Imperator 04 - Die Götter des Krieges
mir.«
»Willst du mir denn nicht sagen, was geschehen ist?«
»Ich habe mit angesehen, wie er Marcus Antonius zum ersten Mann in Rom gemacht hat, und da ist mir alles auf schmerzliche Weise klar geworden. Julius war nie der Mann, für den ich ihn gehalten habe. Niemals. Er hat genauso geschickt mit meiner Loyalität gespielt, wie es alle diese Senatorenhunde tun, bis wir alle für sie schuften und unser Leben für ihre Versprechen und ein bisschen Ansehen hingeben.«
»Aber was spielt es denn für eine Rolle, dass er Marcus Antonius ehrt? Der Mann ist durchaus geeignet dafür, und es gibt doch Dutzende wie ihn, die für Rom arbeiten. Dich braucht Julius. Das habe ich ihn selbst sagen hören.«
Angewidert schüttelte Brutus den Kopf. »Julius braucht niemanden. Nur Leute, die ihm folgen. Ich bin ihm viele Jahre gefolgt, und fast mein ganzes Leben lang bin ich sein Hund gewesen. Das wird jetzt genauso ein Ende haben wie alles andere auch.« Von Erinnerungen und Schmerz gepeinigt, schloss er einen Moment lang die Augen.
Sie hob die Hand, um seine Wange zu streicheln, aber er wich ihr aus, was sie sehr verletzte.
»Hast du schon darüber nachgedacht, was du jetzt tun willst?«, fragte sie mit etwas schärferem Unterton. »Hast du eine Vorstellung davon, wovon du leben willst? Oder will mein Sohn jetzt zum Söldner und Straßenräuber verkommen? Woher bekommst du dein tägliches Brot?«
»Ich bin ein bisschen zu alt, um mir jetzt noch ein anderes Leben aufzubauen, meinst du nicht, Mutter? Ich bin römischer Feldherr und weiß, wie man Soldaten ausbildet. Für Männer wie mich gibt es immer einen Platz. Und ich will so weit gehen, wie ich kann, um Arbeit zu finden, und dort werde ich bleiben. Ich werde für andere Heere aufbauen und werde Rom so lange nicht wieder sehen, bis Julius aus der Stadt verschwunden ist. Dir wäre es vielleicht lieber, wenn ich bliebe und ihm für den Rest meines Lebens die Füße wasche, aber das werde ich auf keinen Fall tun.«
»Du musst mit Julius reden«, sagte sie und sah ihn flehend an. »Nein, lass mich mit ihm sprechen. Du bleibst eine Stunde hier, und ich gehe zu ihm. Er liebt dich doch genauso wie ich, Brutus.«
Er stand auf, und sie erhob sich mit ihm, nicht gewillt, ihn gehen zu lassen.
»Dir wird er am Ende auch wehtun«, sagte Brutus leise. »Und er wird es noch nicht einmal merken.«
Er neigte den Kopf und sah zu, wie Tränen über ihre Wangen rannen und den Puder ruinierten. Als er sich von ihr abwenden wollte, griff sie mit erstaunlicher Kraft nach ihm und rang ihm eine Umarmung ab. Lange Zeit hielt sie ihn einfach wortlos fest, und er spürte ihre nassen Tränen an seinem Hals.
»Du bist doch mein einziger Sohn«, sagte sie schließlich leise. »Hab ich dir jemals gesagt, wie stolz ich auf dich war, als du auf dem Turnierplatz gestanden hast und die Menge aufstand, um dir zuzujubeln? Hab ich dir das jemals gesagt?«
»Ja, das hast du, aber ich habe es auch so gewusst«, murmelte er in ihr Haar. »Wie du da vor den Leuten standest, hast du vor Stolz gestrahlt.«
»Gibt es denn nichts, was ich dir sagen kann? Gibst du mir nicht einmal eine einzige Stunde? So viel ist das doch nicht.«
»Lass es gut sein, Mutter«, sagte er, und sein Gesicht verhärtete sich. »Lass mich gehen.«
»Nein, niemals«, widersprach sie. »Du bist mir viel zu kostbar.«
»Was sind wir doch für Narren, wir beide«, sagte er und legte die Hand auf ihre Wange. Dieses Mal zuckte sie nicht zurück, und er wischte ihr die Tränen weg. »Habe ich dir in meinen Briefen je berichtet, dass ich in einer Schlacht einmal seinen Helm und seinen Umhang getragen habe?«
Sie schüttelte den Kopf, und achselzuckend dachte er daran zurück.
»Die Männer dachten, sie folgen ihm. Sie hatten Hunger und Schmerzen und waren müde, aber sie sind ihm gefolgt, weil sie dachten, er rufe sie zu einem letzten Angriff. Dabei lag er hilflos mit seiner Fallkrankheit danieder und hätte gar nicht kämpfen können. Ich habe sie angeführt, weil ich ihn mehr liebe als jeden anderen Mann, den ich kenne. Er ist mein ganzes Leben lang bei mir gewesen, wir haben zusammen die unglaublichsten Orte gesehen. Wir haben zusammen ganze Länder erobert, und, bei den Göttern, du hättest die Heere sehen sollen, die wir geschlagen haben. Groß genug, um Rom mehr als zweimal mit Menschen zu füllen, und wir sind einfach durch sie hindurchmarschiert.«
»Warum also?«
»Weil ich nicht mein ganzes Leben einem Mann opfern kann, der
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