Immortal: In den Armen der Dunkelheit
hübsches Zwischenspiel zu betrachten, ehe ich nach Boston zurückkehren und das Fabrikimperium meines Vaters übernehmen müsste.« Abrupt drehte er sich zu ihr um. »Und dann fand ich dich.«
»Wir fanden einander«, flüsterte Leanna.
Jackson rieb sich über das Gesicht. »Ich wollte dich zur Frau. Mir war bewusst, dass du meinen Antrag höchstwahrscheinlich ablehnen würdest. Womit ich indessen nicht rechnete, war, dass du mich tötest.«
Er klang so verletzt, dass Leanna am ganzen Leib zu zittern begann. Wie oft hatte sie in Jacksons Armen gelegen, das Ohr auf seiner Brust, wo sie das Vibrieren seiner tiefen Stimme spürte, während er ihr von seinem Leben, seiner Liebe und seinen Träumen erzählte?
»Aber … du warst nicht tot, als ich dich verließ! Ich wollte dich nicht umbringen. Ich wollte nur nicht, dass du mir folgst. Deshalb habe ich dir genügend Lebensessenz gelassen, damit du dich erholst. Ich dachte … Ich nahm an, dass du am nächsten Morgen aufwachst und zu deiner Familie in Boston zurückreist …«
»Welch phantasievoller Plan, selbst für deine Verhältnisse! Du wusstest allerdings weit besser als ich, welcher Abschaum sich in jenen Tagen in den Pariser Straßen herumtrieb.«
Die Götter mochten ihr beistehen, ja, das hatte sie gewusst!
Wieder blitzten seine Zähne auf. »Wahrlich, Leanna, du hast mich zu früh verlassen. Es wäre klüger gewesen, du hättest mich richtig getötet. Was wir nicht beenden, holt uns früher oder später ein und erdrückt uns.«
Zum ersten Mal überkam sie Angst. »Was … was ist dir in jener Nacht passiert, Jackson? Ich hatte dich mit einem Schutzzauber versehen. Niemand hätte ihn durchbrechen können.«
Er verschränkte seine Arme vor der Brust. »Armand Legrand konnte es.«
»Oh Götter!«
Armand Legrand
war damals – war bis heute – der älteste und skrupelloseste Vampir auf dem europäischen Kontinent.
»Ich bot Legrand ein exzellentes Mahl. Mein Blut war vollständig intakt, nur fehlte mir die Kraft, um mich zu wehren. Legrand war so entzückt, dass er beschloss, mich zu behalten. Am nächsten Tag wachte ich auf, frisch verwandelt und frisch versklavt.«
Leanna erschauderte. Legrands Brutalität war legendär. Die Erniedrigungen und sexuellen Perversionen, die der Vampirmeister seinen neu verwandelten Untergebenen aufzwang, galten allgemein als …
Ihr wurde übel. »Es tut mir unendlich leid, Jackson.«
»Nicht leid genug«, entgegnete er leise, »noch nicht.«
Angst schnürte ihr die Kehle zu. Es vergingen einige Momente, ehe sie bemerkte, dass ihr die Decke aus den tauben Fingern geglitten war und Jacksons eisiger Blick auf ihren nackten Brüsten ruhte.
Rasch zog sie die Decke wieder hoch.
»Nein«, befahl er harsch, »lass das!«
Sie zog die Decke noch höher, bis zu ihrem Hals, und blickte an Jackson vorbei zur Tür. Mac war gewiss noch nicht zurück, aber Kalens Zimmer befand sich nur ein Stück weiter den Flur hinunter. Falls sie schrie …
Jacksons zorniger Blick war leider wirksamer als jeder Knebel. Hatte sie ihn überhaupt schon einmal wütend erlebt? Sie erinnerte sich nicht. Der Jackson Cabot, den sie einst gekannt hatte, war ein ausgesprochen umgänglicher, freundlicher Mann gewesen, der oft lächelte.
Nun lächelte er nicht.
»Mach keinen Fehler, Leanna! Du entkommst mir nicht, solange ich dich nicht gehen lasse.«
Seine Augen veränderten sich. Die braune Iris wurde dunkler, so dunkel wie die Hölle. Leanna versuchte zu blinzeln, doch ihre Lider versagten ihr den Dienst. Genauso war es ihr unmöglich, das Gesicht abzuwenden. Jacksons Vampirbann war stärker als alle, die ihr bisher begegnet waren, was überhaupt keinen Sinn ergab. Die Macht eines Vampirs wuchs mit seinem Alter. Jackson aber war erst vor hundert Jahren gewandelt worden, also müsste Leannas Sidhe-Magie ihm allemal überlegen sein. Was sie nicht war. Jackson kontrollierte sie, als wäre sie eine Marionette.
Ein Druck wie von einer unsichtbaren Hand umschloss ihr Handgelenk und drängte ihren Arm nach unten. Mit ihm senkte sich die Bettdecke, die sie festhielt. Kühle Baumwolle glitt über ihre Brust.
Sie hauchte einen Zauber – Lebensmagie, die mächtigste, die sie zustande brachte. Aber die Worte purzelten ins Leere wie ein bedeutungsloser Silbenwirrwarr. Inzwischen hatte die Bettdecke ihre Brüste vollständig entblößt. Jacksons Blick folgte der Decke bis zu ihrer Taille.
Er verschlang sie mit seinen Augen. In ihrer gemeinsamen Zeit
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