Immortals After Dark 12 - Lothaire
seinem Albtraum?
Du darfst nicht den Verstand verlieren,
befahl Lothaire sich selbst, als die Erde schwer auf ihm lastete.
Wie viel Zeit mochte wohl vergangen sein, seit sein Vater ihn in dieser Grube für die Ewigkeit begraben hatte? Wie viele Jahrhunderte, seit er hier im Wald der Blutwurzelbäume verscharrt worden war, um zu verrotten? Dies war seine Strafe für den Mordversuch an Stefanowitsch.
Der Versuch war fehlgeschlagen.
Weil ich verraten wurde.
Von dem einzigen Freund, den ich je kannte.
Er lag in Ketten, die ihn hier in der Erde festhielten. Er war nicht imstande, sich aus ihnen herauszutranslozieren, und zu schwach, um sie zu zerreißen. Es war ihm nicht vergönnt, einen schnellen Tod in der Sonne oder durch Enthaupten zu sterben.
Eine weitere Wurzel berührte seine Haut und begann, ihn gründlich zu untersuchen. Schon bald würde sie sich in ihn hineinbohren, auf der Suche nach regeneriertem Fleisch, dem letzten Tropfen Blut in der Hülle seines Körpers.
Wurzeln durchzogen seinen gesamten Körper; Würmer feierten jeden Tag ein Festgelage.
Er wünschte sich sehnlichst, vor Schmerz und Frustration schreien zu können, aber er saß in der Falle, konnte nicht ein Körperteil bewegen. Nicht einmal seinen Unterkiefer oder was auch immer noch von seinen Lippen übrig war.
Wie lange mochte es her sein, seit sein Vater ihn auf diese Weise bestraft hatte?
Ein Elternteil hatte ihn begraben, um sein Leben zu retten, der andere, um ihn zu quälen …
War das eine Bewegung über ihm?
Er konnte Vibrationen fühlen. Manchmal schlitzte Stefanowitsch einem Sterblichen die Kehle über diesem Grab auf, sodass sich die Erde mit Blut vollsaugte. Lothaire konnte es riechen, aber es sickerte nie bis zu ihm durch. Es blieb immer außerhalb seiner Reichweite. Er verlor den Verstand, in jeder unendlich langen Stunde ein wenig mehr.
Hörte er da etwa Spaten, die die Erde über ihm durchstachen?
Nein, da gräbt niemand.
Wie oft hatte er sich so ein Szenario schon ausgemalt?
Wer sollte auch nach ihm graben, wer zur Hölle sollte sich die Mühe machen? Seine Freunde, Familie? Lothaire hatte keine, auf die er jetzt zählen könnte.
In jeder Sekunde erinnerte seine Folter ihn daran, dass es niemanden auf der ganzen Welt gab, den es nicht kaltließ, dass er litt.
Doch dann spürte er, wie der Druck über ihm ein wenig nachließ. Zog da etwa jemand an der Kette um seinen Hals?
Mit einem Ruck wurde er aus der Erde gezogen. Gewaltsam wurden die Wurzeln mitsamt verschorftem Fleisch aus seinem Körper gerissen.
Endlich wieder an der Oberfläche?
Zu hell, viel zu hell!
Nachdem er so lange in völliger Finsternis hatte ausharren müssen, verursachte sogar die sternenklare Nacht Schmerzen in seinen Augen. Er versuchte, ein Zischen auszustoßen und seine zerfressenen Augen mit dem zu bedecken, was von seinem Arm übrig war.
»Ah, Lothaire!«
Fjodor? Mein Onkel?
»Ich habe nach dir gesucht.«
Gerettet.
Mein Onkel ist gekommen, um mich zu retten.
Wenn Lothaire noch eine Spur von Blut in sich gehabt hätte, wären ihm Tränen übers Gesicht gelaufen.
Also gab es doch jemanden da draußen, der mir in Treue verbunden war.
»Ich suche schon seit sechs Jahrhunderten nach dir.«
Sechshundert Jahre! So lange unter der Erde?
Das hätte ich nie gedacht …
»Und jetzt, Neffe, werde ich dich von den Fesseln befreien. Unter zwei Bedingungen.«
Bedingungen? Lothaire hätte am liebsten gekrächzt: »Alles! Ich tue alles!«, aber seine Lippen und seine Zunge waren aufgefressen worden. Er würde sogar die ewige Verdammnis diesem Schicksal vorziehen. Sie konnte nicht schlimmer sein als seine gegenwärtige Lage.
»Sonst werde ich dich sofort wieder in der Erde vergraben, wo du dann bis in alle Ewigkeit bleiben wirst.«
Onkel, wie kannst du das zu mir sagen?
Der Verrat …
»Mein Bruder hat dir unrecht getan, Lothaire, aber du hättest Stefanowitsch nicht angreifen dürfen, ehe du stark genug dafür warst. Ich werde dir helfen, dich zu regenerieren, werde dich lehren, bis du mächtig genug bist, um ihn zu schlagen. Als Gegenleistung bitte ich nur um deine Treue – und seinen Kopf. Ich bin Stefanowitschs königlicher Erbe. Die Horde wird mich akzeptieren, da er keinen legitimen Sohn hat. Ich werde einen Weg finden, dir den Thron zu hinterlassen, sollte ich sterben.«
Er befreit mich nur, damit ich Jagd auf seinen Bruder mache, entlässt mich aus meinem Käfig wie eine Kreatur der Hölle.
Fjodor gab Lothaire Blut, damit er heilte. Er
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