Imperium
dort nicht sitzen, wäre sie nicht dreimal so raffiniert wie ihre männlichen Kollegen), denn er druckste ein wenig herum, erwähnte zögerlich den Briefwechsel mit Gouverneur Hahl und erläuterte dann sein Vorhaben, die Früchte der Kokospalmen zu ernten und mit den Nebenprodukten Handel zu treiben, also nicht nur mit der Kopra, er wolle auch Kremes und Öle herstellen und sie, ansprechend etikettiert, ins Reich senden. Selbst ein Schaumpon zu erfinden, schwebe ihm vor; er beschrieb die wohlriechende Kokos-Essenz in den Haaren der Damen der feinen Berliner Gesellschaften, wohl in seiner Argumentation dahin schielend, daß Frau Forsayth doch möglicherweise am Ende auch nur eine Frau sei, die sich gelegentlich an Orte zurücksehnte, an denen es nicht an Opernhäusern, Droschken und luxuriös parfümierten Sitzbadewannen mit fließend heißem Wasser mangelte. Auch und überhaupt, fügte er hinzu, sei er nach Deutsch-Neuguinea gekommen, um eine Art Kommune zu errichten, die der Kokosnuß huldigen wolle.
Queen Emma überhörte den letzten Satz Engelhardts, der ohnehin etwas leiser vorgetragen wurde als seine Pläne zur wirtschaftlichen Ausbeutung von cocos nucifera. Und die Schmeicheleien mit dem Kokos-Schaumpon beeindruckten sie nicht im geringsten. Eine Plantage wolle er kaufen? Sie habe genau das Richtige für ihn. Eine kleine Insel! Doch wolle Engelhardt nicht eventuell erst das Inland erkunden und darüber nachdenken, ob ihm dort, allerdings an einer schwer zugänglichen Stelle, eine Plantage großen Ausmaßes gefallen könne? Je nach Witterung vier bis fünf Tagesreisen, also gut hundert Kilometer in Vogelfluglinie von Herbertshöhe entfernt, läge eine Kokospflanzung von eintausend Hektar, dessen Besitzer, ja, man müsse es ohne zu zögern aussprechen, wahnsinnig geworden sei und sich, seine Familie und drei schwarze Arbeiter mit Pech Übergossen und angezündet habe. Jene Plantage sei, wenn man ihre Größe bedenkt, fast ganz umsonst zu übernehmen, da das in einem Zustand vollständiger geistiger Verrohung geschriebene Testament des Pflanzers nicht anerkannt werden könne (Bringt sie alle um war darin zu lesen) und die Besitzung somit an das Deutsche Reich falle, namentlich an die Firma Forsayth & Compagnie, deren Leiterin hier vor ihm sitze.
Das Eiland Kabakon, erzählte sie weiter, weise dagegen lediglich fünfundsiebzig Hektar Kokos auf, dafür befinde es sich nur wenige Seemeilen von Herbertshöhe entfernt, im etwas nördlich gelegenen Neulauenburg-Archipel. Eine Insel habe den Vorteil, daß sie sowohl übersichtlich sei als auch leicht zu bewirtschaften. Man müsse die Kokosnüsse lediglich ernten und bearbeiten, könne dann den Ertrag mit Booten transportieren, in Herbertshöhe zum Verkaufe anbieten und müsse nicht, wie im Falle der großen Plantage im Inland, für die Ausbeute den mühsamen und gefahrvollen Weg durch den Dschungel nehmen. Überhaupt, was für eine Insel, schwärmte sie. Jedes Jahr schickten die Einwohner von Kabakon ein mit Muschelgeld beladenes und mit grünen Blättern verziertes Kanu aufs Meer hinaus, um die Fische für ihre im vorigen Jahr gefangenen Verwandten mit Geld zu entschädigen. Und eine besondere Tradition gäbe es bei Hochzeiten: Eine Kokosnuß würde über den Köpfen des Paares gebrochen und die Kokosmilch über sie ausgeschüttet. Das Eiland koste vierzigtausend Mark, die riesige Pflanzung im Inland ebenfalls. Engelhardt atmete hörbar aus.
Nun, diese beiden Offerten könne sie ihm machen, er solle sich doch bitte beide ansehen und erst dann entscheiden. Sie wußte wohl, daß sie ihm nicht nur den Entschluß leicht gemacht, sondern ihn mit ruhiger Hand forciert hatte - die Plantage des wahnsinnig Gewordenen war zwar um ein Vielfaches günstiger, aber durch ihre Beschreibung der dortigen Umstände für ihn mit so schlechtem Kismet behaftet, daß Engelhardt das Eiland Kabakon wählen würde. Schlußendlich war sie eine Geschäftsfrau, und wenn dieser junge Sonderling - denn sie hatte sehr wohl gehört, daß Engelhardt einen Kokosnußesser-Orden gründen wollte, und natürlich hatte auch Gouverneur Hahl schon von ihm berichtet - sein Geld bei ihr lassen wolle, dann bitte sehr. Außerdem, ja, sie mochte ihn. Wie er dort saß, bärtig, asketisch, mit dieser unmöglichen Frisur und den wasserblauen Augen, mager wie ein Spatz.
Unwillkürlich mußte sie an einen lange zurückliegenden Italienbesuch denken, es war ihr, als habe sie Engelhardt dort schon einmal gesehen, nur
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