Imperator 04 - Die Götter des Krieges
nicht einmal weiß, was man ihm gibt. Mit seinem Geschenk an Marcus Antonius hat er mir gezeigt, wie sehr er mich schätzt.«
Bei dem Gedanken daran ballte er die Fäuste.
»Aus mir hätte viel mehr werden können, verstehst du nicht? Wenn er damals in Gallien gefallen wäre, hätte ich um ihn getrauert, aber dann hätte ich seinen Platz eingenommen und wäre meinen eigenen Weg gegangen. Ich hätte das Zeug dazu gehabt, Servilia. Er und ich, wir beide haben etwas im Blut, das in dieser Stadt voller Schwächlinge niemand mehr hat. Jeder von uns beiden hätte sich über alle anderen erheben können und niemand anderen neben sich geduldet, Servilia. Keine Gleichrangigen, keine Herren. Und doch bin ich für ihn nur ein Diener. Er schickt mich, und ich gehe. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich dabei fühle?«
Er strich ihr zärtlich übers Haar, doch sein Blick war kalt und abweisend.
»Ich bin der Beste meiner Generation, Mutter, ich hätte herrschen können. Aber ich hatte das Pech, im selben Rom wie Julius geboren zu werden, und darunter habe ich seit Jahren zu leiden. Ich habe ihm mein Leben gewidmet, und er sieht es einfach nicht.«
Sie machte sich endlich von ihm los und schüttelte den Kopf. »Du bist viel zu stolz, Brutus. Selbst dafür, dass du mein Sohn bist, bist du viel zu stolz. Du bist noch jung. Du kannst Großes vollbringen und ihm trotzdem treu ergeben sein.«
Seine Wangen wurden rot vor Zorn. »Ich bin für mehr geboren als das! In jeder anderen Stadt wäre ich der Herrscher gewesen, verstehst du das denn nicht? Die Tragödie ist, dass ich in seiner Generation geboren wurde.« Er seufzte bekümmert. »Nein, das verstehst du nicht. Ich habe Schlachten gewonnen, die Julius schon längst aufgegeben hatte. Ich habe Männer angeführt, die unter jedem anderen Feldherrn einfach davongelaufen wären. Ich habe ihm sogar Feldherren ausgebildet , Servilia. Es gibt Orte in Gallien, an denen meine silberne Rüstung zur Legende geworden ist. Sag mir nicht, ich sei zu stolz. Du warst nicht dabei!«
Seine Augen funkelten vor unterdrücktem Feuer.
»Warum soll ich wie so viele andere meine besten Jahre einfach für ihn wegwerfen? Renius ist gestorben, um ihn zu retten, und Cabera hat seine Gesundheit geopfert, weil es Julius war, der es verlangte. Tubruk ist umgekommen, um Julius’ Frau zu retten. Das waren gute Männer, einer wie der andere, aber ich werde nicht mit ihnen über den Fluss gehen, nicht für ihn. Ich habe für Julius Gallien erobert, und damit soll es genug sein. Ich habe ihm genug von mir gegeben.« Er lachte bitter auf, und seiner Mutter lief ein Schauer über den Rücken. »Vielleicht sollte ich zu Pompeius überlaufen und ihm meine Dienste anbieten. Ich bezweifle, dass er das, was ich ihm zu bieten habe, zurückweisen würde.«
»Du wirst Julius doch nicht in den Rücken fallen«, rief Servilia mit vor Entsetzen geweiteten Augen. »Nicht einmal deine Arroganz wird sich so weit versteigen.« Einen Moment glaubte sie, er würde sie schlagen.
»Meine Arroganz ? So nennst du das also? Nun, warum nicht, Mutter? Wo sonst in der Welt ruft man noch nach guten römischen Feldherren? Falls Julius kommt und nach mir fragt, solltest du ihm vielleicht ausrichten, er findet mich in Griechenland, auf der anderen Seite. Vielleicht versteht er ja dann, was er an mir verloren hat.«
Er befreite sich aus ihren klammernden Händen und musste bei dem Anblick des Schadens, den die Tränen in ihrem Gesicht angerichtet hatten, lächeln. Sie konnte ihr Alter nicht mehr verbergen, und er fragte sich, ob er sie wohl jemals wieder sehen würde.
»Ja, ich bin dein Sohn, Servilia, und ich habe zu viel Stolz, um ihm noch länger zu folgen.«
Sie blickte auf, sah ihm in die Augen und las darin wilde Entschlossenheit. »Er wird dich töten, Brutus.«
»Hast du so wenig Vertrauen in mich, Servilia? Vielleicht bin ich es ja, der ihn tötet.« Er nickte, als sei er zu einem endgültigen Entschluss gekommen, und küsste ihre Hände, bevor er hinausging.
Kaum war sie allein, brach Servilia auf der Liege zusammen. Ihre Hände zitterten, und sie presste sie fest aneinander, ehe sie nach der kleinen silbernen Glocke griff. Eine Sklavin trat ein und starrte entsetzt auf das zerstörte Werk, die Arbeit eines ganzen Morgens.
»Hol deine Öle und die Schminke, Talia. Wir müssen den Schaden wieder in Ordnung bringen, bevor er kommt.«
Brutus lenkte sein spanisches Pferd durch die Straßen und schlug einen Weg ein, der in
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