Imperium
dieser einzigartige Feind nach einzigartigen Maßnahmen verlangt. Jetzt ist unsere Zeit gekommen.« Er klatschte in die Hände, und zwei Sklaven trugen ein Gestell mit einer großen Landkarte des Mittelmeerraumes herein, das sie neben Pompeius aufstellten. Seine Zuhörer beugten sich vor, um die geheimnisvollen senkrechten Linien, die über Land wie See verliefen, besser erkennen zu können. »Die Grundlage unserer Strategie muss lauten: Verknüpfung der militärischen und politischen Interessensphären. Wir attackieren sie mit allem, was wir haben.« Er nahm einen Zeigestock und klopfte damit auf die farbige Karte. »Ich schlage vor, den gesamten Mittelmeerraum in fünfzehn Zonen aufzuteilen, von den Säulen des Herkules im Westen, hier, bis zu den Gewässern Ägyptens und Syriens im Osten, hier. In jede Zone schicken wir einen Legaten, dessen Aufgabe es sein wird, sein Gebiet von Seeräubern zu säubern und dann mit den regionalen Herrschern Verträge abzuschließen, die sicherstellen sollen, dass nie wieder ein Seeräuberschiff in diese Gewässer eindringen kann. Jeder gefangene Seeräuber ist der römischen Rechtsprechung zu überantworten. Jeder regionale Herrscher, der die Zusammenarbeit verweigert, wird als Feind Roms betrachtet. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Alle fünfzehn Legaten sind einem einzigen Oberkommandierenden unterstellt, der von jeder Küste bis fünfzig Meilen ins Landesinnere über die absolute Befehlsgewalt verfugt. Und dieser Kommandierende werde ich sein.«
Lange herrschte Schweigen. Es war Cicero, der als Erster das Wort ergriff. »Das ist ohne Zweifel ein mutiger Plan, Pompeius, doch konnte ihn mancher - angesichts des Verlusts von neunzehn Triremen - für eine übertriebene Reaktion halten. Dir ist sicher bewusst, dass eine derartige Konzentration von Macht in den Händen eines einzigen Mannes ohne Beispiel in der gesamten Geschichte der Republik ist.«
»In der Tat, dessen bin ich mir durchaus bewusst«, erwiderte Pompeius. Er versuchte, Cicero mit regungslosem Gesicht anzuschauen, konnte dann aber doch nicht an sich halten und verfiel in ein breites Grinsen, worauf sofort alle anderen in Gelächter ausbrachen - bis auf Cicero, der aussah, als wäre seine Welt in die Brüche gegangen. Was in gewisser Weise auch zutraf, denn Pompeius ' Plan, so erklärte mir Cicero später, bedeute nichts weniger als die Herrschaft eines Mannes über die Welt, und da habe er doch einige Bedenken anzumelden, wohin das führen könne. »Vielleicht hätte ich auf der Stelle aufstehen und gehen sollen«, sagte er auf der Heimreise nachdenklich zu mir. »Das hätte sicher der arme rechtschaffene Lucius von mir verlangt. Aber Pompeius hätte sich ohnehin nicht beirren lassen, ob ich nun für oder gegen ihn gewesen wäre, ich hätte mir nur seine Feindschaft eingehandelt und meine Chancen auf die Prätur ruiniert. Alles, was ich derzeit tue, muss sich auf diese Wahl ausrichten.«
Und so war er natürlich sitzen geblieben. In stundenlangem Palaver gelangte die Diskussion schließlich von der pompösen Strategie zur knallharten Politik. Der Plan sah vor, dass Gabinius nach seiner Amtseinführung ins Volkstribunat, was etwa in einer Woche sein würde, dem römischen Volk unverzüglich ein neues Gesetz zur Schaffung des Oberkommandos und dessen Übertragung auf Pompeius vorlegen sollte. Dann würden er und Cornelius versuchen, die anderen Volkstribunen einzuschüchtern, damit keiner ein Veto einlegte. (Man darf nicht vergessen, dass in den Tagen der Republik nur die Volksversammlung die Macht hatte, Gesetze zu erlassen. Die Stimme des Senats hatte Einfluss, war aber nicht die entscheidende. Der Senat hatte den Willen des Volkes auszuführen.)
»Was sagst du dazu, Cicero?«, fragte Pompeius. »Du hast die ganze Zeit über geschwiegen.«
»Rom kann sich wahrhaft glücklich schätzen, in der Stunde größter Gefahr einen Mann von deiner Erfahrung und Weitsicht zu Hilfe rufen zu können«, antwortete Cicero vorsichtig. »Aber wir müssen realistisch sein. Es wird großen Widerstand im Senat geben. Vor allem die Aristokraten werden behaupten, dass das Gesetz lediglich ein Vorwand sei, um unter dem Deckmantel der patriotischen Notlage nach der nackten Macht zu greifen.«
»Das ist eine bösartige Verleumdung«, sagte Pompeius.
»Nun ja, das kannst du behaupten, sooft du willst, aber du musst erst einmal das Gegenteil beweisen«, erwiderte Cicero. Er wusste, dass merkwürdigerweise der sicherste Weg, das
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