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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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tief in das Leder des Einbands gegraben hatten. Am liebsten hätte sie das verdammte Ding in Fetzen gerissen und sich vor Wut die Lunge aus dem Hals geschrien. Sie sah sich um und entdeckte die Treppe.

62
    Unauffällig verließ sie den Basar durch einen Nebenausgang und trat hinaus in die kopfsteingepflasterte Gasse, aus der Corben und Kirkwood gekommen waren. Nachdem die Leute begriffen hatten, dass die Gefahr vorüber war, herrschte in der Hauptstraße vor dem Haus plötzlich reges Treiben. Sie schlich sich in die andere Richtung davon, zurück durch die Gasse.
    Als sie um die Ecke bog, sah sie eine massige Gestalt aus dem Haus wanken. Es war Abu Barsan. Der große Mann kam langsam aus der Tür, vornübergebeugt und eine Hand auf den Schenkel gepresst. Seine Hose war von Blut durchtränkt. In der Gasse lagen mehrere Tote. Abu Barsan blieb bei einem stehen, kniete nieder und strich ihm mit der Hand über sein Gesicht. Mia begriff, dass er die Leiche seines Neffen gefunden hatte.
    Langsam ging sie auf ihn zu. Er drehte sich um. Er atmete mühsam und keuchend, seine betrübten Augen waren halb geschlossen, und auf seinen Wangen glänzte der Schweiß.
    «Es tut mir leid», sagte sie leise und vermied es, den Toten zu seinen Füßen allzu genau anzusehen.
    Abu Barsan nickte nur, Zorn und Trotz erwachten in seinem Blick.
    «Lassen Sie mich mal sehen», sagte sie und zeigte auf sein verwundetes Bein.
    Er reagierte nicht. Zögernd streckte sie die Hände aus und riss das Hosenbein auf, um die Wunde freizulegen. Sie sah das Einschussloch und auch die Austrittswunde im Fleisch des kräftigen Oberschenkels. Die Blutung war nicht stark, und er konnte stehen und atmen; also war die Oberschenkelarterie vermutlich nicht durch die Kugel oder durch Knochensplitter zerrissen worden. Verbluten würde er nicht, aber die Wunde musste schnell verbunden werden, um eine Infektion zu verhindern.
    «Ich glaube nicht, dass der Knochen getroffen ist», stellte sie fest. «Aber es muss gesäubert und verbunden werden.»
    Aus der Ferne ertönte schrilles Sirenengeheul. Abu Barsan sah sie ängstlich an. «Ich muss weg», krächzte er und humpelte davon.
    «Warten Sie.» Sie stieg über die Toten hinweg und lief ihm nach. «Sie müssen in ein Krankenhaus.»
    Er winkte ab. «In ein Krankenhaus? Sind Sie verrückt? Ich bin halb Kurde», zischte er. «Wie soll ich das hier erklären?»
    Mia nickte ernst. «Ich glaube, ich weiß selbst nicht mal, wie ich es erklären soll.»
    Abu Barsan musterte sie eine Sekunde lang. Dann sagte er: «Kommen Sie.»
    Sie schob einen Arm unter seine Achsel und half ihm, das verletzte Bein zu entlasten, und sie verschwanden in den dunklen Gassen der Altstadt.
     
    Corben behielt den Rückspiegel aufmerksam im Auge, als er den Land Cruiser aus der Stadt hinaus und südwärts in Richtung Mardin steuerte.
    Er hatte eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen, aber je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er, dass er es schaffen würde. Er hatte Kirkwood, der das Geheimnis lüften würde, wenn man ihn nur richtig motivierte, und Corben war – mehr als alles andere – ein Experte für Motivation. Die Gunst der Stunde ließ ihm kurzfristig freie Hand. Später könnte er sagen, er sei im Schlaf überfallen und entführt worden. Die aufgebrochene Wohnungstür würde das bestätigen. Er würde sagen, er sei ein Gefangener des Hakim gewesen, und bei allem, was er getan habe, sei eine Pistole auf seinen Kopf gerichtet gewesen.
    Das Problem war Kirkwood.
    Er durfte ihn keinesfalls gehen lassen. Nicht mit allem, was er wusste. Mia – das würde sich deichseln lassen. Mit Kirkwood war es komplizierter.
    «Sind Sie wirklich bei den UN?», fragte er ihn. Die Pistole lag auf seinem Schoß.
    «Als ich zuletzt nachgesehen habe, war ich’s noch», antwortete Kirkwood kühl und starrte ausdruckslos geradeaus.
    Corben nickte beeindruckt. «Sechshundert Riesen. Nicht gerade Klimpergeld.» Er wartete auf eine Reaktion, aber es kam keine. «Wie viele sind Sie?»
    Er sah, dass Kirkwood verwirrt blinzelte.
    «Wovon reden Sie?»
    «Wie viele Leute suchen das Ding? Ich meine, da sind Sie, und da ist Tom Webster, oder?», forschte Corben. «Sie können mir nichts, dir nichts mit einem Koffer voll Bargeld hier einfliegen. Da müssen Sie ordentliche Ressourcen zur Verfügung haben, Sie und Ihre Leute.»
    Kirkwood ignorierte die Bemerkung. «Wie geht es jetzt weiter?»
    «Wir wollen beide dasselbe. Ich würde sagen, wir ziehen die

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