Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Soldaten der Zehnten hinter ihm zischend die Luft einsogen. Seiner Legion gefiel es ganz und gar nicht, wenn er sich aus freien Stücken in Gefahr begab, doch im Augenblick sah er keine andere Möglichkeit.
In diesem Augenblick hörte man von dem Grundstück her eine Stimme. »Lasst mich durch!«
Julius erkannte die Stimme und lächelte. Irgendwo außer Sichtweite wurde Protestgemurmel laut.
»Der Mann, den ihr da warten lasst, ist mein Vater! Es ist mir egal, was für Befehle ihr habt, ihr werdet mich zu ihm durchlassen!«
Wieder kam unruhige Bewegung in die Soldaten am Tor, dieses Mal aus tiefster Beschämung. Julius lachte über ihre missliche Lage.
»Ich glaube nicht, dass ihr sie davon abhalten könnt, zu mir herauszukommen, meine Herren! Wollt ihr Hand an Pompeius’ Gemahlin legen? Ich glaube nicht. Meine Tochter geht, wohin sie will.«
Obwohl er alle Soldaten ansprach, blieb sein Blick stets auf den Zenturio gerichtet, denn er wusste, dass die Entscheidung allein bei ihm lag. Schließlich gab der Mann ein paar kurze, barsche Worte von sich, und die Schilde wurden zurückgezogen.
Dort stand Julia mit ihrem Sohn auf dem Arm. Julius atmete tief ein, und zum ersten Mal nahm er den Blütenduft des Gartens wahr, als habe sie ihn mitgebracht.
»Darf ich hereinkommen, Julia?«, fragte er lächelnd.
Julia warf den Soldaten am Tor, die immer noch verlegen dastanden, einen vorwurfsvollen Blick zu. Ihr Gesicht war gerötet, und Julius fand, dass seine Tochter noch nie schöner ausgesehen hatte als jetzt, im Licht der einsamen Laterne.
»Du kannst wegtreten, Zenturio«, sagte sie. »Mein Vater ist bestimmt müde und hungrig. Lauf in die Küche und lass etwas zu essen und Erfrischungen bringen.«
Der Zenturio öffnete den Mund, aber sie sprach weiter, bevor er irgendwelche Einwände erheben konnte.
»Ich will die besten Würste, frisches Brot, heißen Wein aus dem Keller meines Mannes, Käse und ein paar Früchte.«
Der geplagte Soldat sah Vater und Tochter einen Moment an und gab schließlich auf. Mit steifer Würde zog er sich endlich zurück.
»Mein Heim ist das deine, Konsul«, sagte Julia, und das Funkeln in ihren Augen zeigte, dass das Wortgefecht ihr Vergnügen bereitet hatte. »Dein Besuch ist mir eine Ehre.«
»Du bist sehr gastfreundlich, Tochter«, erwiderte er die gespielte Förmlichkeit. »Sag mir, befinden sich die Familien der Senatoren noch in der Stadt?«
»Allerdings.«
Julius drehte sich zu seinen Männern um und sah abermals den nervösen Griechen an, der sie von der Stadtmauer bis hierher geführt hatte. Der Mann schlotterte vor Angst, als Julius ihn von oben bis unten musterte.
»Du führst meine Männer zu den Senatorenfamilien«, sagte Julius. »Es wird ihnen kein Leid geschehen, das schwöre ich.« Der Grieche senkte den Kopf, und Julius wandte sich seinen Männern zu. »Sammelt sie …«
Er unterbrach sich und sah seine Tochter an. »Ich kenne diese Stadt nicht. Gibt es hier ein Senatsgebäude oder eine Versammlungshalle?«
»Der Tempel des Jupiter ist wohl bekannt«, erwiderte Julia.
»Dann dürfte er auch für meine Zwecke geeignet sein«, sagte Julius. »Und denkt daran, meine Herren. Mein Ehrenwort schützt sie. Ich lasse euch für einen einzigen blauen Fleck aufhängen. Verstanden?«
»Jawohl, Herr«, antwortete der Zenturio stellvertretend für alle.
»Schickt Boten zu General Domitius und lasst ihm ausrichten, er soll damit beginnen, die Verpflegung auf unsere Karren zu verladen. Ich möchte morgen früh schnell weiterziehen können.«
Die Soldaten der Zehnten marschierten davon, und das Geräusch ihrer Schritte verklang langsam in den hallenden Straßen.
»Das ist also mein Enkel«, sagte Julius. Der kleine Junge schlief noch halb und regte sich kaum, als Julius ihm sanft die Hand auf den Kopf legte. »Bin ich wirklich willkommen hier, Julia?«, fragte er leise.
»Wie könnte mein Vater nicht willkommen sein?«, fragte sie zurück.
»Weil ich Krieg gegen deinen Gemahl führe und du zwischen uns stehst.«
Sie streckte die Hand aus, um den Mann zu berühren, der ihre gesamte Kindheit und den größten Teil ihres Lebens über abwesend gewesen war. Nie hatte er ihr die normalen Unzulänglichkeiten eines Vaters gezeigt. Sie hatte ihn nie einen Hund schlagen oder betrunken zu Boden fallen sehen, nie hatte sie ihn kleinliche Boshaftigkeiten von sich geben hören. Sie kannte ihn nur als Feldherrn von Gallien und Konsul von Rom. Es stimmte, damals, als er sie Pompeius
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