Imperator 02 - König der Sklaven
abgesehen hatten. Sie kamen ihm vor wie ein Rudel kleiner Hunde, das den großen römischen Wolf besiegte. Er zitterte, als er sah, wie die Ruder des zweiten Dreideckers auf einer Seite eingezogen wurden und der Feind auf sein geliebtes Schiff zudrehte. Unter Deck hörte man immer noch die Schreie der Sklaven. Sie brüllten in einem angstvollen Chor, der an seinen Nerven zerrte.
Julius, der gerade einem Mann sein Schwert über das Gesicht zog, bekam einen schweren Schlag auf seine Rüstung. Er stöhnte auf, und noch ehe er wusste, woher der Angriff kam, trat schon ein bärtiger Riese vor ihn hin. Angesichts der gewaltigen Größe und der breiten Schultern des Kriegers, der einen schweren, mit Blut und Haaren verklebten Schmiedehammer in den Pranken hielt, wurde ihm ein wenig mulmig. Der Mann hatte die Zähne gefletscht und grölte, als er seine Waffe über den Kopf schwang und zum Schlag ausholte. Julius wich zurück und hob unwillkürlich den Arm, um den Schlag abzuwehren. Er spürte, wie der Hammer Knochen seines Handgelenks zerschmetterte und schrie vor Schmerz laut auf.
Cabera sprang mit einem Satz zwischen sie und rammte dem Mann seinen Dolch in den Hals. Doch der Krieger brüllte lediglich auf und hob erneut den Hammer, um den gebrechlichen Heiler niederzuschlagen. Julius versuchte die rasenden Schmerzen der aneinander reibenden Knochen zu ignorieren und tastete mit der linken Hand nach seinem eigenen Dolch. Ihm wurde schwindelig und plötzlich fühlte er sich völlig unbeteiligt. Obwohl dem bärtigen Riesen das Blut aus der Halswunde sprudelte, war er noch lange nicht unschädlich gemacht.
Die bullige Gestalt wankte aufrecht vorwärts und schwang in blindem Schmerz erneut den Hammer. Die Waffe traf Julius’ Kopf, und er brach zusammen. Blut rann ihm langsam aus Nase und Ohren, während der Kampf um ihn herum weitertobte.
5
Brutus sah sich nach ihren Verfolgern um und atmete tief die frische Bergluft ein. Unter ihnen lag Griechenland ausgebreitet da. Der Duft der winzigen violetten Blüten, die auf den sanften Hügeln blühten, lag im Wind. Es schien unpassend, hier über Tod und Rache nachzusinnen. Trotzdem folgte ihnen ein Trupp Reiter mit mindestens einem guten Fährtenleser, genau wie Renius es vorausgesagt hatte. Obwohl sie etliche Male versucht hatten, ihre Verfolger abzuschütteln, waren sie ihnen seit fünf Tagen beharrlich auf den Fersen.
Renius saß auf einem bemoosten Felsen neben ihm und rieb sich wie jeden Morgen den vernarbten Armstumpf mit Fett ein. Jedes Mal, wenn er das sah, hatte Brutus ein schlechtes Gewissen. Es erinnerte ihn an den Kampf, damals im Hof von Julius’ Landgut. Er glaubte beinahe, sich sogar an den Schlag zu erinnern, der die Nerven des Armes durchtrennt hatte, doch es hatte keinen Sinn, sich das nach so langer Zeit immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Der Stumpf hatte mit der Zeit eine rosafarbene Hornhaut gebildet, doch es entstanden trotzdem hin und wieder offene Stellen, die gesalbt werden mussten. Renius empfand es immer als Wohltat, wenn er die lederne Schutzkappe abnehmen konnte und Luft an die Haut kam. Andererseits hasste er die neugierigen Blicke, die das nach sich zog, und stülpte, wenn irgend möglich, die Kappe sofort wieder über den Stumpf.
»Sie kommen näher«, sagte Brutus. Er musste dies nicht weiter ausführen, denn seit sie die fünf Männer zum ersten Mal bemerkt hatten, waren sie stets in ihren Gedanken gewesen.
Die sonnengeschmiedete Schönheit der Berge verbarg die Kargheit des Bodens, der nur wenige Bauern anzog. Das einzige Lebenszeichen waren die kleinen Gestalten der Verfolger, die langsam den Hang heraufkamen. Brutus wusste, dass sie ihren Vorsprung vor den Pferden nicht mehr sehr lange halten würden. Sobald sie die Ebene erreicht hatten, würden die Römer gestellt und getötet werden. Sie waren beide schon ziemlich erschöpft und hatten die letzten Reste Dörrobst und Trockenfleisch am Morgen verzehrt.
Er betrachtete die zähe Vegetation, die auf dem zerklüfteten Fels ums Überleben kämpfte, und fragte sich, ob einige dieser Pflanzen essbar waren. Er hatte von Soldaten gehört, die Grillen gegessen hatten, die sich überall auf den Grasbüscheln tummelten. Doch das lohnte sich wohl nicht, weil man sie nur einzeln fangen konnte. Ohne Verpflegung konnten sie keinen Tag mehr weitergehen, und auch ihre Wasserschläuche waren nicht einmal mehr halb voll. Brutus hatte immer noch einige Goldstücke in seinem Gürtel, aber die
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