Imperator 04 - Die Götter des Krieges
nur an der Kälte lag.
Julius lag flach auf dem harten Boden und spürte, wie die Kälte in ihn hineinkroch. Mehr von der Dunkelheit als vom Unterholz verdeckt, beobachtete er seit einer ganzen Stunde die Bauarbeiten und nahm jede Einzelheit der Männer zur Kenntnis, die an Pompeius’ Mauern und Forts arbeiteten.
Die Soldaten, die Holz und Steine heranschleppten, hatten ihre Waffen immer griffbereit. Nur die Tatsache, dass meilenweit keine Wachen zu sehen waren, verriet, wie sicher sie sich fühlten. Julius biss sich auf die Unterlippe und überlegte, ob das wohl bedeutete, dass sich eine größere Streitmacht in Hörweite ihrer Hörner befand. Er konnte sich dessen nicht sicher sein, ohne Pompeius’ Verteidigungslinie überschritten zu haben, und der Plan war bereits festgelegt. Domitius hatte zweitausend Mann der Dritten Legion in einem großen Bogen nach Norden geführt. Sobald Julius brennende Pfeile in die Luft schießen ließ, würden sie beide Seiten des Lagers gleichzeitig angreifen. Wenn die Götter ihnen gewogen waren, würde das Ganze auf ein rasches Zerstörungswerk hinauslaufen.
Mit einem Mal fragte sich Julius, ob Brutus sich dort bei den Feinden aufhielt und vielleicht genau so einen Angriff vorausahnte. Sie hatten solche nächtlichen Aktionen bereits in Gallien ausgeführt. Würde er Pompeius warnen? Julius schüttelte den Kopf und ärgerte sich über sich selbst, weil er seine Gedanken schweifen ließ. Er hatte das schon bei anderen gesehen, wenn sich Voraussicht plötzlich in Unentschlossenheit verwandelte. Vor Kälte biss er die Zähne fest zusammen und konzentrierte sich darauf, nur das zu sehen, was tatsächlich vor ihm lag.
Die Wachtposten schienen in der pechschwarzen Dunkelheit zwischen den Lampen zu verschwinden, die die Umrisse des Lagers erhellten. Auch der Verteidigungswall war mit Laternen bestückt, sodass sich eine glitzernde Linie in Richtung Dyrrhachium erstreckte.
Er schaute zum Himmel, dorthin, wo die Venus aufgegangen war. Er hatte Domitius genug Zeit gegeben, seine Position zu erreichen. Langsam zog Julius sein Schwert aus der Scheide, und gleich darauf hörte er das leise Klirren, mit dem die Soldaten der Dritten Legion seinem Beispiel folgten. Doch nicht das leiseste Gemurmel störte die Stille der Nacht. Er hatte sie unter anderem auch deswegen ausgewählt, weil sie Brutus’ Legion gewesen waren. Er wusste, dass sie mehr als jede andere Gruppe gegen den Feind eingesetzt werden mussten, denn nach dem Verrat ihres Generals hatten sie Demütigungen und Spott über sich ergehen lassen müssen, und sie brannten immer noch vor Scham. Diese Nacht würde viel dazu beitragen, ihr Selbstvertrauen wiederherzustellen.
»Gebt den Befehl an die Bogenschützen weiter«, flüsterte Julius und blieb dabei so nah am Boden, dass er die dunkle Erde riechen konnte. Er hatte eine ganze Hundertschaft herangeführt, um das Lager anzugreifen, und wenn die Feuerpfeile erst geflogen waren, würden sie in den Reihen des Feindes verheerenden Schaden anrichten.
Julius zuckte zusammen, als ihre Feuersteine Funken schlugen. Zwar verdeckten ihre Körper die Flammen, doch er sorgte sich dennoch, eine aufmerksame Wache könne das Licht erspähen und Alarm schlagen. Erleichtert atmete er auf, als die Flammen endlich brannten und schnell die Reihe hindurch weitergegeben wurden, bis schließlich hundert Pfeile brannten.
»Jetzt!«, schrie Julius, und die brennenden Geschosse stiegen hoch in die Luft. Domitius würde sie sehen und zu ihnen stoßen, um das Lager in Schutt und Asche zu legen.
Julius erhob sich. »Mir nach«, sagte er und rannte den Abhang hinunter. Sie folgten ihm.
Domitius kroch durch die Dunkelheit und hielt hier und da nur kurz an, um einen Blick auf die Sterne zu werfen, die ihm die Richtung zeigten. Die Route, die er gewählt hatte, führte ihn ins Innere der unfertigen Verteidigungswälle, sodass er das Licht des Feindes nutzen konnte, um sein eigenes Vorankommen zu beurteilen. Im ganzen Umkreis waren keine Wachen zu sehen, und bis jetzt waren seine zweitausend Mann noch nicht entdeckt worden. Er betete zu den Göttern, dass das auch so blieb, weil er wusste, dass Julius nicht alleine angreifen durfte.
Er war sehr stolz auf Julius’ Vertrauen in seine Führungsfähigkeiten, doch es lastete auch schwer auf ihm, während er sich einen Weg durch die stockdunkle Landschaft bahnte. Die körperliche Anstrengung ließ ihm den Schweiß in die Augen rinnen, doch er war wild entschlossen,
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