sich John ihm von hinten näherte, und warf einen Blick über die Schulter. »Wir, äh, wir waren gerade dabei, die Zusammensetzung neu zu berechnen –«
Dennis ließ Montroses Kittel los und trat beiseite.
Noch ehe Montrose erleichtert aufatmen konnte, griff Dennis über die Schulter, packte John am Hemd und zog ihn zu sich heran.
Montrose, von Dennis’ Bewegung in die Seite getroffen, taumelte nach vorn und griff nach der Tischkante, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Dennis den Kopf neigte und John mit seinen Reißzähnen die Kehle herausriss.
Blut spritzte im hohen Bogen durch die Luft, als John nach hinten schwankte und sich an die Kehle fasste.
Montrose schloss die Augen und erschauderte, als ihn ein Schwall warmer Flüssigkeit traf.
Kehlige, gurgelnde Laute waren zu hören.
Sprachlos vor Schreck, öffnete Montrose die Augen und beobachtete, wie John – mit vor Grauen weit aufgerissenen Augen – durch das Labor schwankte, gegen Tische krachte und alle möglichen Utensilien umstieß, um schließlich auf die Knie zu fallen. Er stieß ein paar gurgelnde Laute aus und sank dann nach vorn auf das Gesicht. Sein Körper zuckte. Ein weiteres Zucken. Dann lag er reglos da.
Montrose spürte, wie sich sein Magen zusammenzog und ihm brennende Magensäure in die Kehle stieg. Er beugte sich vor und erbrach alles, was er von seinem Triple Whopper und den Pommes noch nicht verdaut hatte, auf den Boden und Johns Schuhe.
»Teufel noch mal, jetzt reißen
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