Immortalis
Ende des Dorfes. Wer immer da auf sie schoss, war aus der entgegengesetzten Richtung gekommen. Sie waren nicht umzingelt – und das bedeutete, der Hakim konnte womöglich entkommen.
Er durfte Evelyn nicht mitnehmen. Aber im Moment konnte Kirkwood nichts tun, um es zu verhindern. Frustriert beobachtete er, wie der dritte aus der Mannschaft des Hakim, der hinter der Mauer neben dem Friedhofseingang in Deckung gegangen war, sich aufrichtete und ein ganzes Magazin gegen die Angreifer leer feuerte. Er duckte sich weg, wechselte das Magazin, kam wieder hoch und gab noch eine Salve ab, aber dann explodierte plötzlich sein Hinterkopf. Der Schütze, der ihn erwischt hatte, lehnte sich leichtsinnig aus der Deckung, um seinen Erfolg zu sehen, und der Killer des Hakim sprang auf und erledigte ihn mit einen einzelnen Schuss in die Brust.
Der Hakim und Evelyn hatten das Ende des Friedhofs erreicht. Evelyn versuchte zu entkommen, aber der Hakim hielt sie fest und presste sie brutal zu Boden. Kirkwoods Blut kochte. Er konnte nicht mehr hier sitzen bleiben. Der Killer neben dem Hakim wurde getroffen, als er das Feuer erwidern wollte. Er sah, wie der Hakim durch den sich windenden Mann abgelenkt wurde und suchende Blicke über die Mauer warf. Kirkwood entschloss sich zum Handeln.
Er sprang auf und rannte mit gesenktem Kopf und geballten Fäusten quer über den Friedhof. Sein Blick war wie ein Laserstrahl auf den Hakim und Evelyn gerichtet. Niemand schoss auf ihn, und er war nur noch drei Meter weit vom Hakim entfernt, als der ihn bemerkte.
Er wirbelte herum, als Kirkwood sich auf ihn stürzte und nach der Pistole des Wahnsinnigen griff. Ein Schuss löste sich, es dröhnte in seinen Ohren, und ein stechender Schmerz durchzuckte seine linke Schulter. Durch Wogen von Adrenalin hörte er Evelyns Schreie und rammte dem Hakim das Knie gegen die Brust. Keuchend entwich die Luft aus der Lunge des Mannes. Kirkwood hielt die Pistole jetzt mit beiden Händen umklammert und versuchte verzweifelt, sie von sich wegzurichten. Wieder knallte ein Schuss, aber der Lauf zeigte abwärts, und die Kugel bohrte sich in die Erde.
«Lauf weg», schrie Kirkwood, aber er konnte den Hakim nicht aus den Augen lassen, um zu sehen, wie weit Evelyn entfernt war.
Der Hakim versetzte ihm einen Ellenbogenstoß gegen das Kinn. Knirschend traf Knochen auf Knochen, und ein sengender Schmerz fuhr durch Kirkwoods Kopf. Sein Griff um die Hand des Hakim lockerte sich. Der nutzte die Gelegenheit, um seine Pistole freizubekommen. Er riss sie herum und richtete sie auf Kirkwood, aber Kirkwood warf sich, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, mit voller Wucht auf ihn und schleuderte ihn mit seinem ganzen Gewicht gegen die Mauer. Die Pistole flog davon und landete auf dem Boden.
Ihre Blicke trafen sich für einen Sekundenbruchteil in grenzenlosem Hass und richteten sich dann sofort auf die Waffe. Kirkwood spürte eine Bewegung neben sich; er fuhr herum und sah, wie der Killer, der hinter dem masar in Deckung gegangen war, auf ihn zielte. Sein Herzschlag setzte einmal aus, aber dann krachten zwei Kugeln in den Stein des Denkmals und trieben den Killer wieder in Deckung. Kirkwood stürzte zu Evelyn hinüber und riss sie zu Boden, bevor er sich wieder zum Hakim umdrehte, der ihm einen letzten höhnischen Blick zuwarf, bevor er über die niedrige Mauer kletterte und dahinter verschwand.
«Komm», schrie Kirkwood Evelyn zu, während der Gangster das Feuer fieberhaft erwiderte. Er kroch voran und deckte Evelyn mit seinem Körper, dabei versuchte er, möglichst viele Grabsteine zwischen sich und den Schützen zu bringen. Der Schmerz in seiner Schulter loderte mit jeder Bewegung grell auf. Sie hatten ein kurzes Stück geschafft, als der Killer sich wieder zu ihnen umdrehte, um auf sie zu schießen, aber noch bevor er abdrücken konnte, trafen ihn mehrere Gewehrkugeln und rissen ihn brutal zurück. Ein wilder Feuerstoß aus seiner Maschinenpistole zerriss die Luft über dem Friedhof und verhallte, als er starb.
Gespenstische Stille senkte sich über den Friedhof. Kirkwood sah Evelyn an. Seine Schulter brannte, und seine Gedanken überschlugen sich. Waren sie endlich in Sicherheit?
«Hallo?», rief er über den Friedhof. Wer immer sich hier eingemischt hatte, war hoffentlich freundlich.
Die Stimme, die ihm antwortete, versetzte ihn in einen Freudentaumel. «Kirkwood? Mom?», schrie Mia. «Alles okay?»
Erleichtert sah er Evelyn an. «Alles in Ordnung», brüllte er zurück.
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