Imperator 04 - Die Götter des Krieges
an der Schulter berührt wurde und zu seiner neuen Position hinüberging. Sie hatten keinen Einzigen zurückgelassen, und Julius sah Hoffnung in den Gesichtern der Soldaten aufglimmen, als sie langsam begriffen, was vor sich ging. Octavians Blick blieb unnachgiebig.
Julius winkte ihn zu sich herüber. Als er wieder nahe genug war, beugte er sich zu ihm hinüber und flüsterte leise: »Was hast du getan?«
»Ihr Leben gehört jetzt der Zehnten«, erwiderte Octavian. »Bitte. Belass es dabei.«
»Du untergräbst meine Befehlsgewalt«, sagte Julius. »Willst du sie ungeschoren davonkommen lassen?«
»Die Dritte gibt es nicht mehr, Herr. Diese Männer hier gehören wieder dir. Sie werden dir das nicht vergessen, wenn du ihnen die Gelegenheit dazu gibst.«
Julius starrte Octavian an und begriff, wie sehr er sich verändert hatte, seit er ihn als kleinen Jungen kennen gelernt hatte. Der Krieger und General hier vor ihm hatte seine Jugendjahre hinter sich gelassen. Julius erkannte sehr wohl, dass er übertölpelt worden war, aber irgendwie erfüllte es ihn auch mit Stolz, dass sein eigenes Fleisch und Blut das geschafft hatte.
»Dann gehören sie dir, General. Domitius wird die Zehnte anführen.«
Octavian rutschte im Sattel hin und her. »Du ehrst ihn auch noch?«, fragte er schließlich.
Julius nickte. »Es scheint, ich kann dich immer noch überraschen, aber das ist jetzt die einzige Wahl, die mir noch bleibt. Diese ›neue‹ Legion wird für dich als ihren Retter sehr gut kämpfen. Wenn ich Domitius geringere Männer als die Zehnte befehligen lasse, verliert er das Gesicht, und das wiederum beeinträchtigt die Disziplin. Hiermit zeige ich ihm, dass ich ihn nicht persönlich für das Versagen verantwortlich mache.« Julius machte eine Pause und dachte nach. »Das tue ich auch nicht. Ich hätte Verzögerungen einplanen und ein anderes Signalsystem vereinbaren müssen. Dafür ist es jetzt zu spät, aber die Verantwortung für das, was geschehen ist, liegt genauso bei mir wie bei ihm.«
Er sah, wie sich Octavian entspannte, weil sein Plan, die Dritte zu retten, nicht fehlgeschlagen war. Er hatte Julius die Wahl gelassen, ihn selbst und die Zehnte auch noch zu erniedrigen oder aber das Beste aus der Situation zu machen. Und die Gerissenheit seines Planes sprach Julius mehr an als jeden anderen römischen Feldherrn.
»Hast du einen Namen für sie?«, fragte Julius.
Hatte Octavian überhaupt so weit vorausgedacht? Es schien so, denn die Antwort des jungen Mannes ließ nicht lange auf sich warten.
»Sie werden sich die Vierte Griechische Legion nennen.«
»Es gibt schon eine dieses Namens«, erwiderte Julius kalt. »Die, gegen die wir letzte Nacht gekämpft haben. Sie wird von Labienus angeführt.«
»Das weiß ich. Wenn sie das nächste Mal in der Schlacht aufeinander treffen, werden sie umso unerbittlicher kämpfen, um das Recht zu erwerben, ihn zu behalten«, entgegnete Octavian.
Trotz seiner Erfahrung forschte er in Julius’ Gesicht nach Zustimmung. Anstelle einer Antwort schlug ihm Julius anerkennend auf die Schulter.
»Sehr gut«, sagte er, »aber wenn sie jemals wieder davonlaufen, lasse ich sie bis auf den letzten Mann kreuzigen. Und ich werde auch dich bei ihrer Bestrafung nicht aussparen, Octavian. Willst du sie immer noch anführen?«
Octavian zögerte keine Sekunde. »Das will ich, Herr«, sagte er und salutierte. Dann nahm er die Zügel wieder auf, trabte zu den Reihen zurück und ließ Julius allein.
»Meine Zehnte hat euch eine neue Ehre erkauft«, sagte Julius und ließ seine Stimme über sie hinwegschallen. »Wenn sie euren Wert sehen können, dann werde ich ihnen das nicht verweigern. Die Dritte gibt es nicht mehr, und ihr Name wird aus den Senatsrollen gelöscht werden, sobald wir wieder nach Rom zurückgekehrt sind. Ich kann euch eure Geschichte nicht zurückgeben, ich kann euch nur einen neuen Anfang und einen neuen Namen anbieten. Von heute an seid ihr die Vierte Griechische Legion, und ihr kennt diesen Namen schon von den Männern, denen wir letzte Nacht gegenüberstanden. Wir werden ihnen diesen Namen streitig machen, und wenn wir ihnen auf dem Schlachtfeld wieder begegnen, werden wir damit unsere Ehre zurückgewinnen.«
Die Soldaten, denen das Leben zurückgegeben worden war, hoben erlöst die Köpfe. Viele von ihnen zitterten vor Erleichterung, und Julius war zufrieden, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
»General Domitius trifft keine Schuld. Er kommandiert von nun an
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