Immortalis
diesem Mann gelungen, noch vor dem Hakim zu erfahren, dass das Buch auf dem Markt war, und er war ihm zuvorgekommen. Verflucht, vielleicht wusste er sogar mehr über dieses Buch und seine Bedeutung als der Hakim selbst. Corben fragte sich, ob der Unbekannte so viel wusste, dass der Hakim für seine eigenen Pläne irrelevant wurde, oder ob er seine Arbeit vielleicht noch nicht vollendet hatte. Hatte er die Rezeptur schon gefunden, oder machte er sich die extremen Ressourcen und Möglichkeiten des Hakim zunutze, um den Traum Wirklichkeit werden zu lassen?
Corben hatte jetzt nur noch ein Ziel: Er wollte mit seinen beiden Gegnern zusammentreffen. Der eine würde von sich aus unweigerlich Kontakt mit ihm aufnehmen: Der Hakim dachte, Corben habe Faruk – und das Buch – in seinem Besitz. Er würde einen Handel schließen wollen. Der andere war unterwegs zu einem verschwiegenen Rendezvous irgendwo im Osten der Türkei. Corben musste ebenfalls daran teilnehmen, aber er musste eine Möglichkeit finden, das nach seinen eigenen Bedingungen zu bewerkstelligen, ohne seine Kollegen aus der Botschaft einzubeziehen. Im Augenblick wusste außer dem geheimnisvollen Käufer und Abu Barsan niemand von der bevorstehenden Transaktion. So sollte es einstweilen bleiben – zumindest, bis er den Ausflug in die Türkei der Botschaft schmackhaft gemacht hatte. Er musste seine Worte sorgfältig wählen, wenn ihm das gelingen sollte, ohne unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.
So oder so, das Endspiel stand kurz bevor.
Kirkwood betrachtete Corbens Gesicht, während er dem Bericht des Agenten mit wachsendem Unbehagen lauschte.
Das Unternehmen war nicht nach Plan verlaufen. Zugegeben, Corben hatte sich gut geschlagen. Es hatte nie eine Garantie dafür gegeben, dass sie den Anruf an Rames abfangen und schneller als die Kidnapper bei Faruk sein könnten. Es war eine bemerkenswerte Leistung gewesen, dass Corben den Iraker als Erster gefunden hatte, und beinahe hätte er es geschafft – wenn die unglückselige Kugel Faruk nicht in die Seite getroffen hätte.
Er musterte die Gesichter der anderen im Raum. Der Botschafter und Hayflick, der Chef der CIA-Niederlassung, hörten ebenfalls aufmerksam zu, als Corben seine Erlebnisse und Schlussfolgerungen mit eindrucksvoller Klarheit vortrug.
«Und wo stehen wir jetzt?», fragte der Botschafter. «Wissen wir, wo er die Stücke versteckt hat, hinter denen die Entführer her sind?»
Corben schüttelte den Kopf. «Das konnte ich nicht mehr aus Faruk herausbekommen. Er hatte einen Schock und redete unverständlich auf Arabisch vor sich hin, bis er starb.»
Der Botschafter nickte düster.
Kirkwood ließ Corben nicht aus den Augen. Wusste der Agent ebenfalls, dass es kein Versteck zu finden gab? Der Anruf Abu Barsans hatte ein paar beunruhigende Fragen aufgeworfen, und da die Entführer Faruk nicht erwischt hatten, stand fest, dass der zweite Bieter keiner von ihnen war. Es musste noch jemand anders sein. Das alles war ein zu großer Zufall für seinen Geschmack: Er konnte nicht ausschließen, dass der andere Bieter mit Corben zusammenarbeitete, wenn er es nicht sogar selbst war.
Daraus ergaben sich ein paar beunruhigende Erkenntnisse.
Die erste war, dass Corben womöglich von der bevorstehenden Transaktion in der Türkei wusste. Und in Anbetracht dessen, dass er offensichtlich noch andere, übergeordnete Interessen verfolgte, war die zweite Erkenntnis die, dass Evelyns Rettung vielleicht nicht, wie gedacht, oberste Priorität für ihn hatte.
«Glauben Sie, die Kidnapper werden sich melden?», fragte er vorsichtig.
«Das müssen sie», antwortete Corben nachdenklich. «Im Moment nehmen sie an, wir haben Faruk, folglich müssen sie auch annehmen, dass wir seine Ware haben. Da sie es darauf abgesehen haben, gehe ich davon aus, dass sie Kontakt mit uns aufnehmen und anbieten werden, Evelyn gegen die Stücke auszutauschen. Ich hoffe sehr, dass sie es tun. Zurzeit ist es unsere einzige Chance, sie freizubekommen.»
Ernüchtertes Schweigen senkte sich über den Raum.
Das reicht nicht , dachte Kirkwood. Ihm war nicht wohl bei dieser Strategie von Abwarten und Teetrinken. Ebenso unwohl fühlte er sich, wenn er daran dachte, welche Gefahren ein solcher Bluff mit sich bringen würde, immer vorausgesetzt, diese Leute meldeten sich tatsächlich. «Wir müssen ihnen ein Signal zukommen lassen», schlug er vor. «Eine Botschaft. Wir müssen sie wissen lassen, dass wir zu einem Handel bereit sind.» Er sah den
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