Imperator 01 - Die Tore von Rom
Schmerz nicht mehr länger ertragen. Aber dann hängt das Leben anderer Männer von euch ab. Vielleicht haltet ihr ein Seil, an dem andere hochklettern, oder ihr marschiert vierzig Meilen in voller Ausrüstung, um Kameraden zu Hilfe zu kommen. Hört ihr mir zu?«
Die Jungen nickten und versuchten, nicht vor Erschöpfung laut zu keuchen. Sie waren nur froh, dass er weiterredete, anstatt sofort wieder den Befehl zu geben, die Steine aufzuheben.
»Ich habe Männer gesehen, die sich zu Tode gelaufen haben. Sie sind vor Erschöpfung auf der Straße zusammengebrochen, aber ihre Beine haben immer noch gezuckt, weil sie versucht haben, weiterzulaufen. Sie wurden mit allen Ehren bestattet.
Männer meiner Legion, die ihre eigenen Gedärme mit der Hand im Leib gehalten haben, sind trotz allem auf ihrer Position geblieben und in der Formation mitgelaufen. Auch sie wurden ehrenvoll bestattet.« Nachdenklich hielt er inne und rieb sich den Nacken, als sei er gestochen worden.
»Es wird Zeiten geben, wo ihr euch einfach nur noch hinsetzen wollt, wo ihr aufgeben wollt. Euer Körper sagt euch, es geht nicht mehr, und euer Geist ist schwach.
Das ist falsch. Nur Barbaren und wilde Tiere geben auf, wir aber halten durch.
Glaubt ihr etwa, ihr seid schon fertig? Tun euch die Arme weh? Ich sage euch, ihr werdet in dieser Stunde eure Steine noch ein weiteres Dutzend Mal anheben, und ihr werdet sie oben halten. Wenn der Stein auch nur ein einziges Mal mehr als eine Handbreit sinkt, kommt ein weiteres Dutzend Male dazu.«
Ein Sklavenmädchen wusch den Staub von einer Wand an der anderen Hofseite. Sie sah die Jungen nie an, obwohl sie bei den gebellten Befehlen des alten Gladiators gelegentlich zusammenzuckte. Gaius bemerkte, dass auch sie erschöpft wirkte, doch mit ihren langen, dunklen Haaren und in dem losen Sklavenkittel sah sie sehr hübsch aus. Sie hatte ein fein gezeichnetes Gesicht mit großen, dunklen Augen, und weil sie sich ganz auf ihre Arbeit konzentrierte, war ihr voller Mund zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Er meinte sich zu erinnern, dass ihr Name Alexandria war.
Während Renius redete, bückte sie sich tief hinunter, um den Lappen im Eimer auszuwaschen. Als sie das Tuch ins Wasser tunkte, hing ihr loses Kleid weit herab und Gaius konnte die zarte Haut am Hals sehen, bis hinunter zu den sanften Rundungen ihrer Brüste. Er glaubte sogar die Haut am Bauch zu erblicken und stellte sich vor, wie ihre Brustwarzen sanft das raue Tuch streiften, wenn sie sich bewegte.
In diesem Moment war Renius trotz der Schmerzen in seinen Armen völlig vergessen.
Der alte Mann verstummte abrupt und fuhr auf dem Absatz herum, um zu sehen, was die Jungen von ihrer Lektion ablenkte. Als er die Sklavin sah, knurrte er wütend, überquerte mit drei schnellen Schritten den Hof und packte sie grob am Arm. Das Mädchen schrie auf, und Renius’ Stimme erhob sich zu wütendem Gebrüll.
»Ich bringe diesen Kindern hier gerade etwas Wichtiges bei, das ihnen einmal das Leben retten wird, und du stellst vor ihnen wie eine billige Hure deine Titten zur Schau!«
Das Mädchen duckte sich ängstlich unter seinem Zorn und versuchte, so weit wie möglich vor ihm zurückzuweichen, obwohl er ihr Handgelenk fest umklammert hielt.
»Ich …«, stammelte sie wie betäubt, doch Renius fluchte und packte sie an den Haaren. Sie wimmerte vor Schmerz, und er riss sie herum, sodass sie den Jungen direkt gegenüberstand.
»Es ist mir völlig gleichgültig, ob Tausend solcher Weibsbilder hier hinter mir stehen. Ich bringe euch bei, wie man sich konzentriert!«
Er holte mit dem Fuß aus und fegte dem Mädchen mit einer brutalen Bewegung die Beine unter dem Körper weg. Sie fiel zu Boden, doch Renius hielt sie noch immer am Haar fest. Mit der anderen Hand hob er die Peitsche und ließ sie im Takt zu seinen Worten auf sie niedersausen.
»Du lenkst diese Jungen nicht ab , wenn ich sie unterrichte .«
Als Renius endlich von ihr abließ, weinte das Mädchen. Sie kroch ein paar Meter über den Boden, kam dann geduckt hoch und rannte schluchzend vom Hof.
Marcus und Gaius sahen Renius, der sich wieder zu ihnen umdrehte, fassungslos an. Sein Gesicht war zu einer mörderischen Fratze verzogen.
»Klappt die Mäuler wieder zu, Jungs. Das hier war nie als Spiel gedacht. Ich mache euch so hart und so ausdauernd, dass ihr der Republik dienen könnt, wenn ich einmal nicht mehr bin. Ich dulde keine Schwäche, egal welcher Art. Und jetzt hebt die Steine wieder auf und
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