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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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schüttelte verzweifelt den Kopf. »Schlimmer: eine kriminelle und eine dumme Verschwörung! Das ist das Problem, Tiro, wenn Soldaten meinen, sie müssten in die Politik gehen. Sie bilden sich ein, sie brauchten nur einen Befehl zu erteilen, und schon springen alle. Sie werden nie begreifen, dass genau das, was sie populär macht - ihre Reputation als angeblich hehre Patrioten, die über den schmutzigen Niederungen der Politik schweben -, dass ihnen genau das letztlich zum Verhängnis wird: Weil sie entweder wirklich über den Niederungen der Politik schweben, dann erreichen sie gar nichts, oder sie gehen in die Politik und erweisen sich als genauso käuflich wie alle anderen.« Er schaute hinaus auf den See, der im matten Winterlicht dunkel schimmerte. »Was hältst du von Caesar?«, fragte er plötzlich, worauf ich mit ein paar unverbindlichen Floskeln über dessen anscheinend großen Ehrgeiz antwortete. »Natürlich ist er ehrgeizig. Ein paar Mal ist mir sogar der Gedanke durch den Kopf geschossen, dass sich nicht Pompeius diesen fantastischen Plan ausgedacht hat, sondern er. Das würde zumindest erklären, warum Caesar überhaupt anwesend war.«
    Ich machte Cicero darauf aufmerksam, dass Pompeius den Plan als seinen eigenen bezeichnet hatte.
    »Woran er sicher auch fest glaubt. Aber so ist der Mann nun mal. Erzähl ihm irgendwas, und es dauert nicht lange, dann kommt das eben Gesagte zu dir zurück, und zwar so, als hätte er es sich ausgedacht. ›Das zentrale Thema ist die Bekämpfung der Seeräuber, nicht die Zukunft von Pompeius Magnus.‹ Manchmal habe ich, nur zu meinem Spaß, gegen meine eigene ursprüngliche Behauptung argumentiert, nur um zu sehen, wann mir auch noch mein eigenes Gegenargument um die Ohren fliegt.« Er runzelte die Stirn und nickte. »Ich bin sicher, dass ich richtigliege. Caesar ist schlau genug, um die Saat auszubringen und dann einfach abzuwarten, bis sie aufgeht. Ich frage mich, wie viel Zeit er mit Pompeius verbringt. Er scheint da schon ziemlich gut eingebunden zu sein.«
    Es lag mir auf der Zunge, die Gartenszene, doch schließlich hielt ich den Mund: aus Angst vor Caesar, aus Schüchternheit und aus dem Gefühl heraus, dass es Cicero missfallen hätte, wenn ich mich als Spitzel entlarvt hätte, ich mich durch die Schilderung der schmutzigen Geschichte quasi selbst beschmutzt hätte. Erst viele Jahre später - nach Caesars Tod, als er mir nicht mehr schaden konnte und ich auch selbstbewusster war - erzählte ich ihm die Geschichte. Cicero, damals schon ein alter Mann, schwieg lange. »Ich verstehe deine Zurückhaltung«, sagte er schließlich. »Und in vielerlei Hinsicht stimme ich deiner Scheu ausdrücklich zu. Aber ich muss auch sagen, mein lieber Freund, dass ich wünschte, du hättest mich damals informiert. Vielleicht hätten sich die Dinge dann anders entwickelt. Zumindest wäre mir dann früher klar geworden, mit welch atemberaubend skrupellosem Menschen wir es zu tun hatten. Denn als ich es schließlich erkannt hatte, war es schon zu spät.«
     
     
    Als wir einige Tage später nach Rom zurückkehrten, kamen wir in eine nervöse, von Gerüchten brodelnde Stadt. Das Feuer von Ostia war in ganz Rom als rotes Leuchten am wesdichen Nachthimmel deutlich sichtbar gewesen. Eine derartige Attacke auf die Hauptstadt war ohne Beispiel, und als Gabinius und Cornelius am zehnten Dezember ihr Volkstribunat antraten, hatten sie nichts Eiligeres zu tun, als die Nervosität zur Panik aufzustacheln. Sie veranlassten, dass an den Stadttoren zusätzliche Posten aufgestellt wurden. Wahllos wurden Fuhrwerke und Fußgänger, die in die Stadt wollten, auf Waffen durchsucht. An den Kaianlagen und Lagerhäusern am Fluss gingen Wachen Tag und Nacht Streife. Wer Getreide hamsterte, wurde mit harten Strafen bedroht, was unausweichlich dazu führte, dass auf den drei großen Lebensmittelmärkten, dem Emporium, Macellum ind Forum Boarium, sofort das Angebot knapp wurde. Die energischen neuen Volkstribunen zerrten den aus dem Amt scheidenden, glücklosen Konsul Marcius Rex vor die Volksversammlung und unterzogen ihn einem gnadenlosen Kreuzverhör über die Sicherheits-mängel, die zum Fiasco von Ostia geführt hatten. Man trieb weitere Zeugen auf, die die Bedrohung durch die Seeräuber schilderten, eine Bedrohung, die mit jeder weiteren Schilderung an Stärke zunahm. Sie hatten tausend Schiffe! Es handelte sich nicht um vereinzelte Plünderer, sondern um eine konspirative Organisation! Sie operierten

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