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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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konnte ich nicht bei dir bleiben. Ich hatte einen Eid geschworen. Dieses Leben konnte ich mit niemandem teilen. Nicht, solange ich das Elixier nahm. Wir mussten daran arbeiten, den Fehler zu beheben und dafür zu sorgen, dass es bei allen wirkt. Wir experimentierten mit unseren Zellen und unserem Blut. Aber das alles musste geheim gehalten werden. Wenn einfach so bekannt würde, dass es existiert – und die Herstellung ist nicht besonders kompliziert, nicht in der gegenwärtigen Form –, dann würde es die Gesellschaft auf den Kopf stellen. Männer würden zweihundert Jahre alt werden, und Frauen würden nach einem Drittel der Zeit sterben. Das würde die Welt neu definieren, und sämtliche Regeln der Zivilisation müssten neu geschrieben werden.»
    «Oh, ich weiß nicht …», sinnierte der Hakim zynisch und betrachtete den mochtar nachdenklich und interessiert. «Muslime und Mormonen haben mehrere Frauen, und bei ihnen funktioniert es. In diesem Fall wäre es genauso, nur eben nacheinander.»
    Evelyn war immer noch wie vom Donner gerührt. «So viel bringt es dir ein? Zweihundert Jahre?»
    Kirkwood nickte. «Es scheint unsere derzeitige Lebenserwartung mehr oder weniger zu verdreifachen, wenn man anfängt, es einzunehmen, sobald der Körper ausgewachsen ist. Unsterblich macht es uns nicht. Wir altern nur sehr langsam. Es bremst die Verfallsprozesse in den Zellen und bewirkt eine radikale Verlangsamung des Alterns. Irgendwann aber gehen die Zellen in den freien Fall.»
    Der Wissenschaftler im Hakim konnte nicht widerstehen. «Wie wirkt es?»
    Kirkwood zuckte die Achseln. «Wir sind immer noch nicht sicher. Anscheinend handelt es sich um einen hochleistungsfähigen Freie-Radikale-Fänger. Wir haben festgestellt, dass er etwas an der Art und Weise verändert, wie die DNA sich um manche Chromosomen-Proteine schlingt. Das Resultat ist, dass bestimmte Gene verstärkt und andere unterdrückt werden. Eins der verstärkten Gene ist ein antioxidatives Stress-Gen. Aber aus irgendeinem Grund verhindert etwas im Chromosomen-Unterschied zwischen Männern und Frauen seine Wirksamkeit auf der mitochondrischen Kernebene.»
    «Wie das 4-Phenylbutyrat», stellte der Hakim begeistert fest. Versuche hatten eine verblüffende Wirkung auf Fruchtfliegen gehabt und deren Lebensdauer dramatisch verlängert. «Nur eben für Menschen.»
    Kirkwood nickte widerstrebend. «Genau.»
    Evelyn starrte ihn an. In ihrem Blick lag eine Mischung aus Zorn, Enttäuschung, Staunen und Entsetzen. «Wie alt bist du?», fragte sie angstvoll.
    Kirkwood hatte schon mehr gesagt, als er wollte, aber er konnte sie nicht belügen. «Ich bin 1913 geboren», gestand er leise. «Sebastian war mein Urgroßvater.»
    Er riss sich von Evelyns schockiertem Gesicht los und sah die andern an. Corben starrte ihm mit eisiger Pokermiene entgegen. Der mochtar hatte ebenfalls aufmerksam zugehört; er rieb sich nervös die Unterarme und war sichtlich erschüttert.
    «Das also haben Sie all die Jahrhunderte hindurch getrieben», sagte der Hakim empört und vorwurfsvoll. «Haben das Elixier in Ihrem kleinen Hexenzirkel heimlich genommen und der Welt ein langes Leben vorenthalten, statt es zu teilen und die klügsten Köpfe der Welt einzuladen, Ihnen dabei zu helfen, den Fehler zu beheben?»
    «Wir haben kluge Köpfe, die daran arbeiten», protestierte Kirkwood erbost. Der Hakim hatte einen wunden Punkt getroffen, der ihm schon immer heftige Gewissensqualen bereitete. «Einige der begabtesten Wissenschaftler der Welt.»
    «Nun, vielleicht hätten Sie noch mehr Leute daran mitarbeiten lassen sollen.» Der Hakim fuchtelte wütend mit der Pistole in der Luft, um seine Worte zu unterstreichen. «Vielleicht hätten Sie die Lösung inzwischen gefunden. Stattdessen haben Sie lieber alles verheimlicht und selbstsüchtig für sich behalten.»
    «Glauben Sie, es hat mir Spaß gemacht?», fuhr Kirkwood ihn an. «Niemals jemandem nah sein zu dürfen?» Er warf einen Seitenblick auf Evelyn, und seine Stimme wurde sanfter. «Zuzusehen, wie alle, die Sie lieben, alle, die Ihnen etwas bedeuten, dahinwelken und sterben? Außerdem – was ist, wenn es keine Lösung gibt? Was ist, wenn es niemals bei allen Menschen wirksam ist?»
    «Nun, Ihr Urgroßvater schien offenbar zu glauben, dass es eine Lösung gibt», erwiderte der Hakim verächtlich. Er dachte nach. Als er schließlich den Kopf hob, lag stoische Entschlossenheit in seinem Blick.
    «Ich will die Formel», sagte er. «Und Sie werden sie mir

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