Immortal: In den Armen der Dunkelheit
darum, dass er sich verlieben könnte. Ehe sie auch nur begriffen hatte, was geschah, war Darius verheiratet und seine Gemahlin guter Hoffnung gewesen.
Seit dem Tag, an dem Zachary geboren worden war, fürchtete sie sich vor dem Moment, in dem Poseidon erschien und seinen Lohn forderte. Unsinnigerweise hatte sie gehofft und gebetet, er möge nie kommen.
Ihr Blick wanderte zu ihrem Enkelsohn, der wie alle anderen erstarrt war, die Hände zum Klatschen zusammengepresst und ein glückliches Lächeln im Gesicht. Es brach ihr beinahe das Herz. Zachary sah aus wie Darius als Kleinkind. Sie erinnerte sich noch an den ersten Geburtstag ihres Sohnes, als ihre Freundin Hathor …
Mittendrin brachen ihre Gedanken ab, und sie funkelte Poseidon wütend an. »Du brauchst meinen Enkel nicht! Du hast schon einen eigenen, dank Hathors Fruchtbarkeitszauber.« Zornig schritt sie auf den großen Mann zu. »Sie hat mir alles erzählt.«
»Es ist wahr, dass Hathor ihre Schuld bei mir beglich, indem sie ihre Fruchtbarkeitsmagie einsetzte, damit meine Tochter empfing«, gestand er. »Deshalb überlegte ich, unsere Vereinbarung zu ignorieren. Offenbar jedoch ist die Magie, die wir wirkten, um unseren Kontrakt zu besiegeln, stärker als jeder von uns. Sie brachte mich her, damit ich meinen Teil des Handels einfordere. Noch ehe dieser Tag endet, wird die Seele deines Enkels mein sein … es sei denn, wir einigen uns auf eine andere Bezahlung.«
»Was möchtest du?« Sie dachte angestrengt nach, was sie ihm anbieten konnte. »Ich besitze viele edle Schmucksteine. Oder vielleicht hätte dein Enkelkind gern eine der lebendigen Tätowierungen, wie ich sie Darius und Zachary gab.«
»Nein, die Art der Bezahlung bleibt dieselbe: eine Seele gegen eine andere.«
Sie wusste, dass er recht hatte, doch wen wollte sie opfern? Verzweifelt schaute sie sich im Saal um. Alle hier waren ihr lieb und teuer. Unmöglich könnte sie einen von ihnen hergeben.
»Die Zeit läuft ab«, warnte Poseidon sie. »Um Mitternacht wird die Magie, mit der wir unseren Vertrag schlossen, deinem Enkel die Seele aus dem Leib reißen, und daran können du oder ich nichts ändern.« Er rollte den Papyrusbogen wieder zusammen und ließ ihn mit einer leichten Handbewegung verschwinden. »Alles, was ich brauche, ist eine andere Seele, Sekhmet.«
Sie war ratlos. »Vielleicht weiß ich eine. Sie würde in deine … Sammlung passen.«
Poseidon beäugte sie skeptisch. »Wie das?«
»Es könnte sein, dass sie ihre Magie benutzte, um ihre Eltern zu töten.«
»Na schön, aber ich brauche einen Namen, Sekhmet. Gib mir einen Namen! Den Rest erledige ich.«
Sie schloss die Augen. »Jenna Renfield.«
Kaum hatte sie es ausgesprochen, bestätigten ein Blitz und ein Donnerhall, dass der Vertrag vollständig erfüllt und mit ihm das Schicksal einer Ahnungslosen besiegelt war.
Kapitel 2
A m Mittag des folgenden Tages sah Jenna Dave wieder. Sie stand vor dem Kühlschrank und war unschlüssig, was sie essen sollte, als Daves Tür aufging.
Mit nacktem Oberkörper kam er aus seinem Zimmer und fuhr sich mit den Händen durch das zerzauste Haar. Gern hätte sie ihre Finger in die seidige Masse getaucht und sie danach gleich über seine breite Brust wandern lassen. Und noch lieber hätte sie sich von seinen warmen Armen umfangen lassen, bis sie sich warm, sicher und nicht mehr so entsetzlich allein fühlte. Trotz oder vielleicht
wegen
seiner ständigen Neckereien kam Dave für sie dem am nächsten, was sie als »Freund« bezeichnete. War es denn so verkehrt, dass sie sich mehr als Freundschaft wünschte? Nein, nicht verkehrt, antwortete sie sich im Geiste, aber kaum sonderlich klug. Und sie handelte immer klug.
Weshalb sie wieder in den Kühlschrank blickte und sich zwang, Dave nicht zu beachten.
»Guten Morgen, Sonnenschein«, begrüßte er sie, als er in die Küche geschlendert kam. »Hast du Kaffee gekocht?«
»Es ist
Nachmittag
«, erwiderte sie spitz, »und, ja, ich hatte, aber das war vor Stunden, und ich habe ihn selbst getrunken. Was übrig war, habe ich längst weggeschüttet.«
Er nahm die Kanne aus der Maschine und drehte sie auf den Kopf. »Tatsache, kein Tropfen mehr.«
»Wie wäre es mit einem Sandwich?«, bot sie ihm an, während sie Putenscheiben und Schweizer Käse aus dem Kühlschrank nahm.
»
Du
bietest mir an,
mir
ein Sandwich zu machen?«
Bei dem Blick, mit dem er sie bedachte, übersprang ihr Herz einen Schlag. »Nur weil ich mir selbst eines mache, also
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