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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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zu geleiten. Eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, denn Quintus, der mit den Vorstehern der Stadtteile fast die ganze Nacht auf den Beinen gewesen war, berichtete seinem Bruder, dass es auf den Straßen ruhig sei. Schließlich kündigten Bravorufe seine Ankunft an, und im nächsten Augenblick stand Pompeius mitten unter uns - größer denn je, grinsend, Hände schüttelnd, Schultern klopfend; sogar ich bekam einen freundlichen Klaps ab. Die Senatoren forderten lautstark eine Ansprache, worauf Cicero eine Spur zu laut anmerkte: »Er kann noch nicht sprechen, ich habe die Rede noch nicht fertig.« Einen Augenblick lang verdunkelte sich Pompeius ' Gesicht, aber wieder war es Caesar, der Cicero zu Hilfe eilte, indem er in brüllendes Gelächter ausbrach. Pompeius fing an zu grinsen und drohte Cicero gespielt vorwurfsvoll mit dem Finger, worauf sich die Atmosphäre augenblicklich entspannte und in die spöttelnde Stimmung einer Offiziersmesse verwandelte, wo der triumphierende Kommandeur gar nichts anderes erwartet, als auf den Arm genommen zu werden.
    Bei dem Wort Imperium muss ich immer an Pompeius denken - an den Pompeius, der sich in jener Nacht über eine Karte des Mittelmeerraumes beugte und Herrschaftsbefugnisse über Land- wie Seegebiete so beiläufig verteilte, wie er seinen Wein ausschenkte (»Marcellinus, du kannst das Libysche Meer haben, und du, Torquatus, nimmst dann Ostspanien …«); und an den Pompeius, der am nächsten Morgen zum Forum ging, um seine Beute einzufordern. Die Chronisten schätzten später, dass etwa zwanzigtausend Menschen ins Zentrum Roms geströmt waren, um seine Weihe zum Oberbefehlshaber der Welt mitzuerleben. Angesichts der riesigen Menge wagten nicht einmal Catulus und Hortensius eine letzte Aktion des Widerstands, obwohl sie, da bin ich mir sicher, gern noch einen weiteren Versuch unternommen hatten. Stattdessen waren sie und die anderen Senatoren genötigt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Bezeichnenderweise war Crassus nicht einmal dazu in der Lage, er kam erst gar nicht. Pompeius sagte nicht viel, er begnügte sich mit einigen von Cicero formulierten Beteuerungen demütiger Dankbarkeit und einem Appell, die Einheit der Nation zu bewahren. Allerdings waren viele Worte auch nicht nötig: Allein seine Anwesenheit und das in ihn gesetzte Vertrauen hatten dafür gesorgt, dass der Getreidepreis auf den Märkten um die Hälfte gefallen war. Er beschloss seine Rede mit einigen herrlich theatralischen Sätzen, die nur Ciceros Geist entsprungen sein konnten: »Ich werde nun wieder jene Rüstung anlegen, die mir einst so teuer und vertraut gewesen ist, und den geweihten roten Umhang des römischen Befehlshabers im Felde. Und ich werde ihn erst wieder ablegen, wenn Rom siegreich aus diesem Krieg hervorgegangen ist - oder ich werde diesen Kampf nicht überleben!« Er hob seine Hand zum Gruß und verließ das Podium - wurde auf einer Woge stürmischen Beifalls vom Podium getragen, das trifft es wohl besser. Der Applaus war noch nicht verklungen, da tauchte seine Gestalt hinter der Rostra plötzlich wieder auf: Mit festen Schritten stieg er die Stufen zum Kapitol hinauf. Er trug das paludamentum, den leuchtend scharlachroten Umhang, der das Kennzeichen jedes römischen Prokonsuls im aktiven Dienst ist. Während die Menschen vor Begeisterung außer Rand und Band gerieten, schaute ich zu der Stelle, wo Cicero und Caesar standen. Cicero schien gleichzeitig belustigt wie angewidert zu sein, Caesar hingegen sah dem Treiben völlig verzückt zu, als täte er einen Blick in seine eigene Zukunft. Pompeius verschwand im Tempel der Kapitolinischen Trias, wo er Jupiter einen Bullen opferte, um danach sofort, ohne sich von Cicero oder sonst jemandem zu verabschieden, die Stadt zu verlassen. Es sollte sechs Jahre dauern, bis er nach Rom zurückkehrte.

KAPITEL XIII
     
    Bei den jährlichen Wahlen für die Prätur in jenem Sommer hatte Cicero am besten abgeschnitten. Als Folge des Gezerres um die lex Gabinia war das Vertrauen der politischen Parteien untereinander völlig zerstört, sodass der Wahlkampf hässlich und rüpelhaft gewesen war. Ich habe Ciceros Brief an Atticus vor mir liegen, in dem er seinen Ekel über alle Aspekte des öffentlichen Lebens zum Ausdruck brachte: »Du würdest es nicht glauben, wie schnell und wie verwahrlost sie alle seit deiner Abreise geworden sind.« Zweimal hatten die Wahlen abgebrochen werden müssen, weil es auf dem Marsfeld zu wüsten Schlägereien gekommen war.

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