Immortals After Dark 12 - Lothaire
Versuch, Chase in einen Vampir zu verwandeln, Saroyas Rettung.
Es war schon Jahrhunderte her, seit Lothaire zuletzt einen Vampir gewandelt hatte.
Vielleicht bin ich ja noch einmal zum Erzeuger geworden?
Aber das Blut war keine Garantie. Lebte Chase überhaupt noch?
Mein Feind. Und möglicherweise mein Geschöpf.
Er runzelte die Stirn, unsicher, wie er sich deswegen eigentlich fühlte. Vor allem, da Chase Lothaire während dessen Gefangenschaft gefoltert hatte.
Obwohl der Klingenmann als Junge selbst auf brutalste Art und Weise gefoltert worden war – und daher genau wusste, was er tat –, hatte Lothaire über den Schmerz nur gelacht. Selbst, als seine Haut zu Asche verbrannt war.
Chase hatte es nicht verstanden; aber kein Schmerz der Welt war so schlimm wie sich im Schnee verstecken und zuhören zu müssen, wie die eigene Mutter vergewaltigt und bei lebendigem Leib verbrannt wurde. Keine Grausamkeit konnte sich mit dem messen, was Stefanowitsch Lothaire Jahre später angetan hatte.
Die Erde, die mich erdrückt, Wurzeln, die sich durch meinen Körper schlängeln.
Du musst diese Erinnerung verdrängen! Oder aber in den Abgrund hinabstarren …
Ganz gleich, was zwischen Lothaire und Chase vorgefallen war, sie waren jetzt durch den Austausch ihres Blutes miteinander verbunden. Demnach konnte Lothaire nun mit seinem Geist in Chases Gedanken eindringen und dessen Erinnerungen untersuchen.
Vielleicht muss ich gar nicht schlafen.
Er musste Chase nur nahe genug kommen.
Die Frau des Klingenmanns war eine Walküre. Sie hatte ihn sicherlich mit nach Val Hall genommen, in das Herrenhaus in Louisiana, das ihr Koven bewohnte, mit seinem stets präsenten Nebel, den unaufhörlichen Blitzen und dem grauenhaften Kreischen der Walküren.
Lothaire kannte diesen Ort gut. Er war einer von nur einer Handvoll Vampiren, die je das Innere des Hauses gesehen und das überlebt hatten. Er könnte auf der Stelle dorthin gehen und Chase aufsuchen.
Doch wenn Lothaire einen solchen Plan ausheckte, würden andere das ebenfalls tun. Unsterbliche aus der ganzen Mythenwelt würden mit Declan Chase abrechnen wollen, dem Schwarzen Mann, der durch die Nacht geschlichen war, sie und ihre Lieben zu Dutzenden entführt und für grauenhafte Experimente missbraucht hatte.
Aber ich werde der Erste sein.
12
»Dann bist du also so eine Art Extrawache?«, fragte Lothaire Thaddeus Brayden, der genau wie er aus dem Gefängnis des Ordens entkommen war. Der Junge lief vor dem Anwesen der Walküren auf und ab und verschwand dabei immer wieder in den Nebelbänken, die aus dem nahe gelegenen Bayou aufstiegen.
Thaddeus wirbelte herum, aber gleich darauf entspannte sich seine grimmige Miene – eine Reaktion, die Lothaire nur äußerst selten hervorrief.
»Ich schätze schon, Mr Lothaire! Wir befinden uns sozusagen in einer Art Belagerungszustand«, sagte er mit seinem ausgeprägten texanischen Akzent. Er trug verwaschene Jeans, ein T-Shirt und Cowboystiefel und wirkte lächerlich menschlich.
Obwohl Thaddeus ein Neuling in der Mythenwelt war, nachdem er erst vor einem Monat erfahren hatte, dass er kein Sterblicher war, konnte sich der Junge heute Nacht als nützlich erweisen.
»Wie haben Sie denn Val Halls Grenze überschritten?« Er blickte an Lothaire vorbei. »Wo das doch sonst niemand kann.«
Lothaire blickte höhnisch grinsend über die Schulter in Richtung des unsterblichen Lynchmobs, der sich vor dem Haupttor zusammengerottet hatte. Ein Einfriedungszauber der Wicca, der seinem eigenen druidischen Schutzbann ähnelte, aber unterlegen war, hielt die Menge davon ab, Rache zu üben.
Ein Kinderspiel für mich.
Wie vorhergesehen wollten sich all diese Mythianer an Chase rächen. Dabei war ihnen allerdings nicht klar, dass der Klingenmann nur eine Art Aushängeschild des Ordens gewesen und er von dessen wahrem Anführer, Commander Webb, einer ständigen Gehirnwäsche unterzogen worden war, seit er ein Teenager war.
Webb, der Sterbliche, der Lothaires Ring von der Insel weggebracht hatte, besaß ein geheimes Versteck.
Chase würde wissen, wo es sich befand.
Lothaire wünschte dem blutdürstigen Mob viel Glück, aber er wusste, dass er die Grenzen niemals würde überwinden können, geschweige denn die zweite Verteidigungslinie der Walküren.
Die Wraiden.
In zerlumpte rote Gewänder gekleidet, umschwärmten diese geisterhaften Echos verstorbener Kriegerinnen das Herrenhaus in einem Wirbelwind, aus dem nur gelegentlich das ein oder andere
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