Imperator 02 - König der Sklaven
überrascht hatte, als er ihn in seinen Plan, Sulla zu töten, eingeweiht hatte. Er hatte Fercus nicht erst lange überzeugen müssen.
»… Tubruk?«, unterbrach Brutus seine Gedanken und sah ihn neugierig an.
»Es tut mir Leid. Ich habe gerade an früher gedacht. Man sagt zwar, die Republik sei wieder auferstanden und Rom endlich wieder eine Stadt mit Gesetzen, aber das stimmt nicht. Sie zerfleischen sich gegenseitig, um sich Sullas Nachfolge streitig zu machen. Erst kürzlich sind zwei Senatoren wegen Hochverrat hingerichtet worden, und das allein auf Grund der Aussage ihrer Beschuldiger. Sie bestechen und stehlen und schenken dem Pöbel Getreide, der dann satt und zufrieden nach Hause geht. Es ist eine seltsame Stadt geworden, Marcus.«
Brutus legte Tubruk die Hand auf die Schulter.
»Ich wusste nicht, dass dir das so wichtig ist«, sagte er.
»Es war mir schon immer wichtig, aber als ich noch jünger war, bin ich eben gutgläubiger gewesen. Ich dachte immer, Männer wie Sulla und, ja, auch Marius, könnten dieser Stadt nicht schaden. Aber sie können es doch. Und wie! Wusstest du, dass das kostenlos verteilte Getreide die Kleinbauern ruiniert? Sie werden ihre Ernte nicht mehr los. Also müssen sie ihren Grund und Boden verkaufen, der den ohnehin schon übermäßigen Besitztümern der Senatoren einverleibt wird. Zum Schluss enden diese Bauern dann auf den Straßen der Stadt und werden mit ebenjenem Getreide beschenkt, das sie in den Ruin getrieben hat.«
»Mit der Zeit werden auch wieder bessere Männer im Senat das Sagen haben. Männer, die einer neuen Generation angehören. Männer wie Julius.«
Tubruks Miene hellte sich ein wenig auf, aber Brutus war noch immer schockiert von der abgrundtiefen Bitterkeit und Trauer, die er in Tubruks Gesicht gesehen hatte. Der Verwalter war den beiden Jungen zeitlebens ein Vorbild an Selbstsicherheit und Bestimmtheit gewesen, und jetzt rang Brutus nach den richtigen Worten.
»Wir werden ein Rom aufbauen, auf das du stolz sein kannst«, sagte er heiser.
Tubruk streckte die Hand aus und ergriff den Arm, den Brutus ihm entgegenstreckte.
»Ach, wenn man noch einmal jung sein könnte«, sagte er lächelnd. »Aber jetzt komm erst mal nach Hause. Aurelia wird sich freuen, wenn sie sieht, wie groß und stark du geworden bist.«
»Tubruk, ich …«, begann Brutus zögernd. »Ich kann nicht sehr lange bleiben. Ich habe auch genug Geld, um eine Unterkunft in der Stadt zu mieten.«
Tubruk sah ihn an und nickte verständnisvoll. »Aber das hier ist dein Zuhause, und das wird es immer bleiben. Bleib, so lange du willst.«
Dann schwiegen sie beide wieder lange, während sie auf die Gebäude des Gutes zustrebten.
»Ich danke dir«, meldete sich Brutus wieder zu Wort. »Ich war mir nicht sicher, ob du vielleicht erwartest, dass ich mich jetzt selbst um mich kümmere. Was ich durchaus kann, glaub mir.«
»Ich weiß, Marcus«, sagte Tubruk und lächelte ihn an. Dann rief er laut, damit man ihnen das Tor öffnete.
Der junge Mann fühlte eine Last von sich fallen. »Man nennt mich jetzt Brutus.«
Tubruk streckte die Hand aus, und Brutus ergriff sie nach Art der Legionäre.
»Willkommen zu Hause, Brutus«, sagte er.
Während das Wasser für ein Bad heiß gemacht wurde, führte Tubruk Brutus in die Küche, wo er Brot und Fleisch für ihn aufschnitt. Nach der Arbeit mit der Axt hatte er selbst gewaltigen Hunger, und so saßen sie zusammen, aßen und unterhielten sich wie gute alte Freunde.
Julius betrachtete die sechs neuen Rekruten und hatte das Gefühl, in der Hitze bei lebendigem Leib gegart zu werden. Unter der afrikanischen Sonne konnte man die Rüstung kaum anfassen. Überall dort, wo das Metall die Haut berührte, stand er Todesqualen aus, bis er sich so drehen konnte, dass kein direkter Kontakt mehr bestand.
Aber nichts davon zeigte sich in seinem Gesicht, obwohl angesichts der Männer, die er gefunden hatte, bereits die ersten Zweifel an seiner Konzentration nagten. Sie waren zwar gesund und stark, aber keiner von ihnen war als Soldat ausgebildet worden. Um seinen Plan in die Tat umsetzen zu können, brauchte er mindestens fünfzig Mann. Und allmählich glaubte er daran, dass er sie auch finden würde. Das Problem lag vielmehr darin, dass sie seine Befehle mit der gleichen Disziplin hinnehmen mussten, wie sie für die Offiziere der Accipiter selbstverständlich war. Irgendwie musste er ihnen die simple Tatsache begreiflich machen, dass sie ohne diese Disziplin verloren
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