Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
und ich aus dem Haus traten und dort erst mal stehenblieben und uns ansahen. Er lächelte, aber ich konnte seine Vorfreude auf den gemeinsamen Abend noch nicht so richtig mit ihm teilen.
„Können wir ihn wirklich allein lassen?“ fragte ich zaghaft.
Ben nahm meine Sorgen ernst, denn er dachte eine Weile nach, bevor er nickte.
„Er wirkte nicht mehr so fiebrig und konnte klar denken und sprechen“, setzte er seiner stillen Geste hinzu. „Wenn er noch Angst gehabt und sich richtig schlecht gefühlt hätte, hätte er dich nicht gehen lassen.“
„Meinst du?“
„Ja, da bin ich mir ganz sicher. Und er hat unsere beiden Telefonnummern und kann uns jederzeit anrufen.“
Ich hob verwundert die Brauen. „Deine auch?“
„Er wollte sie vorhin haben, als er mich losgeschickt hat, um nach dir zu suchen“, schmunzelte Ben. „Er wollte ganz sicher gehen, dass er uns erreicht und hat extra gefragt, ob der Akku auch voll ist.“
Ich grinste breit. „Na, hoffentlich bereust du das nicht später einmal. Colin löscht Telefonnummern nie ! Und er ruft zu den abenteuerlichsten Zeiten an.“
„Na dann wird er auch keine Hemmung haben, heute anzurufen, wenn es ihm schlecht geht, oder?“ meinte Ben.
„Wahrscheinlich nicht“, musste ich zugeben und mein schlechtes Gewissen schwand dahin.
„Also, was isst du am liebsten?“ war Bens nächste Frage. „Hast du einen Vorschlag für unser wundervolles Dinner?“
„Einen?“ fragte ich zurück und mit unserem gemeinsamen Herumgealber ließen wir endlich die Sorgen des Tages hinter uns und konnten uns darauf konzentrieren, Tag Vier in London zu einem der unvergesslichen Sorte zu machen.
Dinner für Zwei
B ens Wohnung war großartig. Er hatte zwar behauptet, dass sie klein und schäbig sei, aber dann hatte er in seinem ganzen Leben wohl noch nie eine Bleibe gesehen, die tatsächlich diesen Begriffen gerecht wurde. Groß war sie natürlich nicht. Das war für einen Bezirk wie Hampstead kombiniert mit dem Budget eines hart arbeitenden Studenten auch zu viel verlangt. Sie war allerdings auch nicht so klein und schmal wie das Apartment, das Colin und ich vorübergehend behausten und Ben hatte mit der Wahl seiner Möbel und handwerklichem Geschick ein tolles Ein-Zimmer-Apartment aus der kleinen Wohnung gemacht – mit hübscher Küchenecke und gerade frisch renoviertem Badezimmer. Dazu wohnte er noch im Dach und besaß eine kleine Dachterrasse – für mich ein Traum, da ihm somit niemand auf der Nase herumtanzen, sprich über ihm herumtrampeln konnte.
Einziges Manko war, dass es in dem alten Haus keinen Fahrstuhl gab und man die ganzen Treppen bis in den dritten Stock laufen musste. Dementsprechend erschöpft und außer Puste war ich, als ich mich schwerfällig auf Bens knallrote aber unfassbar bequeme Couch plumpsen ließ, mich in die weichen Kissen kuschelte und die Beine von mir streckte.
„Kleinen… Moment… ich komm… gleich…“, keuchte ich in Richtung Küchenecke, in der Ben sich schon daran machte, die Sachen auszupacken, die wir auf dem Weg zu ihm eingekauft hatten.
„Lass dir Zeit“, erwiderte er, „es dauert eh noch ein bisschen, bis alle Sachen ausgepackt sind und die Kochutensilien bereitstehen.“
Ich nickte stumm, und sah mich stattdessen genauer in seiner Wohnung um, dabei Snowball, die bisher fröhlich um uns herumgehopst war und nun ihren Kopf auf meinen Schenkel legte, hinter den Ohren kraulend.
Es war eine warme Wohnung: helles Parkett, helle Wände und gemütliche Möbel. An den Wänden hingen ein paar außerordentlich schöne Fotos, Landschaftsaufnahmen, aber auch Porträts. Selbst geschossen, vermutete ich bei Bens Talent. Mir gegenüber befand sich der Fernseher nebst Unterschrank für eine ziemlich große DVD-Sammlung und in einem Regal auf der rechten Seite, das mit einer Menge Bücher vollgestopft war, auch eine Stereoanlage. Links von mir hatte sich Ben eine kleine Büro-Ecke eingerichtet, mit Computertisch und Stauraum für allerlei Papierkram. Über dem PC hing ein Poster von einem Storch in dessen Schnabel der Kopf eines Frosches steckte, der dem Storch wiederum den Hals zudrückte. ‚Nur nicht aufgeben!‘ riet der Schriftzug im unteren Bereich des Bildes und ich musste grinsen. Das war eine Lebensphilosophie, die ich absolut teilte.
Gut. Wir hatten Küche, Wohnzimmer, Bad, Büro, Snowballs Körbchen an der Heizung unter einem der Fenster... Aber wo war Bens Bett? Ich betrachtete die Couch, auf der ich saß,
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