Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
seinen Beratungen beteiligt hatte.
Falls die anderen sich über den schnellen Aufstieg des neuen Mannes ärgerten, ließen sie es sich nicht anmerken. Marcus Antonius war schon seit vier Jahren in der Provinz und konnte ein detailliertes Bild des Netzes von Bündnissen und Fehden zeichnen, das ein großes Hindernis für den Handel darstellte und eine effiziente Verwaltung unmöglich machte.
»Es ist eigentlich weniger eine Völkerwanderung als ein Eroberungsfeldzug, Herr«, sagte Marcus Antonius. »Alle kleineren Stämme werden ihre Frauen verlieren, ihre Getreidevorräte, einfach alles.« Er hatte große Ehrfurcht vor dem Mann, den Rom gesandt hatte, aber ihm war aufgetragen worden, offen zu reden, und er genoss den neuen Status, den er dadurch erworben hatte, vor allem bei seinen eigenen Männern.
»Dann lassen sie sich wohl nicht zur Umkehr bewegen?«, fragte Julius und beobachtete dabei die Massen am anderen Ufer.
Marcus Antonius blickte von der Brustwehr zu den Legionen hinab, die dort in voller Schlachtordnung aufgestellt waren. Ein angenehmer Schauer lief ihm über den Rücken bei dem Gedanken an die Stärke, die diese Quadrate darstellten. Neben den 10.000 Mann, die Julius mitgebracht hatte, waren drei weitere Legionen aus Norditalien herbeigerufen worden. Die Tatsache, dass er lediglich Reiter mit seinen Befehlen aussenden musste, die dann mit 15.000 Soldaten im Gewaltmarsch über die Alpen zurückkehren würden, zeigte besser als alles andere die neue Macht, die Julius verliehen worden war.
»Wenn sie umkehren, werden sie im Winter alle verhungern, Herr. Meine Kundschafter haben von 400 Dörfern berichtet, die in Flammen aufgegangen sind, mit ihrem gesamten Wintergetreide. Sie wissen, dass sie nicht umkehren können, und werden deshalb umso entschlossener kämpfen.«
Brutus erreichte hinter ihnen die Plattform und ließ Cabera von seinem Rücken gleiten, damit er sich mit seinem gesunden Arm an der hölzernen Brüstung festhalten und das Geschehen beobachten konnte. Brutus salutierte, als er auf Julius zutrat, wobei er vor dem Neuling mehr als sonst auf den Anschein von Disziplin achtete. Er mochte Marcus Antonius nicht besonders. Irgendetwas an der Art und Weise, wie er mit Julius’ Zielen und Ambitionen so vollkommen übereinstimmte, kam Brutus seltsam vor, aber er hatte nichts gesagt, weil er nicht eifersüchtig erscheinen wollte. Dabei verspürte er gerade jetzt einen Anflug von Eifersucht, als er die beiden Männer sich wie alte Freunde unterhalten sah, während sie die Armee der Helvetier am anderen Ufer beobachteten. Brutus zog eine finstere Miene, als Marcus Antonius eine witzige Bemerkung über die riesige Streitmacht von sich gab. Er und Julius schienen sich gegenseitig bei der Demonstration ihrer Gelassenheit übertreffen zu wollen.
Dass Marcus Antonius ein so kräftiger, herzlicher Mann von der Sorte war, die Julius zum Lachen bringen konnte, machte es nicht einfacher. Brutus wusste, wie sehr Julius das schallende Gelächter und den Mut von Männern vom Schlage seines Onkels Marius schätzte, und Marcus Antonius entsprach diesem Bild, als hätte er Marius persönlich gekannt. Er war einen Kopf größer als Julius, und seine Nase verkündete der ganzen Welt, dass er von altem römischen Blut war. Sie beherrschte sein Gesicht unter den dichten Augenbrauen, und wenn er nicht gerade lachte, wirkte er auf natürliche Art ernst und würdevoll. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit erwähnte er seine Familienabstammung, und Marcus Antonius schien sein adliges Blut allein durch die Anzahl der Ahnen, die er aufzählen konnte, beweisen zu wollen.
Sulla hätte diesen Mann ohne Zweifel gemocht, dachte Brutus gereizt. Marcus Antonius war voller Ideen, die jetzt, nach Julius’ Ankunft, in die Tat umgesetzt werden konnten, aber irgendwie hatte er nichts davon alleine zuwege gebracht. Brutus fragte sich, ob diesem edlen Römer wohl klar war, was Julius an seiner Stelle erreicht hätte, auch mit nur einer Legion.
Er schob diese Gedanken beiseite und lehnte sich ebenfalls gegen die Brüstung. Jetzt sah er, wie sich das Boot dem römischen Ufer näherte und die Ruderer ins seichte Wasser sprangen, um es an Land zu ziehen. Sie standen im Schatten der Mauer, die die Römer errichtet hatten, um sie aufzuhalten. Brutus glaubte nicht, dass sie versuchen würden, die römischen Linien zu durchbrechen, trotz ihrer Überzahl.
»Die müssen doch sehen, dass wir jedes Boot mit Speeren und Steinen versenken
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