Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
Begründung entzogen, dass die Verbände ohnehin wieder feucht würden, wenn sie duschte und dann ersetzt werden mussten.
Seufzend hob er den Kopf, richtete sich auf und ließ den Blick durch ihr Schlafzimmer gleiten.
Der Anblick, der sich ihm bot, war eine Überraschung. Er hatte mit geöffneten Koffern gerechnet, aus denen entweder wahllos Klamotten hervorquollen oder in ordentlichen Stapeln untergebracht waren. Von den Pappkartons hatte er angenommen, dass Ami sie entweder an der Wand aufgestapelt hätte oder dass sie auf einem Stuhl in der Ecke standen, wobei vielleicht bei einem oder zwei der Kartons der Deckel offen stand, sodass der Inhalt sichtbar wurde. Er hatte erwartet, das Zimmer in einer Art Übergangsstadium vorzufinden. Ein Zimmer, das den gleichen Mangel an Zufriedenheit mit der Situation widerspiegelte, den er empfand, und die Hoffnung, einem anderen Unsterblichen zugewiesen zu werden. Oder wenigstens den Widerwillen, zuzugeben, dass der momentane Zustand von Dauer sein könnte.
Stattdessen war alles ausgepackt. Die Kartons und Koffer waren verschwunden und offenbar auf dem Dachboden zwischengelagert worden. Durch die geöffnete Schranktür konnte er Jeans, Cargohosen und Hemden im Inneren hängen sehen. Ein Mantel. Soweit er das beurteilen konnte, waren keine Kleider oder Röcke dabei.
Darunter, auf dem Schrankboden, standen ordentlich aufgereiht Springerstiefel, schwarze knöchelhohe Converse und flauschige Hausschuhe, die wie Tigertatzen aussahen. (Als er Letztere erspähte, musste er grinsen.) Alle Schuhe waren so klein, dass sie für ihn wie Kinderschuhe aussahen.
Ihm fiel auf, dass es kein einziges Paar High Heels oder zierliche Pumps gab.
Vielleicht hatte Ami zu solchen Dingen die gleiche Einstellung wie Bethany. Beth hatte immer die Augen verdreht über das von den Medien so gern verbreitete Stereotyp der High-Heels-versessenen Frau, die einen gigantischen Schuhschrank voller Designer-Pumps besaß.
Warum sollte ich Hunderte, ja, Tausende Dollar für ein Paar Designerschuhe ausgeben, die so aussehen wie eins der Paare, die meine Großmutter in den Siebzigern getragen hat? , fragte sie, während sie die Schnürsenkel ihrer bequemen Turnschuhe zuband. Und außerdem, bei welcher Gelegenheit sollte ich sie wohl tragen?
Marcus hielt inne. Seit Ami bei ihm wohnte, waren die Gedanken an Bethany nicht mehr von Gefühlen wie Trauer oder Verzweiflung begleitet. Oder Zärtlichkeit.
Verdammt soll Seth dafür sein, dass er immer recht behält, knurrte er im Geiste und fühlte sich unbehaglich, als er bemerkte, wie sehr ihn die Entdeckung erleichtert hatte.
Der Rest des Zimmers sah immer noch genauso aus wie vor Amis Einzug. Ein Doppelbett mit einer weißen Steppdecke. Passende Nachttischchen auf beiden Seiten. Eine Kommode. Ein Stuhl. Dasselbe altvertraute Zimmer, nur dass Fotografien von Seth, David und Darnell die verschiedenen Stellflächen zierten.
Weitere Einblicke in Amis Charakter. Offensichtlich nahm sie Verantwortung sehr ernst. Sie war ihm als Sekundantin zugeteilt worden und zog den Job durch, komme, was da wolle – selbst wenn er kindischerweise versuchte, ihr das Leben schwer zu machen. Das aufgeräumte Zimmer war – ebenso wie ihre Weigerung, dem Kampf mit den Vampiren aus dem Weg zu gehen –, ein klares Bekenntnis zu dem, was sie als ihre Pflicht betrachtete.
Aus dem Inneren des Badezimmers war ein quietschendes Geräusch zu hören, als sie den Wasserhahn zudrehte. Sein hochempfindlicher Gehörsinn fing die Geräusche auf, die Ami machte, als sie aus der Duschwanne kletterte und sich mit einem Handtuch trocken rubbelte. Obwohl Ami sehr schön war, verspürte er nicht die Erregung, mit der er gerechnet hatte. Er war zu besessen von dem Gedanken an ihre Verletzungen, die sie zweifelsohne gerade abtupfte, wobei sich das weiße Handtuch vermutlich rosa färbte von dem Blut, das immer noch aus den Wunden quoll.
»Ami?«, rief er durch die Tür.
Ein schepperndes Geräusch war zu hören. »Autsch!«
»Was ist los? Alles okay bei dir?«
»Du hast mich erschreckt«, erklang ihre verärgerte Stimme. »Was machst du da? Solltest du nicht unten sein und Blut zu dir nehmen?«
Schon, aber er hatte zu viel Angst davor, sie allein zu lassen, weil er fürchtete, dass sie wegen des Blutverlusts das Bewusstsein verlieren oder ihr schwindlig werden und sie ausrutschen könnte. »Mir geht’s gut«, log er. »Lass mich reinkommen.«
»Nein!«, rief sie entrüstet. »Ich bin nackt!«
Na
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