Immortals After Dark 12 - Lothaire
seinen Klauen die Kehle. Als ihm Blut ins Gesicht spritzte, schärften sich Lothaires Fänge, um sich mühelos tief in menschliches Fleisch zu graben. Sein Gehirn war wie leer gefegt.
Der Wahnsinn. Er streckt schon die Hände nach mir aus.
Selbst jetzt, wo so viel auf dem Spiel stand. Zu viele Opfer, zu viele Erinnerungen.
Nein, konzentriere dich auf das Endspiel. Gehe zu ihr, rette deine Frau.
Seine Feinde hatten ihn davon abgehalten, sie früher zu finden.
Sollte ich zu spät kommen …
Er stürmte durch lichtlose Korridore, doch auch wenn er problemlos im Dunkeln sehen konnte, war dieser Ort ein Labyrinth von Gängen und winzigen Räumen.
Blyad’!
Durch den Geruch nach Ammoniak konnte er sie nicht wittern. Ein weiterer Korridor tauchte vor ihm auf, noch mehr von diesen mit Schildern gekennzeichneten Räumen: Familienzimmer, Besuchszimmer, Zellen.
Keine Zeit.
Er hatte Elizabeth davor gewarnt, seiner Frau etwas anzutun. Und doch hatte sie sich entschieden, sich verurteilen zu lassen, hatte ihren Pflichtverteidiger angewiesen, keine Berufung einzulegen, keinen Handel mit der Staatsanwaltschaft einzugehen.
Nachdem er schon Tausende von Jahren auf dieser Welt lebte, gab es nur wenig, was Lothaire noch überraschen konnte. Ihr Verhalten hätte er niemals so erwartet. In einen Kugelhagel hineinzurennen war eine Sache – unermüdlich auf einen Selbstmord hinzuarbeiten, der sich über Jahre hinziehen würde, eine ganz andere.
Er konnte sich nicht entscheiden, ob sie nun mit dem verhängnisvollen Makel der Sturheit geschlagen oder aber einfach nur verrückt war.
So oder so hatte sie sich als Stachel in seinem Fleisch erwiesen, der ihm erheblichen Schaden zufügte. Lothaire war in der ganzen Mythenwelt dafür bekannt, Blutschulden von Unsterblichen zu sammeln, die sich in der Klemme befanden, indem er mit ihnen verhandelte, bis sie einen Pakt mit dem Teufel eingingen. Er war stolz auf sein Schuldenbuch, das von Einträgen geradezu überfloss, aber wegen Elizabeth hatte er schon zwei davon vergeuden müssen.
Er hatte ein ihm verpflichtetes Orakel gezwungen, sie während ihrer Inhaftierung im Auge zu behalten. Und erst vor ein paar Minuten hatte ein verschuldeter Technopath ihn hierher begleitet, um die gesamte Energieversorgung der Einrichtung zu sabotieren, einschließlich der Sicherungsgeneratoren, sodass weder das Licht noch die Kameras funktionierten.
Das Resultat war ein unbeschreibliches Chaos.
Lothaires Plan für heute sah folgendermaßen aus: Technopath unterbricht Stromversorgung, während Vampir den Weg zu seiner Frau mit Leichen pflastert. Lächerlich einfach für einen geborenen Strategen.
Auf dem Korridor fingen ihn zwei Wärter ab, als wollten sie sich eigens für seinen Plan opfern, und leuchteten ihm mit Taschenlampen in die roten Augen. Während fassungsloses Entsetzen sie zum Schweigen brachte, blieb Lothaire genug Zeit, um ihre Reaktionen vorauszusehen.
Der Größere auf der rechten Seite wird zuerst schießen, drei Schüsse, ehe er merkt, dass ich ihm das Rückgrat aus dem Leib gerissen habe. Der auf der linken Seite wird auf meine Frage hin stotternd eine Antwort geben, obwohl er weiß, dass er gleich darauf sterben wird.
»Hände dahin, wo wir sie sehen können!«
Lothaire griff an. Erster Schuss, zweiter Schuss, dritter …
Ein gequälter Schrei. Der rückgratlose Körper des größeren Wärters sackte auf dem Boden zusammen.
Mit einer Hand schleuderte Lothaire das lange Knochenstück fort, mit der anderen packte er den anderen Wärter bei der Kehle und hob ihn hoch. »Wo geht es zur Hinrichtungskammer?«
Lothaire lockerte seinen Griff gerade so weit, dass der Mann mühsam ein paar Worte herauspressen konnte: »R-Rechts, dann … die zweite links. Bis zum Ende. Aber b-bitte …«
Knacks.
Als der Körper des Wärters zusammenbrach, befand sich Lothaire bereits bei der zweiten links.
Er hatte Elizabeth aus seinen Gedanken verbannt, in der Gewissheit, dass sie sich in relativer Sicherheit befand. Schließlich war ihr Geist ihm vollkommen gleichgültig, ihn interessierte nur ihr Körper, der Tempel, der seine Braut beherbergte.
Meine Gefährtin.
Die Frau, die einzig und allein für ihn bestimmt war. Und was für eine einzigartige, blutdürstige Frau sie war …
Ob Saroya die Hinrichtung spüren konnte? Vielleicht kämpfte sie gerade verzweifelt darum, die Oberhand über Elizabeth zu gewinnen, um sich zu beschützen?
Seine schwarzen Klauen gruben sich in seine Handflächen, bis
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