Imperator 04 - Die Götter des Krieges
schlug, fiel ihm Avaricum wieder ein, und wie die Straßen beim anbrechenden Tageslicht ausgesehen hatten. So etwas würde unter seinem Kommando nie wieder vorkommen.
Hätte ein anderer die griechischen Legionen angeführt, hätte Julius fest mit einem Angriff während der Nacht gerechnet. Pompeius’ Offiziere kannten die Stadt sehr gut, und vielleicht gab es noch andere Zugänge, die Julius bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Die Bedrohung war auf jeden Fall groß genug, sodass er seine eigenen Männer aus der Gefahrenzone heraushielt und sie auf den Wällen postierte. Trotz allem glaubte er nicht, dass Pompeius das Leben derer, die ihm in Dyrrhachium teuer waren, riskieren würde. Die waghalsigen Zeiten der Jugend lagen bei ihnen beiden schon lange zurück.
Sein Führer murmelte etwas auf Griechisch und deutete auf ein breites Tor, das in einer Mauer eingelassen war. Von einer Messingkette hing eine Lampe herab, die den Eingang beleuchtete, und Julius kam der verrückte Gedanke, sie sei aufgehängt worden, um ihn zu begrüßen. Er gab ein Zeichen, und zwei Männer traten mit schweren Hämmern vor, um das Schloss aufzubrechen. In den stillen Straßen hallten die Hammerschläge wie eine Glocke, und Julius spürte versteckte Blicke aus den umliegenden Häusern auf sich. Alle möglichen Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er atmete die Nachtluft tief ein und dachte an den Feind draußen vor den Mauern Dyrrhachiums.
Einen Krieg mit Raffinesse und Propaganda zu führen war auf gefährliche Art und Weise berauschend. In seinem Kopf drehte und wendete Julius jedes noch so kleine Detail, das ihm über Pompeius’ Stärken und Schwächen bekannt war, und suchte fieberhaft nach etwas, das er gegen ihn verwenden konnte. Er hatte Männer ausgeschickt, die die Autorität des Diktators in seinem eigenen Lager untergraben sollten, obwohl er sehr wohl gewusst hatte, dass sie getötet werden konnten. Es war ein schmutziger Krieg, den sie da nach Griechenland gebracht hatten, doch inzwischen war er, Julius, schon zu weit gegangen und hatte schon zu viel verloren, als dass er jetzt alles hätte verlieren wollen.
Als das Tor krachend aufs Straßenpflaster fiel, wurde er aus seinen düsteren Gedanken gerissen. Der Lärm hatte das ganze Haus aufgeweckt. Hier und dort wurden Lampen entzündet. Sie wirkten wie ein Funken der Hoffnung für die Bewohner, die aufgeschreckt nach Licht suchten, um den Schrecken zu bannen.
Genau wie er es erwartet hatte, folgte den Hammerschlägen rasch das Geräusch heranmarschierender Füße, und es dauerte nur ein paar Augenblicke, bis die Lücke in der Mauer von grimmig dreinschauenden Soldaten ausgefüllt war. Zuerst sagte Julius kein Wort und schaute interessiert zu, wie sie ihre Schilde nebeneinander hielten, um einen schnellen Einfall zu verhindern.
»Ihr seid spät dran, meine Herren«, sagte er und stieg vom Pferd. »Ich könnte schon längst drin sein, wenn ich nicht auf euch gewartet hätte.«
Hinter ihm auf der Straße standen fünfhundert Mann seiner Zehnten, und er spürte ihre Anspannung wie ein Knistern in der beißend kalten Luft. Ein einziges Wort von ihm genügte, und sie würden die Verteidiger auf der Stelle niedermachen. Er sah dem Zenturio, der das Tor hütete, in die Augen und stellte verdutzt fest, dass dieser keinerlei Anzeichen von Angst zeigte. Der Offizier machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern starrte lediglich zurück. Pompeius hatte eine gute Wahl getroffen.
»Ich bin Konsul von Rom«, sagte Julius und trat einen Schritt vor. »Wagt es nicht, euch mir in den Weg zu stellen.«
Die Männer im Durchgang traten unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, denn die Worte rührten an das, was ihnen von Kindesbeinen an beigebracht worden war. Der Zenturio blinzelte, und Julius sah, wie er die Hand nach einem der Verteidiger ausstreckte, um ihn zu beruhigen.
»Ich habe meine Order direkt von Pompeius, Konsul«, antwortete der Zenturio. »Dieses Haus darf nicht angerührt werden.«
Julius runzelte die Stirn. Es wäre kein guter Anfang für seine neue Politik, wenn er einen anständigen Mann niedermachen ließ, der lediglich seine Pflicht tat. Durch die Einschränkungen, die er sich selbst auferlegt hatte, befand er sich jetzt in einer Sackgasse.
»Erlaubst du mir einzutreten, wenn ich allein und unbewaffnet bin?«, fragte er und trat in die Reichweite der Waffen, die ihm vorgehalten wurden.
Der Zenturio verengte die Augen zu Schlitzen, und Julius hörte, wie die
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