Imperator 02 - König der Sklaven
Ihre Nachfolger jedoch hatten gar keine Wahl mehr gehabt.
Er sah hinüber zu Varros Söhnen und seufzte. Dieselben ausgeschiedenen Legionäre hatten Kinder, die Rom noch nie zu Gesicht bekommen hatten und sich den Piraten anschlossen, wenn sie kamen. Er betrachtete die dunkle Haut der beiden. Auch ihre Gesichtszüge waren eine Mischung aus Afrika und Rom. Wie viele von dieser Sorte gab es hier wohl, die nichts mehr von der Treue ihrer Vorväter wussten? Sie konnten genauso wenig wie er einfach nur Bauern bleiben, wenn die Welt da draußen nur auf sie zu warten schien.
Varro rieb sich nachdenklich den Nacken, beobachtete Julius und versuchte, seine Gedanken zu erraten. Sein Mut sank noch tiefer, als er sah, wie der seltsame Blick der blauen Augen auf seinen Söhnen zu ruhen kam. Er hatte Angst um sie, denn selbst jetzt spürte er den unbändigen inneren Groll des jungen Offiziers.
»Uns ist nichts anderes übrig geblieben«, sagte er. »Celsus hätte uns alle getötet.«
»Du hättest Nachricht nach Rom senden und dem Senat die Piraten melden sollen«, erwiderte Julius abwesend.
Varro hätte fast gelacht. »Glaubst du denn, die Republik kümmert es, was mit uns geschieht? Sie lässt uns an ihre Träume glauben, solange wir noch jung und stark genug sind, um für sie zu kämpfen. Aber sobald Kraft und Jugend verflogen sind, vergisst sie uns und fängt an, die nächste Generation von Narren auf ihre Seite zu ziehen. Dabei wird der Senat durch die Ländereien, die wir für ihn erobert haben, immer reicher und fetter. Wir waren auf uns allein gestellt, und ich habe getan, was ich tun musste.«
In seinem Zornesausbruch lag viel Wahrheit. Julius sah ihn an und bemerkte, dass er sich aufrechter hielt.
»Korruption kann man ausbrennen«, sagte er. »Seit Sulla an der Macht ist, stirbt der Senat.«
Varro schüttelte langsam den Kopf.
»Die Republik lag schon im Sterben, lange bevor Sulla kam, mein Junge. Du bist nur zu jung, um das zu erkennen.«
Varro ließ sich wieder auf seinen Sitz zurückfallen, rieb sich aber noch immer den Hals. Als Julius seinen Blick von Varro löste und sich umsah, schauten ihn alle Offiziere der Accipiter an und warteten geduldig.
»Was jetzt, Julius?«, fragte Pelitas ruhig. »Was tun wir als Nächstes?«
»Wir suchen zusammen, was wir brauchen und gehen zum nächsten Dorf, und danach zum übernächsten. Dafür, dass sie die Piraten in ihrer Mitte aufgenommen haben, sind uns diese Leute einiges schuldig. Ich zweifle nicht daran, dass es noch viele wie ihn gibt«, sagte er und deutete dabei auf Varro.
»Du glaubst, du kannst einfach so weitermachen?«, fragte Suetonius; er war entsetzt darüber, was hier vor sich ging.
»Natürlich. Nur dass wir beim nächsten Mal Schwerter und anständige Kleidung haben werden. Dann wird es nicht mehr so schwer sein.«
10
Schwungvoll hieb Tubruk die Axt genau in die Kerbe in der sterbenden Eiche. Ein Splitter gesunden Holzes sprang unter dem Schlag weg, doch die dürren Äste zeigten, dass es höchste Zeit war, den alten Baum zu fällen. Es würde nicht mehr sehr lange dauern, bis er zum Kernholz vordrang, und er war sicher, dass dort bereits alles morsch war. Er arbeitete schon über eine Stunde, und der Schweiß klebte die leinenen Bracae an die Beine. Als er zu schwitzen anfing, hatte er die Tunika ausgezogen, und trotz der leichten Brise, die durch das Wäldchen wehte, hatte er sie bis jetzt noch nicht wieder angelegt. Der trocknende Schweiß kühlte ihn ab, Ruhe und Frieden erfüllten ihn. Es war schwer genug, jetzt, nachdem das Lösegeld gezahlt worden war, nicht ständig an die Probleme der Verwaltung des Gutes zu denken. Aber er schob die Gedanken erst einmal beiseite und konzentrierte sich auf das Ausholen und Zuschlagen mit der schweren Eisenaxt.
Keuchend hielt er einen Moment inne und stützte die Hände auf den langen Schaft der Axt. Früher hatte er den ganzen Tag Bäume fällen können, aber jetzt hatten selbst die Haare auf seiner Brust die Farbe eisigen Wintergraus angenommen. Vielleicht war es töricht, sich selbst so anzutreiben, andererseits holte das Alter diejenigen am schnellsten ein, die sich hinsetzten und darauf warteten. Außerdem blieb durch die körperliche Betätigung wenigstens sein Bauch flach.
»Früher bin ich immer auf diesen Baum hinaufgeklettert«, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Die Stille des Waldes war mit einem Mal dahin, und Tubruk schreckte auf. Mit der Axt in der Hand drehte er sich rasch
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