Imperium
das Gesetz kippen. Was willst du dagegen machen?«
»Keine Ahnung. Wir können nur hoffen, dass von irgendwoher eine Lösung auftaucht. Meistens ergibt sich ja was.«
Da wurde mir klar, wie sehr er sich einfach nur auf sein altes Diktum verließ, dass man manchmal eben einen Kampf anzetteln muss, um währenddessen herauszufinden, wie man ihn gewinnen kann. Er verabschiedete sich von Quintus und ging allein weiter, den Kopf gesenkt, in Gedanken vertieft. Hatte er sich anfangs nur zögernd auf Pompeius ' hochfliegende Pläne eingelassen, so war er nun zu seinem Cheforganisator aufgestiegen, und er wusste, dass ihn das in eine schwierige Lage brachte, nicht zuletzt bei seiner eigenen Frau. Nach meiner Erfahrung sind Frauen weit weniger bereit als Männer, Kränkungen aus der Vergangenheit zu vergessen. Für Terentia war es unbegreiflich, dass ihr Mann immer noch um den »Prinzen von Picenum«, wie sie Pompeius höhnisch nannte, herumscharwenzelte, vor allem nach jenen Vorfällen im Senat, die inzwischen Stadtgespräch waren. Als wir nach Hause kamen, wartete sie schon im Tablinum und ging sofort zum Angriff über. »Ich kann einfach nicht glauben, wie sich das alles derart zuspitzen konnte. Da ist der Senat auf der einen Seite und der Pöbel auf der anderen - und auf welche Seite schlägt sich mein Herr Gatte? Natürlich wie gehabt auf die des Pöbels! Ich hoffe doch wohl, dass du jetzt endlich die Verbindung zu diesem Menschen abbrichst?«
»Er wird morgen seinen Rückzug ins Privatleben bekannt geben«, sagte Cicero besänftigend.
»Was?«
»Du hast richtig gehört. Ich selbst werde noch heute Abend die Erklärung für ihn aufsetzen. Was bedeutet, dass ich wohl im Arbeitszimmer zu Abend essen werde. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.« Er drückte sich an ihr vorbei und ging ins Arbeitszimmer. Als er die Tür hinter uns geschlossen hatte, fragte er mich: »Meinst du, sie glaubt mir?«
»Nein«, sagte ich.
»Ich auch nicht«, sagte er kichernd. »Dafür sind wir schon zu lange verheiratet.«
Wenn er gewollt hätte, reich genug war er inzwischen, hätte er sich von ihr scheiden lassen können. Er hätte eine bessere Partie machen können, ganz sicher eine wesentlich schönere. Er war enttäuscht, dass Terentia ihm keinen Sohn geboren hatte. Doch trotz ihrer ewigen Streitereien blieb er bei ihr. Liebe ist nicht das passende Wort, das seine Beziehung zu ihr beschreibt - jedenfalls nicht in dem Sinn, in dem die Dichter es benutzen. Etwas Ungewöhnlicheres, Stärkeres hielt sie zusammen. Dazu gehörte, dass sie sein Zuchtmeister war: Sie war die Peitsche, die ihn auf Trab hielt. Jedenfalls störte Terentia uns den ganzen Abend nicht mehr, und Cicero diktierte mir Pompeius ' Erklärung. Er hatte noch nie eine Rede für jemand anderen geschrieben, was eine eigenartige Erfahrung war. Heutzutage beschäftigen die meisten Senatoren ein oder zwei Sklaven, die ihnen ihre Reden ausarbeiten. Ich habe sogar von einigen Senatoren gehört, die überhaupt keine Ahnung haben, was sie sagen werden, bis man ihnen den Text hinlegt: Wie sich diese Burschen Staatsmänner nennen können, übersteigt meine Vorstellungskraft. Aber Cicero sagte, dass es ihm Spaß machte, für jemand anderen zu schreiben. Er fand den Gedanken amüsant, dass große Männer, solange sie nur etwas Hirn besaßen, das vortragen würden, was er sich ausgedacht hatte. In späteren Zeiten setzte er die Technik, Leuten seine Worte in den Mund zu legen, mit großem Erfolg in seinen Büchern ein. Er dachte sich sogar eine Wendung für Gabinius aus, die später ziemlich berühmt werden sollte: »Pompeius Magnus wurde nicht um seiner selbst willen geboren, sondern um Rom zu dienen.«
Wir hatten die Arbeit an der Erklärung, die mit Absicht kurz gehalten war, schon weit vor Mitternacht beendet und verließen früh am nächsten Morgen, nachdem Cicero seine Übungen gemacht und nur die wichtigsten Besucher empfangen hatte, das Haus und gingen zu Pompeius, um die Rede abzuliefern. Pompeius hatte sich über Nacht eine üble Erkältung eingefangen und machte jetzt seiner Sorge darüber Luft, ob das mit dem Rückzug aufs Land eine so gute Idee gewesen sei. Aber Cicero erkannte sofort, dass er einfach nervös war vor seinem Gang auf die Rostra, und als Pompeius den Redetext in Händen hielt, beruhigte er sich schnell wieder. Cicero gab auch Gabinius, der ebenfalls schon eingetroffen war, einige Zeilen, doch der Volkstribun ärgerte sich darüber, wie ein Schauspieler
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