Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
hinaus und zeigst dich deinen Männern. Diese Ehre gebührt dir.«
Octavian verließ ihn, und Brutus bezog als reglose Gestalt in der Dunkelheit Posten vor dem Zelt.
Brutus hatte Vercingetorix die Kapitulationsforderung noch nicht überbringen lassen, denn er wusste, dass Adàn sich trotz Rüstung und Helm keine Sekunde würde täuschen lassen. Außerdem gebührte diese Ehre Julius allein. Als der Mond aufging, hielt Brutus weiter vor dem Zelt Wache und schickte alle weg, die kamen, um ihre Glückwünsche zu überbringen. Alsbald hatte es sich herumgesprochen, und man ließ ihn in Ruhe.
In der Einsamkeit der schweigenden Dunkelheit weinte Brutus um Renius. Er hatte den Leichnam gesehen und nicht weiter beachtet, als er und Octavian Julius ins Zelt getragen hatten. Es war beinahe so, als hätte ein Teil von ihm jede Einzelheit registriert, damit er sie jetzt, nachdem die Schlacht vorüber war, abrufen konnte. Obwohl er nur einen kurzen Blick auf den alten Gladiator geworfen hatte, sah er jetzt, wenn er die Augen schloss, dessen kalten Leichnam vor sich, als wäre es heller Tag.
Es schien ihm nicht möglich, dass Renius nicht mehr am Leben sein sollte. Der Mann war für Brutus das gewesen, was einem Vater am Nächsten kam, und dass er nicht mehr da war, trieb ihm die Tränen in die Augen.
»Jetzt ruh dich aus, du alter Bastard«, murmelte er vor sich hin, und dabei lachte und weinte er zugleich. So lange zu leben, nur um durch einen Speer ums Leben zu kommen, war obszön, obwohl Brutus wusste, dass Renius diesen Tod ebenso hingenommen hätte, wie er alle anderen Prüfungen seines Lebens hingenommen hatte. Octavian hatte ihm berichtet, wie Renius den Schild über Julius gehalten hatte, und Brutus wusste, dass der alte Gladiator es als angemessenen Preis betrachtet hätte.
Ein Geräusch aus dem Zelt verriet ihm, dass Julius endlich erwacht war. Dann wurde die Zeltklappe aufgeschlagen.
»Brutus?«, fragte Julius und blinzelte in die Dunkelheit.
»Ich bin hier«, antwortete Brutus. »Ich habe deinen Helm genommen und sie hinausgeführt. Sie haben mich für dich gehalten.«
Er spürte Julius’ Hand auf der Schulter, und neue Tränen rannen über sein schmutziges Gesicht.
»Haben wir sie besiegt?«, erkundigte sich Julius.
»Wir haben ihnen das Rückgrat gebrochen. Die Männer warten darauf, dass du von ihrem König die Kapitulation forderst. Es ist das Letzte, was noch zu tun ist, dann sind wir fertig.«
»Renius ist ganz zum Schluss gefallen. Er hat einen Schild über mich gehalten«, sagte Julius.
»Ich weiß. Ich habe ihn gesehen.« Keiner der Männer brauchte mehr zu sagen. Beide hatten ihn gekannt, seit sie kaum mehr als Knaben gewesen waren, und mancher Kummer wird durch Worte nur verwässert.
»Du hast sie angeführt?«, fragte Julius. Obwohl seine Stimme wieder kräftiger wurde, wirkte er immer noch leicht verwirrt. »Nein, Julius. Sie sind dir gefolgt.«
Bei Tagesanbruch schickte Julius einen Boten zu Vercingetorix und wartete auf die Antwort, von der er wusste, dass sie kommen musste. Jeder Mann und jede Frau in Alesia musste von dem Gemetzel von Avaricum gehört haben. Sie mussten Todesangst vor den grimmigen Soldaten haben, die zu ihrer Festung heraufstarrten. Julius hatte angeboten, sie alle zu verschonen, falls sich Vercingetorix bis zum Mittag ergab, aber die Sonne stieg immer weiter am Himmel empor, und aus der Stadt kam keine Antwort.
Marcus Antonius und Octavian waren bei ihm. Sie konnten nichts anderes tun als abwarten, und einer nach dem anderen kamen alle, die von Anfang an mit dabei gewesen waren, herbei und stellten sich neben ihn. Manchmal kam es ihm vor, als machten die fehlenden Gesichter den Preis kaum wett. Bericus, Cabera, Renius und viel zu viele andere. Julius trank den Wein, der ihm gereicht wurde, ohne ihn zu schmecken, und fragte sich, ob Vercingetorix bis zum bitteren Ende kämpfen würde.
Wenn das Töten vorbei war, waren die Legionen nie still. Jeder Mann hatte Freunde, vor denen er sich brüsten konnte, und tatsächlich gab es viele Geschichten von Tapferkeit und Heldenmut zu erzählen. Viele andere konnten beim Morgenappell nicht mehr auf ihren Namen antworten, und die bleichen Toten, die hereingebracht wurden, legten Zeugnis ab von dem Kampf, den sie gemeinsam ausgefochten hatten. Julius hörte einen Schrei des Schmerzes, als ein Soldat einen Leichnam erkannte und weinend neben ihm auf die Knie sank, bis ein paar andere aus seiner Zenturie ihn wegführten, um dafür
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