Immortals After Dark 12 - Lothaire
goss ihm gerade genug in den verkrusteten Mund, damit er wieder sprechen konnte.
»Schwörst du mir, deinem zukünftigen König, Lehnstreue, bis zu dem Tag, an dem ich sterbe?«, fragte Fjodor.
Auch wenn Lothaire am liebsten vor Wut laut geheult und seinem Onkel nur zu gerne gesagt hätte, er möge ihm lieber das Schlimmste antun, konnte er es nicht.
»Ich schwöre es«, keuchte er, während er Erde und frisches Blut herauswürgte, »beim Mythos.«
Ich werde diesen Verrat niemals vergessen, Onkel, niemals.
»Dann willkommen zurück im Leben, Lothaire, zu einem Neuanfang.«
Lothaire kniff die Augen gegen das blendend weiße Sternenlicht zusammen und schaute an Fjodor vorbei. Im Wald erspähte er denjenigen, den er einst Freund genannt hatte, wie er sie insgeheim beobachtete …
Lothaire zerriss sich mit den Klauen die nackte Brust, als er die Erinnerung an diesen Albtraum abschüttelte. Wieder einmal sank er im Blutwurzelbaumwald auf die Knie. Während er in den Himmel brüllte, sickerte Feuchtigkeit aus seinen Augen.
So kann ich nicht weiterleben.
Der Abgrund starrte zurück.
Letzten Endes werde ich doch hineinstürzen.
Er kniete vor dem hoch aufragenden Baum, der dank ihm gewachsen war, und starrte voller Entsetzen auf die Rinde, das heraussickernde Blut.
Mein Blut.
Inzwischen wünschte er sich fast, in den verdammten Abgrund zu stürzen!
Ein klarer Verstand brachte nur Schmerz ein. Er stieß ein wahnsinniges Lachen aus und fühlte zu seiner Erleichterung, wie er fiel … immer tiefer –
»Lothaire«, hörte er Elizabeth mit schwacher Stimme rufen. Träumte er jetzt ihre Erinnerungen?
Er witterte ihre Angst und sprang auf die Beine.
Nein, nein, sie kann nicht hier sein.
Dies war nicht real.
»Bitte …«, rief sie.
Er wirbelte herum, wagte es jedoch nicht, seinen Augen zu trauen. Sie kroch auf Händen und Knien durch eine Schneewehe auf ihn zu.
Elizabeth war hier. Ihre Lippen waren bleich, ihre Miene entsetzt. »Zu kalt.«
Der Wahnsinn muss warten.
»Lizvetta!«, rief er und machte sich bereit für die Translokation …
Plötzlich tauchten Feinde neben ihr auf. Ein Schwert an ihrer Kehle ließ ihn auf der Stelle innehalten. Das Schwert von Tymur dem Treuen.
Tymurs Bande von Dämonen, Cerunnos und Vampiren umzingelte sie.
Sie wollen sie mir fortnehmen. Alle haben es darauf abgesehen, sie mir fortzunehmen.
»Ah, Lothaire, ich glaube, ich habe da etwas, was dir gehört«, sagte Tymur, dessen zotteliger Bart ihm bis auf die Brust hing. »Solltest du dich forttranslozieren oder Widerstand leisten, wirst du sie niemals wiedersehen.«
Es strömten noch mehr von Tymurs Vasallen herbei und umzingelten Lothaire. Dämonen schlugen auf seinen Kopf und seinen Rücken ein, stachen mit ihren kurzen Schwertern zu. Er konnte nichts tun, um sich zu schützen – konnte nichts tun, um sie zu erreichen.
Seine Sehkraft war getrübt.
Blut zu meinen Füßen? Meines?
Schwarzes Blut, aus seinem schwarzen Herzen. Sein Bewusstsein drohte zu schwinden. Lothaire kämpfte darum, Elizabeth im Blick zu behalten.
Tymur stieß sie zu Boden und wickelte sich eine Strähne ihres Haars um seine fleischige Faust.
Ihre leisen Schreie. Kann nicht zu ihr.
Ihr panischer Blick begegnete Lothaires.
Er erlebte einen Moment absoluter Klarheit. Die Erkenntnis ließ seinen Körper singen, sprudelte durch jede Ader.
Sie war es. Seine Braut.
Ihr guten Götter, es war … Elizabeth.
Du wirst erst merken, was du hattest, wenn es zu spät ist.
War es zu spät? Seine Frau war von den tödlichsten Geschöpfen der Mythenwelt gefangen genommen worden.
Ich war ihr Verbündeter. Bin sogar noch schlimmer als sie.
»Das ist zu komisch.« Tymurs Augen röteten sich vor Genugtuung. »Die übelste Plage der Mythenwelt erhält eine Sterbliche zur Gefährtin? Eine größere Last hätte das Schicksal dir gar nicht aufbürden können. Es ist so verdammt schwierig, diese Spezies am Leben zu erhalten.«
Obwohl sein Mund voller Blut war, brachte Lothaire mit erstickter Stimme hervor: »Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, ziehst du meinen unsäglichen Zorn auf dich … auf dein Haus … auf deine Nachkommen. Ich werde für nichts anderes mehr leben.«
Wie oft hatte er sich schon in dieser Situation befunden – allerdings auf der anderen Seite? Wie oft hatte er sein Schwert an die Kehle einer Frau gehalten und über die panischen Anstrengungen des Mannes, sie zu retten, gegrinst, dessen animalisches Bedürfnis, sie zu beschützen?
Aber ich habe
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