Imperium
Bedenkzeit gegeben.« Wieder machte sie eine Pause. »Ich gebe dir genauso lange, mich davon zu überzeugen, daß ich sein 220
Angebot nicht annehmen sollte.«
Als Keith am nächsten Morgen in Adelaide aus dem Flugzeug stieg, stellte er beim Betreten der Ankunftshalle als erstes fest, daß der Messenger über der Gazette in den Zeitungsständer gesteckt war. Keith stellte sein Gepäck ab und vertauschte die Zeitungen im Ständer; dann kaufte er je ein Exemplar.
Während er in der Schlange derjenigen stand, die auf ein Taxi warteten, machte er die Beobachtung, daß von den dreiundsiebzig Personen, die den Flughafen verließen, zwölf den Messenger gekauft hatten, aber nur sieben die Gazette. Im Taxi zur Stadt notierte er sich diese Feststellung auf der Rückseite seines Tickets, um mit Frank Bailey, dem Chefredakteur der Gazette, darüber zu reden, sobald er in seinem Büro war. Dann blätterte er beide Zeitungen durch und mußte zugeben, daß der Messenger den interessanteren Lesestoff bot.
Doch er beschloß, diese Meinung nicht gleich an seinem ersten Tag in der Stadt zu äußern.
Das Taxi brachte Keith direkt vor den Eingang des
Redaktionsgebäudes der Gazette. Er stellte sein Gepäck am Empfang ab und nahm den Aufzug in den zweiten Stock.
Niemand beachtete ihn, als er zwischen den Reihen der Schreibtische hindurchschritt, an denen die Journalisten saßen und in die Tasten ihrer Schreibmaschinen hämmerten. Ohne an der Tür des Chefredakteurs anzuklopfen, trat Keith ein und platzte direkt in die morgendliche Redaktionskonferenz.
Völlig überrascht, erhob Frank Bailey sich hinter seinem Schreibtisch, streckte Keith die Hand entgegen und sagte:
»Keith! Wie schön, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen!«
»Freut mich auch, Sie wiederzusehen«, entgegnete Keith.
»Wir hatten Sie eigentlich nicht vor morgen erwartet.«
Bailey wandte sich den Redakteuren zu, die an dem U-
förmigen Tisch saßen. »Das ist Sir Grahams Sohn Keith, nach dem Tod seines Vaters der neue Verleger unserer Zeitung. Wer 221
von Ihnen länger als fünf Jahre hier ist, wird sich gewiß an ihn erinnern, als er das letzte Mal hier war … und zwar als … als
…« Frank zögerte.
»Als Sohn meines Vaters«, beendete Keith den Satz.
Die Bemerkung wurde mit Gelächter quittiert.
»Bitte, machen Sie weiter. Tun Sie, als wäre ich gar nicht da«, bat Keith. »Ich habe nicht die Absicht, einer von den Verlegern zu werden, die sich in redaktionelle Entscheidungen einmischen.« Er ging in eine Zimmerecke, setzte sich aufs Fensterbrett und spielte den Beobachter, während Frank die Redaktionskonferenz weiterführte. Offenbar hatte er weder seine Fähigkeiten noch sein Engagement verloren, die Zeitung als Mittel zu benutzen, sich für jeden armen Teufel einzusetzen, den er für ein Opfer des Systems oder der
Behördenwillkür hielt.
»Also, wie soll der morgige Leitartikel aussehen?« fragte er.
Drei Hände schossen in die Höhe.
»Dave.« Der Chefredakteur deutete mit seinem Bleistift auf den leitenden Gerichtsreporter. »Ihre Meinung, bitte.«
»Es sieht ganz so aus, als käme es zum Urteil im Sammy-Taylor-Prozeß. Der Richter dürfte noch heute nachmittag seine Entscheidung fällen. Wenn man danach geht, wie er den Prozeß bislang geführt hat, sieht es für den armen Kerl düster aus. Der Richter würde Taylor an den Galgen bringen, hätte er auch nur die geringste Chance, mit einem solchen Urteil durchzukommen.«
»Ich weiß«, murmelte Dave. »Falls Taylor schuldig
gesprochen wird, kommt es auf die Titelseite, und ich schreibe einen Leitartikel über die Art von Gerechtigkeit, mit der die Aborigines vor unseren Gerichten rechnen müssen. Sitzen die Abos eigentlich noch mit ihren Protestschildern herum?«
»Und ob. Die Sache hat sich zur 24-Stunden-Wache
entwickelt. Sie schlafen auf dem Bürgersteig, seit wir die Fotos gebracht haben, auf denen zu sehen ist, wie ihre Anführer von 222
der Polizei davongezerrt werden.«
»Also gut. Falls es heute zum Urteil kommt und Taylor schuldig gesprochen wird, bekommen Sie die Titelseite, Jane«, wandte der Chefredakteur sich an seine Nachrichten-redakteurin. »Ich brauche tausend Wörter über die Rechte der Abos und wie schändlich diese Verhandlung geführt wurde.
Ein Schlag ins Gesicht der Gerechtigkeit, Rassenvorurteile …
na, Sie wissen schon, was ich will.«
»Was ist, wenn die Geschworenen Taylor für nicht schuldig befinden?« fragte Dave.
»In diesem unwahrscheinlichen
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