Imperator 01 - Die Tore von Rom
seiner Kehle vorbei.
Sie schüttelte den Kopf. »Auf mich wartet Arbeit. Ich sollte schon wieder in der Küche sein.«
Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sie sich aus der Hocke und verließ die Box, als wolle sie einfach so ohne ein weiteres Wort gehen. Dann blieb sie stehen und sah ihn an.
»Danke, dass du gekommen bist, um mich zu suchen«, sagte sie und trat hinaus ins Sonnenlicht.
Gaius sah ihr nach. Er fragte sich, ob ihr wohl klar war, dass er noch nie ein Mädchen geküsst hatte. Noch immer konnte er den leichten Druck auf seinen Lippen spüren, als hätte sie ihn gebrandmarkt. Sie hatte es doch wohl nicht wirklich schrecklich gefunden? Ihm fiel auf, wie steif sie sich jetzt wieder hielt, als sie den Stall verließ. Sie war wie ein Vogel mit einem gebrochenen Flügel, aber mit der Zeit, in anderer Umgebung und in der Gesellschaft von Freunden, würde sie wieder gesund werden. Genau wie er, wurde ihm klar.
Marcus und Tubruk lachten gerade über eine Bemerkung Caberas, als Gaius in das Zimmer trat. Bei seinem Anblick verstummten sie alle.
»Ich bin gekommen … um euch zu danken. Für das, was ihr auf der Mauer getan habt«, fing Gaius an.
Marcus unterbrach ihn, ging auf ihn zu und ergriff seine Hand. »Du brauchst mir nie für etwas zu danken. Ich schulde deinem Vater mehr, als ich jemals zurückzahlen könnte. Ich habe mit Bedauern gehört, dass er am Ende gefallen ist.«
»Wir haben es überstanden. Meine Mutter lebt, ich lebe. Er würde es wieder tun, wenn er die Wahl hätte, das weiß ich. Du bist verwundet worden?«
»Kurz bevor es vorbei war. Aber nichts Ernstes. Ich war unverwundbar. Cabera sagt, aus mir wird mal ein großer Kämpfer.« Marcus grinste.
»Natürlich nur, falls er sich nicht vorher umbringen lässt. Das würde seine Karriere ein wenig behindern«, murmelte Cabera vor sich hin, während er sich damit beschäftigte, Wachs auf das Holz seines Bogens aufzutragen.
»Wie geht es Renius?«, erkundigte sich Gaius.
Beide schienen bei der Frage einen Augenblick zu zögern. Marcus wich seinem Blick aus. Irgendetwas stimmt hier nicht , dachte Gaius.
»Er wird überleben, aber es wird lange dauern, bis er wieder in Form ist«, sagte Marcus. »In seinem Alter würde eine Infektion sein Ende bedeuten, aber Cabera meint, er schafft es.«
»Er schafft es«, bestätigte Cabera.
Gaius seufzte und setzte sich. »Und was passiert jetzt? Ich bin zu jung, um den Platz meines Vaters einzunehmen, seine Interessen in Rom zu vertreten. Um ehrlich zu sein, wäre ich nicht damit zufrieden, nur das Gut zu leiten, aber ich hatte nie Zeit, seine restlichen Angelegenheiten kennen zu lernen. Ich weiß nicht, wer sich um sein Vermögen gekümmert hat, oder wo die Besitzurkunden für das Land sind.« Er wendete sich an Tubruk. »Ich weiß, dass du über einiges informiert bist und würde dir das Kapital anvertrauen, bis ich älter bin, aber was soll ich jetzt machen? Weiterhin Lehrer für mich und Marcus anstellen? Das Leben kommt mir plötzlich unbestimmt vor, zum ersten Mal ohne Richtung.«
Cabera hörte bei diesem Ausbruch mit dem Polieren auf.
»Jeder hat einmal dieses Gefühl. Glaubst du etwa, ich habe mir, als ich ein kleiner Junge war, vorgenommen, eines Tages hier zu landen? Das Leben hat nun mal die Angewohnheit, plötzlich unerwartete Wendungen zu nehmen. Ich würde es gar nicht anders haben wollen, so schmerzhaft es auch sein mag. Zu viel von der Zukunft ist schon festgelegt, da ist es gut, wenn wir nicht jede Einzelheit kennen, sonst wäre das Leben nichts anderes als eine graue, langweilige Spielart des Todes.«
»Du musst eben schnell lernen, das ist alles«, fuhr Marcus fort. Sein Gesicht strahlte vor Begeisterung.
»Bei dem augenblicklichen Zustand Roms? Wer soll mir da etwas beibringen? Wir leben nicht in Frieden und Wohlstand, wo man über meinen Mangel an politischen Fähigkeiten hinwegsehen könnte. Mein Vater hat das immer sehr deutlich gemacht. Er hat gesagt, Rom sei voller Wölfe.«
Tubruk nickte finster. »Ich werde tun, was ich kann, aber schon jetzt werden einige ein Auge auf die Güter geworfen haben, weil sie geschwächt wurden und vielleicht billig aufgekauft werden können. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, ohne Schutz zu sein.«
»Aber ich weiß nicht genug, um uns zu beschützen!«, fuhr Gaius fort. »Der Senat könnte mir alles wegnehmen, was ich besitze, wenn ich zum Beispiel keine Steuern bezahle, aber wie bezahle ich sie? Wo ist das Geld, wo nehme ich es
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