I#mNotAWitch 1
sich und begann zu erzählen: „Ehrlich gesagt, Quinn, ich weiß es nicht. Alle meine Aufzeichnungen laufen bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir unsere Kräfte zurückerhalten. Das ist nun passiert. Wie es nun für dich weitergehen wird, kann ich dir leider nicht sagen.“ Diesmal wich sie meinem vorwurfsvollen Blick aus. „Aber ich kann dir sagen, dass du längst versprochen bist. Du gehörst unserem Herrn. Und du wirst es selbst erfahren, wenn er dich zu sich ruft. Meine Zeit als deine Lehrerin und deine Ratgeberin ist längst vorüber. Jetzt musst du dich auf dich selbst verlassen.“
„Also habe ich vielleicht noch einige Jahre, bis ich mein Schicksal erfüllen muss?“ Ich fragte mich insgeheim, wie mir das Wort Schicksal so einfach über die Lippen ging. Aber ich hatte mich wohl längst daran gewöhnt.
Die flüchtige Hoffnung, die in meiner Stimme mitschwenkte, konnte meine Mutter nur mit einem ratlosen Achselzucken beantworten. „Deine Zeit wird auf alle Fälle kommen. Aber ich habe dir ja bereits erklärt, dass du ihm versprochen bist. Er wird dich immer und überall finden. Du gehörst nun zu ihm.“
Und was sollte das bedeuten? Dass er mich immer und überall aufspüren konnte? Dass er mich vielleicht sogar ständig bewachte?
Ich hoffte wirklich, dass sich meine Mutter irrte und nichts von diesem Schwachsinn stimmte. Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass mein Herz mir das Gegenteil zu vermitteln versuchte. Es gab noch so viel mehr auf dieser Welt, das ich nicht kannte. Und vielleicht war da auch der Teufel darunter.
„Du musst mir versprechen, dass du deine Kräfte nicht mehr so unverantwortlich gebrauchst, Quinn, hast du verstanden? Du hattest Glück, dass es heute nicht noch viel schlimmer gekommen ist.“ Sie stand von meinem Bett auf und richtete die Stoffdecke, deren Zipfel bis zum Boden reichte. „Wir müssen alle in unsere Kräfte hineinwachsen. Das benötigt seine Zeit.“
Sie ging zur Tür. Da drehte sie sich noch einmal zu mir um. „Ach ja, was ich noch vergessen habe. Samuel wird heute Abend neue Scheiben an den Fenstern anbringen. Wir können unsere Kräfte nicht gebrauchen, weil die Nachbarn sonst misstrauisch werden würden. Sie müssen sehen, wie er die Scheiben hertransportiert und eigenständig anbringt. Und wenn du morgen wieder zur Schule gehst, darfst du deine Kräfte auf keinen Fall benutzen. Überhaupt nicht. Unsere Existenz muss auch weiterhin gehütet werden. Da darf keiner von uns eine Ausnahme machen.“
Hm. „Also dürfen wir morgen wieder zur Schule“, stellte ich nüchtern fest. Normalerweise hätte ich mich über diese Nachricht außerordentlich gefreut, aber diesmal hatte ich so viele andere Gedanken in meinem Kopf, dass mich die kurze Aussicht auf Freiheit und Normalität in den Schulfluren und Klassenzimmern nicht besonders erheitern konnte.
In den letzten Wochen war so viel passiert, dass mir diese andere normale Welt plötzlich richtig fremd erschien. Wann war ich das letzte Mal dort gewesen? Ich konnte mich noch nicht einmal mehr daran erinnern.
Meine Mutter warf mir einen letzten prüfenden Blick zu, dann lächelte sie traurig und verließ mein Zimmer. Täuschte ich mich, oder war sie seit der letzten Nacht viel sanfter und ruhiger geworden?
Na ja, sie hatte ihr größtes Ziel erreicht. Wer wäre da nicht ein wenig gut gelaunt?
Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand ich auf und ging hinüber zum Fenster. Die Gedanken in meinem Kopf veranstalteten einen endlosen Tanz, sie verwirrten mich. Und auch die Gefühle in meinem Herzen, die seit meinem Besuch bei Aiden immer stärker geworden waren, ließen sich nicht mehr abschütteln.
Früher wäre ich bei solchen Problemen direkt zu Phoebe gegangen, um mit ihr darüber zu sprechen. Doch irgendwie glaubte ich plötzlich nicht mehr daran, dass sie mir helfen konnte. Sie hatte gestern nichts getan. Absolut gar nichts. Ich wusste, dass auch sie keine Wahl gehabt hatte, dass auch sie nichts gegen unsere Mutter ausrichten konnte. Aber sie hatte ihre Augen einfach vor der Tatsache verschlossen, dass sie mir wehtaten. Alle zusammen. Nur Samuel war an meine Seite geeilt. Auch wenn er nicht viel hatte bewirken können, so hatte er doch meine Hand gehalten, als es mir schlecht ging. Anders als Phoebe.
Plötzlich befiel mich eine solche Einsamkeit, wie ich sie noch nie zuvor gefühlt hatte. Ich hatte meine einzige Freundin verloren.
Kapitel 21
Am Abend hockte ich alleine in der Bibliothek und
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