Imperator 04 - Die Götter des Krieges
wie über einen Feind reden, dachte er bestürzt. Das war unmöglich! Sie hatten zusammen Salz und Lohn bekommen, sie hatten zusammen Blut vergossen und einer des anderen Wunden versorgt. Nach all den schweren Jahren waren sie zu Generälen geworden, und Domitius wurde den Gedanken einfach nicht los, dass Brutus jeden Augenblick mit einer triftigen Erklärung oder einem Scherz auf den Lippen zurückkehren würde, vielleicht sogar mit einer Frau im Arm. Dieser Mann war praktisch wie ein Vater für Octavian. Wie hätte er das jemals um seines törichten Zorns willen wegwerfen können?
Domitius rieb sich mit den schwieligen Händen das Gesicht und starrte zu Boden, während rings um ihn eine heftige Diskussion entbrannte. Erst gestern Morgen waren sie in Rom eingezogen, und schon jetzt war einer von ihnen zum Feind geworden.
Marcus Antonius sprach, während Julius sein Auf-und-ab-Schreiten wieder aufnahm. »Wir könnten das Gerücht verbreiten, Brutus sei einer unserer Spione. Damit sinkt sein Wert für die griechischen Truppen erheblich, denn Pompeius würde ihm wohl kaum vertrauen. Wenn die Nachricht geschickt formuliert ist, weist er ihn vielleicht sogar ganz zurück.«
»Aber wie? Wie in aller Welt sollen wir das anstellen?«, wollte Julius wissen.
Marcus Antonius zuckte die Schultern. »Entsende einen Mann, der sich an der griechischen Küste gefangen nehmen lässt. Gib ihm deinen Ring oder so etwas, um zu zeigen, dass er einer unserer Spione ist. Pompeius wird es ihm unter der Folter entreißen, und dann verliert Brutus seinen Wert für ihn.«
Wütend, aber trotzdem gefasst, dachte Julius einen Moment darüber nach. »Und wen soll ich schicken, damit er sich foltern lässt, Marcus Antonius? Wir reden hier nicht über eine Tracht Prügel. Pompeius würde denjenigen stundenlang bearbeiten lassen, um sicherzugehen, dass er auch wirklich die Wahrheit sagt. Ich habe gesehen, wie er Verräter foltern ließ. Unser Spion würde seine Augen durch glühende Eisen verlieren und damit auch jede Hoffnung, lebend aus dieser Geschichte herauszukommen. Pompeius wird sehr gründlich mit ihm sein, verstehst du? Wenn er mit ihm fertig ist, bleibt nichts von ihm übrig als ein Klumpen rohes Fleisch.«
Marcus Antonius gab darauf keine Antwort, und Julius schnaubte verächtlich. Beim Hin-und-her-Laufen klickten seine Sandalen auf dem marmornen Fußboden, und als er am anderen Ende der Halle angekommen war, blieb er plötzlich stehen und drehte sich um. Er wusste nicht mehr, wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Sein Kopf war leer.
»Aber du hast Recht. Wir müssen den Schlag, den uns Brutus mit seinem Überlaufen versetzt hat, irgendwie abmildern. Wenn Pompeius noch alle fünf Sinne beisammenhat, wird er die Nachricht in alle Himmelsrichtungen herausposaunen. Aber wenn wir Misstrauen säen, möchte Pompeius sich unseren wertvollen General vielleicht schon bald wieder vom Leibe schaffen. Wissen die Männer schon, dass er fort ist?«
»Ein paar bestimmt, auch wenn sie nicht wissen, dass er zu Pompeius überlaufen will«, erwiderte Marcus Antonius. »Das liegt einfach jenseits ihrer Vorstellungskraft.«
»Also wird einer unserer treuesten Männer die schlimmsten Qualen erleiden müssen, nur um diesen Verrat wieder gutzumachen«, sagte Julius grimmig. »Er wird der Erste sein, der auf Brutus’ Schuldenkonto steht. Wen auch immer wir schicken, er darf die volle Wahrheit auf keinen Fall kennen, denn sie brennen sie aus ihm heraus. Wir müssen ihn davon überzeugen, dass Brutus immer noch einer der unseren ist, aber ein raffiniertes Spiel spielt. Vielleicht können wir ihn ja wie zufällig einem Gespräch lauschen lassen, damit er keinen Verdacht schöpft. Wen kann man schicken?«
Die Generäle sahen einander zögernd an. Das Aufstellen von Schlachtreihen zu befehlen war eine Sache, aber das hier war ein schmutziges Geschäft, und jeder im Raum hasste Brutus dafür.
Schließlich räusperte sich Marcus Antonius. »Ich habe einen Mann, der in der Vergangenheit schon oft für mich gearbeitet hat. Wenn wir ihn allein schicken, ist er bestimmt ungeschickt genug, um sich gefangen nehmen zu lassen. Sein Name ist Cäcilius.«
»Hat er Familie und Kinder?«, fragte Julius und biss sich auf die Lippen.
»Das weiß ich nicht«, antwortete Marcus Antonius.
»Falls ja, werde ich ihnen Unterstützung zukommen lassen, sobald er die Stadt verlassen hat«, sagte Julius, doch er spürte, dass sein Gewissen sich damit nicht zufrieden
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