Imperium
beiden Herren aus Chicago über den Leisten ziehen zu lassen.
»Weshalb sollte gerade ich schaffen, was Ihnen in all den Jahren bedauerlicherweise nicht gelungen ist?« Armstrong blickte aus dem Erkerfenster auf das Panorama Manhattans.
»Mein Mandant hat den Kampf gegen die Gewerkschaften
aufgegeben. Und daß die Redaktion der Tribune sich hier in New York, die Verlagszentrale sowie einige andere Publikationen der Mediengruppe jedoch in Chicago befinden, verbessert die Lage auch nicht gerade. Wir brauchen einen starken Mann, wie Sie es sind. Jemanden, der imstande ist, sich 628
gegen die Gewerkschaften zur Wehr zu setzen, wie Mr.
Townsend es in Großbritannien so erfolgreich praktiziert hat.«
Russell wartete auf Armstrongs Reaktion. Er war sicher, daß sein Mandant sich von so plumpen Schmeichelei nicht betören ließ. Bestimmt würde er die beiden Kerle jetzt hinauswerfen.
»Und wenn ich nicht kaufe, was bleibt Ihnen dann noch für eine Wahl?« fragte Armstrong.
Russell beugte sich im Sessel vor, preßte den Kopf zwischen die Hände und seufzte laut.
»Dann können wir nur noch die Hoffnung und damit die
Zeitung aufgeben und müssen tatenlos zusehen, wie Townsend sein Monopol in dieser Stadt ausschlachtet.«
Armstrong schwieg, starrte jedoch weiterhin die beiden Fremden an, die ihre Mäntel immer noch nicht abgelegt hatten.
»Wieviel erwarten Sie, für die Zeitung zu bekommen?«
»Wir sind für jedes Angebot offen.«
»Das kann ich mir denken«, brummte Armstrong.
Russell hätte Dick gern hypnotisiert, den Männern ein Angebot zu machen, das sie ausschlagen mußten.
»Na gut.« Armstrong wich dem ungläubigen Blick seines Anwalts aus. »Also, mein Angebot: Ich kaufe Ihnen die Zeitung für fünfundzwanzig Cent ab, den derzeitigen Stück-preis für ein Exemplar.« Er lachte laut. Die Chicagoer Anwälte lächelten zum erstenmal, und Russell vergrub das Gesicht noch tiefer in den Händen.
»Aber die Schulden über zweihundertundsieben Millionen Dollar werden Sie weiterhin in Ihrer eigenen Bilanz führen.
Und solange Sie nicht bereit sind, rigorose Einsparungsmaß-
nahmen vorzunehmen, gehen die täglichen Verluste nach wie vor zu Ihren Lasten.« Er drehte sich zu Russell um. »Bitte, bieten Sie unseren beiden Freunden einen Drink an, bei dem sie sich meinen Vorschlag durch den Kopf gehen lassen können.«
Armstrong fragte sich, wie lange es dauern würde, bis seine 629
Besucher zu feilschen anfingen. Er konnte ja nicht wissen, daß Mr. Withers’ Auftrag lautete, die Zeitung für einen Dollar zu verkaufen. Der Anwalt würde seinen Mandanten also
berichten müssen, daß sie bei dem Handel fünfundsiebzig Cent verloren hatten.
»Wir werden nach Chicago zurückkehren, um uns mit dem Vorstand zu beraten«, war alles, was Withers sagte.
Sobald die beiden Anwälte gegangen waren, verbrachte
Russell den Rest des Nachmittags damit, seinen Mandanten zu überzeugen, welch ein Fehler es wäre, die Tribune zu kaufen, egal zu welchen Bedingungen.
Als Armstrong um achtzehn Uhr den Trump Tower verließ
– nach dem längsten und ausgiebigsten Lunch seines Lebens –, hatten sie sich darauf geeinigt, doch lieber die Finger von der Sache zu lassen, ganz gleich, welche Reaktion aus Chicago kommen sollte.
Withers rief am nächsten Morgen an, um Bescheid zu geben, daß seine Mandanten mit dem Angebot einverstanden wären, als Armstrong ihm mitteilte, daß er es sich anders überlegt habe.
»Besichtigen Sie doch erst einmal das Verlagsgebäude, bevor Sie sich endgültig entschließen«, schlug Withers vor.
Armstrong fand, daß ein Besuch nichts schaden konnte, ja, daß es ihm sogar das Nein erleichtern würde. Russell bestand darauf, Dick zu begleiten; sobald sie sich das Gebäude angesehen hatten, würde er in Chicago anrufen und sein
Desinteresse bekunden.
Vor dem Gebäude der New York Tribune angelangt, stellte Armstrong sich auf den Bürgersteig und blickte den Art-deco-Wolkenkratzer empor. Es war Liebe auf den ersten Blick. Im Foyer, vor der Erdkugel mit mehr als fünf Meter Durchmesser, auf der die Entfernungen zu den Hauptstädten der Welt in Meilen angegeben waren – darunter die nach London, Moskau 630
und Jerusalem –, machte Dick seinen Antrag. Und als die gesamte Belegschaft der Tribune, die sich in die Eingangshalle gedrängt hatte, um Armstrong zu begrüßen, in Jubel ausbrach, war die Heirat vollzogen. Sosehr Dicks Trauzeuge auch versuchte, ihm die Ehe auszureden, er konnte die
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