Imperium
und die dünnen dunklen Haarsträhnen waren mit äußerster Sorgfalt quer über den sonnenverbrannten Schädel gekämmt. (Aber was mache ich mir die Mühe, ihn zu beschreiben? Alle Welt weiß, wie er aussah.)
Insgesamt acht Senatoren waren an diesem Morgen anwesend: Pompeius, Cicero und Caesar; das schon erwähnte Trio aus Picenum; Pompeius ' Hausintellektueller Varro, der damals etwa fünfzig Jahre alt war; und Gaius Cornelius, der unter Pompeius als Quästor in Spanien gedient hatte und inzwischen wie Gabinius designierter Volkstribun war. Ich fiel nicht so auf, wie ich befürchtet hatte, denn viele der Hauptdarsteller hatten ebenfalls ihre Sekretäre oder Aktenträger mitgebracht; wir standen alle ehrerbietig in einer Ecke zusammen. Nachdem man Erfrischungen aufgetragen hatte, die Kindermädchen ihre Schützlinge abgeholt hatten und auch Mucia sich taktvoll von allen Gästen ihres Mannes - besonders ausgiebig von Caesar, wie mir auffiel - verabschiedet hatte, brachten die Haussklaven Stühle für die Senatoren herein. Ich wollte mich gerade mit den anderen Sekretären zurückziehen, als Cicero Pompeius vorschlug, ob ich als in Rom allseits bekannter Erfinder der neuen hervorragenden Kurzschriftmethode - exakt das waren seine Worte - nicht bleiben und Protokoll führen solle. Ich errötete, so verlegen war ich. Pompeius warf mir einen argwöhnischen Blick zu, und ich war darauf gefasst, dass er ablehnen würde, doch er zuckte nur mit den Achseln und sagte: »Na gut, das könnte ganz nützlich sein. Aber er soll nur eine einzige Abschrift machen, und die verbleibt in meinen Händen. Sind damit alle einverstanden?« Alle murmelten ihre Zustimmung, worauf ein Hocker geholt wurde und ich mich mit aufgeklapptem Notizbuch und gezücktem Griffel in der schweißnassen Hand in eine Ecke setzte.
Als alle auf den im Halbkreis aufgestellten Stühlen Platz genommen hatten, erhob sich Pompeius. Wie schon erwähnt, war Pompeius vor großem Publikum kein guter Redner. Doch in vertrauter Umgebung, vor Menschen, die er als seine Leutnants betrachtete, strahlte er Kraft und Autorität aus. Obwohl ich das wortgetreue Protokoll abgeben musste, kann ich mich an das meiste noch gut erinnern, da ich ja meine Kurzschriftnotizen immer in eine Endfassung zu übertragen hatte, wobei mir große Teile des Gesagten im Gedächtnis haften blieben. Pompeius begann seine Rede mit den neuesten Einzelheiten über den Überfall der Seeräuber auf Ostia: Neunzehn Triremen aus der Kriegsflotte der Konsuln waren zerstört, ein paar hundert Mann getötet, die Getreidelager abgefackelt, zwei Prätoren in ihren Amtsroben - einer hatte die Kornspeicher, der andere die Flotte inspiziert - samt Liktoren und deren symbolischen Rutenbündeln und Beilen verschleppt. Die Lösegeldforderung war gestern in Rom eingetroffen. »Ich für meinen Teil«, sagte Pompeius, »glaube nicht, dass wir mit solchen Leuten verhandeln sollten, das ermuntert sie nur in ihrem kriminellen Tun.« (Alle nickten zustimmend.) Der Überfall auf Ostia, fuhr er fort, sei ein Wendepunkt in Roms Geschichte. Man habe es hier nicht mit einem Einzelfall zu tun, sondern nur mit einer besonders dreisten Aktion in einer langen Reihe ähnlich empörender Vorfälle, wie zum Beispiel der Entführung der erlauchten Antonia aus ihrer Villa in Misenum (deren eigener Vater eine Strafexpedition gegen die Seeräuber angeführt habe!), der Plünderung der Tempelschätze von Croton und den Überraschungsangriffen auf Brundisium und Caieta. Wo würden sie das nächste Mal zuschlagen? Rom sehe sich einer Bedrohung gegenüber, die sich von der durch einen konventionellen Gegner deutlich unterscheide. Diese Seeräuber verkörperten einen neuen Typus von skrupellosem Feind, hinter dem keine Regierung stünde, dessen man mit keinem Vertrag Herr werden könne, dessen Stützpunkte sich nicht nur in einem einzigen Staat befänden. Sie hätten keinen zentralen Kommandostand. Sie seien eine weltumspannende Pest, eine parasitäre Plage, die ausgemerzt werden müsse, sonst könne Rom - trotz seiner überwältigenden militärischen Überlegenheit - nie wieder in Sicherheit und Frieden leben. Das bestehende nationale Sicherheitssystem, das Männern im Konsulrang für begrenzte Zeit nur ein Kommando für einen Kriegsschauplatz zuweise, sei der Herausforderung nicht mehr angemessen.
»Schon lange vor Ostia habe ich mich ausführlich mit diesem Problem befasst«, erklärte Pompeius. »Ich bin der festen Überzeugung, dass
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