I#mNotAWitch 1
Traum und einer spöttischen Stimme, doch sogleich war sie wieder in den Tiefen meines Gedächtnisses verschwunden.
Ihr nächstes Gedicht war einen Monat später abgefasst worden. Und sie wirkte überaus wütend, weil die Tinte plötzlich viel dunkler erschien und die Worte viel dicker geschrieben waren, so als hätte sie ihre Feder zu fest aufgedrückt oder alles sogar zweimal übereinander verfasst.
Verlieren
Ich flehe ihn an, aber er lacht mich aus!
„Hol ihn zurück!“
Meine Stimme, krächzend vom vielen Weinen und Schreien.
Der Tod hat ihn angelacht. Mein Herz ist entzwei.
Feuer hat ihn aufgefressen. Ein Dolch mitten ins Herz, das doch mir gehören sollte.
Ich tue alles. Herr.
GIB IHN MIR WIEDER.
Ihr Geliebter war getötet worden. Ich schluckte, spürte, wie mein Herz immer mehr raste. Keine Freiheit. Es würde nichts einen guten Ausweg nehmen. Ob es nun den Teufel gab oder nicht, wir schienen niemals unsere eigenen Entscheidungen treffen zu dürfen.
Diese veralteten Geschichten und Regeln waren einfach nur ungerecht. Sie verlangten, dass wir für unsere Familien herhalten sollten. Warum durften wir nicht selbst über unser Leben bestimmen? Was hatten wir verbrochen, dass wir nicht lieben durften, wen wir wollten, sondern jemandem gehörten, nur weil wir die dritte oder vierte der Schwestern waren?
Ich unterdrückte ein leises Schluchzen und blätterte weiter. Die folgenden Seiten waren leer, erst später hatte Theresa wieder angefangen zu schreiben.
Erhalten
Er ist zurück. Ich fasse es nicht.
Vom Tod wiederauferstanden.
Und doch kein Herzschlag mehr, wenn ich meine Hand auf seine Brust lege.
Ich verstehe ihn nicht. Ich verstehe seinen Blick nicht. Er ist leer.
Und Blut klebt an seinen Lippen.
Und Gleichgültigkeit.
Und Raserei. Wut. Gewalttätigkeit. Eine neue Rasse, vom Herr geschaffen.
Oh, Herr, du hast ihn zerstört, damit ich ihn nicht mehr lieben kann.
Das war das letzte Gedicht, das sie geschrieben hatte. Überrascht blätterte ich eine Seite weiter und entdeckte endlich das Bild, das ich in dem Haus der Vampire gesehen hatte.
Theresa schien es selbst skizziert zu haben. Den Raben, der vorausflog. Und die Fledermaus, die ihr folgte. Über dem Raben stand ihr eigener Name. Über die Fledermaus hatte sie geschrieben: Meine Liebe, Severin. Wiedergeboren, um mein Herz zu brechen.
Severin. Diesen Namen hatte ich schon einmal gehört. Hatte Jack nicht letztens über ihn gesprochen? Also war er ein Vampir geworden. Theresas große Liebe war zu einer völlig anderen Gestalt geworden, die sie nicht mehr an den früheren Severin erinnerte. Aber eine neue Rasse erschaffen? Hieß das, dass Severin der allererste Vampir war? Und weil Theresa den Teufel um Vergebung gebeten hatte, erfüllte er ihren Wunsch und brachte ihren Geliebten zurück – jedoch als eine Art Monster, damit sie ihn endlich vergessen konnte?
Und langsam verstand ich auch, warum diese Vampire kurz vor Halloween bei uns aufgetaucht waren. Sie wollten nicht, dass sich die Geschichte wiederholte, dass der Teufel die Macht über ein Mädchen erhielt, das eine Verbindung zu den Vampiren besaß.
Hatte jemand von Jacks Freunden sie angeheuert? Aber ich hatte ihm nichts von der Zeremonie erzählt, woher wussten sie davon?
Natürlich. Es gab Aufzeichnungen in ihrem Haus, die wahrscheinlich all die Daten und Prophezeiungen beinhalteten. Jack hatte mir selber welche von Severin gezeigt.
Also war das letzte Mädchen, Theresa, dessen Schicksal vorherbestimmt gewesen war, für die Anwesenheit der Vampire verantwortlich. Ob Severin überhaupt noch lebte? Jack hatte darüber nichts gewusst.
Ich wollte nicht wissen, was die Zukunft für mich bereithielt. Nicht nach dieser ganz schön schaurigen Geschichtsstunde.
Kapitel 22
Nach einem ungemütlichen Abendessen, bei dem sich mal wieder niemand traute, mir ins Gesicht zu sehen – bis auf Samuel und meine Mutter –, beförderte ich meinen Teller so schnell es ging in die Küche. Ich wollte hinauf in mein Zimmer flüchten, als Phoebe ebenfalls in der Küche auftauchte.
Ihre schwarzen Haare wirkten noch zerzauster als sonst und ihre Lippen bebten, während sie mich verängstigt ansah. „Quinn, bitte, es tut mir leid. Sprich mit mir.“ An ihren geschwollenen Augen konnte ich erkennen, dass sie an diesem Tag viel geweint hatte.
Einen Moment lang verspürte ich den Drang, sie in die Arme zu schließen. Allerdings erinnerte ich mich gleichzeitig daran, wie ich dort auf der Wiese
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