Imperium
einen fremden Text aufsagen zu sollen, und fragte, ob er wirklich sagen solle, dass Pompeius geboren sei, um Rom zu dienen. »Warum nicht?«, stichelte Cicero. »Bist du etwa anderer Meinung?« Worauf Pompeius Gabinius anfuhr, er solle endlich mit dem Gejammer aufhören und den Text genau so vortragen, wie er da stehe. Gabinius entgegnete nichts mehr, bedachte aber Cicero mit einem wenig freundlichen Blick und war seit jener Zeit, so zumindest meine Vermutung, insgeheim Ciceros Feind - ein perfektes Beispiel dafür, wie der Senator mit seiner sorglosen Schlagfertigkeit jemanden vor den Kopf stoßen konnte.
Auf dem Forum hatte sich schon eine große Zuschauermenge eingefunden, die gespannt auf die Fortsetzung der gestrigen Vorstellung wartete. Wir hörten den Lärm, als wir von Pompeius ' Haus kommend den Hügel hinuntergingen - dieses eigentümliche, furchteinflößend anschwellende Geräusch einer erregten Menschenmenge, das mich immer an eine riesige Welle erinnert, die gegen eine weit entfernte Küste brandet. Die Spannung ließ mein Herz höher schlagen. Fast der gesamte Senat war versammelt. Die Aristokraten hatte mehrere Hundert ihrer Anhänger mobilisiert, einerseits zu ihrem eigenen Schutz, andererseits um Pompeius niederzubrüllen, sobald er, wie sie erwarteten, seine Absicht erklärte, den Oberbefehl zu übernehmen. Wie gestern wurde der General von Cicero und den mit ihm verbündeten Senatoren begleitet. Er hielt sich am Rand des Forums und ging dann gleich zur Rückseite der Rostra. Dort marschierte er auf und ab, gähnte, blies auf seine kalten Finger und zeigte auch sonst alle Anzeichen von Nervosität, während der Lärm der Menge immer lauter wurde. Cicero wünschte ihm Glück, begab sich dann zur Vorderseite der Rostra und gesellte sich zu den anderen Mitgliedern des Senats, weil er deren Reaktion beobachten wollte. Die zehn Volkstribunen betraten nacheinander das Podium und setzten sich auf ihre Bank. Dann trat Gabinius vor und rief theatralisch: »Ich rufe vor das Volk … Pompeius Magnus.«
Wie wichtig doch das Auftreten in der Politik ist und wie vorzüglich doch Pompeius von der Natur ausgestattet worden war, um den Anschein von Größe zu vermitteln. Als die breite und vertraute Gestalt mit schwerfälligen Schritten die Stufen emporstieg und ins Blickfeld der Menge trat, brachen Pompeius ' Anhänger in frenetischen Jubel aus. Unerschütterlich wie ein Bulle, den wuchtigen Kopf auf den muskulösen Schultern leicht nach hinten geneigt, stand er da und schaute auf die ihm zugewandten Gesichter hinunter. Als atmete er den Applaus tief in die Lunge ein, hoben und senkten sich die Nasenflügel. Normalerweise nahmen es die Menschen übel, wenn ein Redner vom Blatt ablas, anstatt scheinbar aus dem Stegreif zu sprechen, doch bei diesem Anlass verstärkte die Art, wie Pompeius seinen kurzen Text entrollte und in die Höhe hielt, die gespannte Erwartung, dass das Gewicht der Worte dem des Mannes ebenbürtig sei - eines Mannes, der über den aalglatten rhetorischen Tricks von Justiz und Politik stand.
»Bürger Roms«, dröhnte es in die Stille. »Im Alter von siebzehn Jahren habe ich in der Armee meines Vaters Gnaeus Pompeius Strabo für die Einheit unseres Staates gekämpft. Mit dreiundzwanzig Jahren habe ich eine Truppe von fünfzehntausend Soldaten aufgestellt, habe die vereinigten Rebellenarmeen des Brutus, Caelius und Carrinas geschlagen und wurde auf dem Schlachtfeld als Imperator ausgerufen. Mit vierundzwanzig Jahren habe ich Sizilien erobert, mit fünfundzwanzig Afrika, und an meinem sechsundzwanzigsten Geburtstag wurde mir ein Triumph gewährt. Als ich dreißig und noch nicht einmal Senator war, übernahm ich, ausgestattet mit der Amtsgewalt eines Prokonsuls, das Kommando über unsere Streitkräfte in Spanien, bekämpfte sechs Jahre lang die Rebellen und besiegte sie. Mit sechsunddreißig kehrte ich nach Italien zurück, jagte die letzten Überreste von Spartacus ' Sklavenarmee und siegte. Mit siebenunddreißig wurde ich zum Konsul gewählt, und mir wurde ein zweiter Triumph gewährt. Als Konsul setzte ich eure Volkstribunen wieder in ihre alten Rechte ein und ließ für euch Spiele durchfuhren. Wann immer dem Staat Gefahr drohte, habe ich ihm gedient. Mein ganzes Leben ist nichts anderes gewesen als ein einziges langes Sonderkommando. Und nun droht unserem Staat eine neue, nie da gewesene Gefahr. Um dieser Bedrohung begegnen zu können, wird zu Recht der Vorschlag unterbreitet, ein Amt mit
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