Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Marschreihe. Julius wandte sich im Sattel um und reckte den Hals. In der Ferne schimmerte etwas unter einer tief hängenden Staubwolke, und er schüttelte verzweifelt den Kopf. Ausgerechnet jetzt, wo er eine Rast hatte befehlen wollen, tauchte Pompeius am Horizont auf. Julius wusste nicht, ob er wütend darüber sein sollte, dass der Feind aufgeholt hatte, oder eher dankbar, dass er seinen erschöpften Männern nicht gerade zu diesem gefährlichsten Zeitpunkt eine Pause gegönnt hatte. Er sah auf die wankenden, stolpernden Reihen und wusste, dass sie irgendwie weitermarschieren mussten.
Zwei seiner weit vorausreitenden Extraordinarii kamen zu seiner Position zurückgaloppiert und salutierten, während sie ihre Pferde wendeten.
»Die Stadt ist in Sicht, Herr. Drei Meilen voraus.«
Automatisch sah Julius zur Sonne und dann wieder auf seine Kolonne. Es würde dunkel werden, ehe sie die Stadtmauern erreichten, aber wenigstens war die Nachricht ein Ansporn für die Männer durchzuhalten.
»Da gibt es eine Befestigungslinie vor der Stadt, Herr. Etwa zwei Meilen von hier. Sie sieht bemannt aus.«
Julius fluchte laut. Pompeius hatte seine Zeit offensichtlich gut genutzt. Der Gedanke, eine Verteidigungslinie durchbrechen zu müssen, während Pompeius hinter ihm heranstürmte, war beinahe unerträglich.
»Ich reite mit euch voraus«, sagte er schnell. »Das muss ich mir selbst ansehen.« Er packte die Zügel fester und sah über die Schulter zu Octavian. »Sag den Männern, sie sollen wieder den üblichen Abstand zwischen den Reihen einnehmen. Ich will mich vor dem Feind nicht blamieren. Und gib für die letzten Meilen eine schnellere Marschgeschwindigkeit vor.«
Er sah Octavian zögern, weil er sein Unbehagen über diesen Befehl nicht laut äußern wollte.
»Sie werden mich nicht im Stich lassen, General. Meine Zehnte führt sie hinein.«
Im schwindenden Tageslicht ließ der Anblick von Cäsars Armee die Soldaten, die auf den unvollendeten Wällen vor Dyrrhachium standen, vor Angst erzittern. Mit einem fertigen, zwölf Fuß hohen Wall und ein paar tausend Mann hätten sie vielleicht eine Chance gehabt, die gallischen Legionen aufzuhalten. Aber einige Abschnitte des Walls bestanden aus nicht mehr als ein paar über eine Lücke gelegten Balken, und das würde bei weitem nicht ausreichen.
Auf die Warnrufe von Pompeius’ Offizieren hin rannten die griechischen Arbeiter in die schützende Stadt zurück und ließen ihr Werkzeug überall auf dem Boden verstreut zurück. Die grimmig dreinblickenden Soldaten, die zurückgeblieben waren, nahmen ihre Positionen ein, zogen die Schwerter und wechselten noch ein paar letzte Worte. Sie dachten nicht daran, wegzulaufen, obwohl sie zitternd im eisigen Wind standen und warteten.
»Bleibt auf euren Posten, bis ihr abgelöst werdet«, bellte der älteste Zenturio so laut, dass seine Stimme weit trug. Der Befehl wurde entlang der Verteidigungslinie weitergegeben, und die Wachen hoben die Schilde und machten sich bereit. Sie wussten alle, dass es keine Ablösung geben würde, doch seltsamerweise erfüllten sie diese Worte trotzdem mit ein wenig Hoffnung.
Cäsars Legionen rückten näher und näher, bis man trotz des schwindenden Lichtes schon einzelne Gesichter ausmachen konnte. Beide Seiten brachen in wildes Kampfgeschrei aus, als die gallischen Legionen die letzte Hürde vor Dyrrhachium erreichten und sich ihren Weg hindurchbahnten. Durch die Lücken im Wall quollen Massen von Soldaten, und die Verteidiger wurden niedergemäht; ihre Leichen stürzten zu Boden. Julius’ Zehnte durchbrach den Wall, ohne ihre Geschwindigkeit deutlich zu verlangsamen, und stürmte geradewegs auf die ungeschützte Stadt zu.
15
Langsam ritt Julius durch die dunklen Straßen und kämpfte gegen seine Erschöpfung an. Ein Einheimischer führte sie mit einem Gladius im Rücken, doch trotz allem war es ein beunruhigendes Gefühl, im Straßengewirr einer Stadt herumzuirren, die keiner von ihnen je zuvor gesehen hatte.
Nur der Zehnten war der Zugang ins Innere der Stadt erlaubt. Die anderen sechs Legionen würden von ihr nicht mehr zu sehen bekommen als die Wälle, die sie bemannten. Julius war fest entschlossen, in feindlichem Gebiet die Zügel nicht zu locker zu lassen. Mit Schrecken erinnerte er sich an eine Stadt in Gallien, in der er die Kontrolle über seine Männer verloren hatte. Jedes Mal, wenn sein Herz beim Donner eines Angriffs oder dem Flattern der Fahnen in der steifen Brise schneller
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