Immortals After Dark 12 - Lothaire
fassen, rief sie sich all die Jahre in Erinnerung, die sie damit verbracht hatte, hässliche Betonmauern anzustarren. Sie hatte die Blöcke gezählt, die Fugen, sie hatte Muster und Gestalten darin gesehen. Ihr Betonprogramm, wie sie es genannt hatte. Nur diese Steine, den ganzen Tag lang. Ohne Unterbrechungen. Ohne Ende.
Sie biss die Zähne zusammen, drehte sich auf die Seite und stand mühsam auf. Ihr Haar hatte sich gelöst und fiel ihr ins Gesicht. Sie schob sich eine Strähne aus den Augen.
»Bleib – unten«, befahl er, hoch über ihr aufragend. Er war ein Ungeheuer, ein Tier. Sein Gesicht war immer noch mit Blut bespritzt. Wie viele er wohl heute ermordet hatte?
»Fahr zur Hölle, Arschloch.« Dann spuckte sie auf seine Stiefel.
4
Lothaire packte ihre Oberarme und riss sie an sich, ohne die Schmerzen zu beachten, die seine neue Wunde ihm bereitete.
Schon wieder hat sie versucht, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Und beinahe wäre es ihr gelungen …
Elizabeth hätte ihn um ein Haar seiner Braut beraubt, auf die er so lange sehnlichst gewartet hatte. Sie hatte sich seinen Befehlen widersetzt – zwei Mal – und ihn mit einem Schwert verletzt!
Und dennoch war
sie
wütend auf
ihn
?
Als sie nicht aufhörte, um sich zu schlagen, verstärkte er seinen Griff, bis sie aufschrie und endlich stillhielt.
Beherrsche dich.
Er holte tief Luft.
Denn sonst riskierst du, deine Braut zu verlieren.
Er war viel zu stark, um die Selbstbeherrschung zu verlieren, solange sie sich in seiner Nähe aufhielt.
Dieser Zorn … dieser Wahnsinn
…
Einatmen. Ausatmen. Saroya befand sich unter seinem Schutz, war fürs Erste in Sicherheit. Die Katastrophe war abgewendet.
Erst nach einer ganzen Weile merkte er, dass sein Zorn abebbte und der Nebel sich ein wenig zerstreute. Er lockerte seinen Griff, hielt sie aber nach wie vor eng an sich gedrückt.
»Bist du jetzt fertig?«, fuhr er sie an.
»Vorerst«, murmelte sie mit störrischer Miene.
Immer noch aufsässig?
Lothaire wusste, dass er am Abgrund des Irrsinns balancierte. Jetzt wurde ihm klar, dass dieser Mensch die Grenze möglicherweise bereits überschritten hatte.
Doch so wie sein Zorn ließ auch der Schmerz seiner Verletzungen nach. Er war sich ihrer Gegenwart auf geradezu quälende Weise bewusst und blickte verwirrt in ihre eindrucksvollen Augen.
Das Gefühl war beinahe … hypnotisch.
Sie durchdrang all seine Sinne. Der Körper seiner Braut strahlte eine unerträgliche Hitze aus, als er sich bebend an ihn drückte. Ihr hastiger Herzschlag kam ihm wie Sirenengesang vor, lockte ihn mit seinem eiligen Rauschen. Eine Ader in ihrem Hals pulsierte einladend.
Schmerz? Er fühlte ihn nicht.
Sein Blick fiel auf ihre seidige Mähne, die sich über ihre Schultern ergoss. Dunkelbraune Wellen ließen die Farbe ihrer Augen noch stärker hervorstechen: ein rauchiges Grau, das von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurde.
Sie war in den vergangenen Jahren noch hübscher geworden. Kurviger. Ihre Hüften rundeten sich verlockend, ihre hohen Brüste drückten sich gegen ihr verschlissenes Oberteil.
Er fuhr mit der Zunge über einen Fang, als er sich an die erste Nacht erinnerte, in der er Saroya gesehen hatte. Sie hatte im Wald unter dem Licht des Vollmonds vor einem improvisierten Altar gestanden, über und über mit Blut bedeckt.
Ein einziger Blick auf sie hatte gereicht, um sein Herz aus seinem langen Schlummer zu erwecken. Atemluft hatte seine Lungen erfüllt. Sein Schaft war in rasender Hitze hart geworden, hatte seit Jahrtausenden zum ersten Mal nach Erleichterung verlangt.
Auch jetzt wurde er wieder hart, als er sich daran erinnerte, wie er das Blut ihres Opfers von ihrer süßen Haut geleckt hatte, während er sich selbst Erleichterung verschafft hatte. Sie hatte sich an ihn gelehnt, passiv – eine Frau, die sich ihm hingab, die Weichheit, die seine Stärke ergänzte –, während er zitternd seinen Samen auf die Blätter ergossen hatte …
Was auch immer Elizabeth in seiner Miene sah, ließ sie nach Luft schnappen, und ihre Wangen röteten sich. »Was willst du von mir?«
Sein Blick fiel auf ihren Hals, und seine Fänge pulsierten vor Sehnsucht nach diesem zarten Fleisch.
Dich berühren. Von dir trinken, bis du davon ganz nass zwischen den Beinen bist.
Nein, nicht von
ihr
! Die Lust quälte ihn sehr, aber er würde ihr niemals nachgeben. Auch wenn Lothaire tötete, ohne zu zögern, auch wenn er stets unehrenhaft handelte, würde er doch niemals seine Königin
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