Imperium
unterstützte Gaius Orchivius - »jede Menge Tatendrang, null Talent«, wie Cicero ihn charakterisierte. Den siebten Platz in meiner Fähigkeitenrangliste nahm Cassius Longinus ein, »das Schmalzfass auf zwei Beinen« oder, wie manche behaupteten, der dickste Mensch Roms. Bleibt Nummer acht, der kein anderer war als Antonius Hybrida, der Säufer mit dem Sklavenmädchen, dem Cicero seine Hilfe bei den Wahlen mit dem Hintergedanken zugesagt hatte, dass er sich dann wenigstens um den Ehrgeiz dieses einen Prätors keine Sorgen mehr zu machen brauchte. »Weißt du, warum man ihn ›Hybrida‹ nennt?«, fragte mich Cicero einmal. »Weil er halb Idiot, halb Mensch ist. Ich persönlich würde ihm nicht mal die eine Hälfte zubilligen.«
Die Götter jedoch, denen Cornificius so zugetan war, wissen solche Hybris zu strafen, und so ließen sie Cicero die ihm gebührende Strafe an jenem Tag zukommen. Die Lose lagen in einer antiken Urne, die schon seit Jahrhunderten für diesen Zweck benutzt wurde, und der präsidierende Konsul Glabrio rief die Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge auf, was bedeutete, dass Antonius Hybrida als Erster das Los zog. Er steckte seine zitternde Hand in die Urne, nahm ein Täfelchen heraus, gab es Glabrio, der eine Augenbraue lupfte und dann sagte: »Stadtprätor.« Einen Augenblick lang herrschte Stille, doch dann brach ein derart brüllendes Gelächter los, dass die unter dem Dach hockenden Tauben in einer spritzenden Wolke aus Kot und Federn davonstoben. Hortensius und einige andere Aristokraten, die gewusst hatten, dass Cicero Hybrida unterstützt hatte, zeigten auf ihn und stießen sich gegenseitig höhnisch grinsend in die Rippen. Crassus wäre vor Wonne fast von seiner Bank gefallen, während Hybrida selbst - der nun bald der dritte Mann im Staat sein würde - in den Saal strahlte und das Hohngelächter fälschlicherweise als Freude über sein Losglück deutete.
Ich konnte Ciceros Gesicht nicht sehen, aber ich konnte mir denken, was ihm durch den Kopf ging: dass sein Pech nun sicher auch noch dadurch gekrönt würde, dass er »Veruntreuungen« erhielt. Gallus zog als Nächster und bekam das Gericht, das für das Wahlrecht zuständig war; Longinus, der Fette, zog Landesverrat, und als Götterkandidat Cornificius das Gericht für Strafsachen zufiel, sahen Ciceros Chancen allmählich ziemlich schlecht aus - und zwar dermaßen schlecht, dass ich nun mit dem Schlimmsten rechnete. Glücklicherweise erhielt der Nächste an der Urne, Orchivius, das Gericht für Veruntreuungen. Nachdem Galba mit der Prozessführung von Verbrechen gegen den Staat betraut worden war, blieben für Cicero nur noch zwei Möglichkeiten - das vertraute Terrain des Gerichtshofes für Erpressungen oder der Posten des Fremdenprätors, als der er im Grunde nichts weiter als Hybridas Stellvertreter wäre: ein bitteres Schicksal für den schlauesten Mann der Stadt. Als er auf das Podium stieg, um sein Los zu ziehen, schüttelte er kläglich den Kopf - da kannst du planen, was du willst, schien die Geste zu besagen, aber am Ende hängt in der Politik doch alles am Glück. Er griff in die Urne und zog - Erpressungen. Es lag eine gewisse wohltuende Symmetrie darin, dass es Glabrio war, der frühere Vorsitzende ebenjenes Gerichtshofes, in dem Cicero sich seinen Namen gemacht hatte, der die Ernennung verlas. Das Amt des Fremdenprätors ging folglich an das Spartacus-Opfer Varinius. Damit war die Leitung der Gerichtshöfe für das kommende Jahr festgelegt und das vorläufige Starterfeld für das Rennen um das Konsulat abgesteckt.
Im Trubel der politischen Ereignisse habe ich versäumt zu erwähnen, dass Pomponia im Frühjahr schwanger geworden war - ein Beweis, wie Cicero triumphierend anmerkte, als er Atticus die Neuigkeit in einem Brief mitteilte, dass die Ehe zwischen Pomponia und Quintus doch funktioniere. Kurz nach den Wahlen zur Prätur wurde das Kind geboren, ein gesunder Junge. Es erfüllte mich mit großem Stolz und war ein Zeichen für die wachsende Bedeutung meiner Stellung innerhalb der Familie, dass man mich zu den Feierlichkeiten am dies lustricus einlud, dem Tag der rituellen Waschung neun Tage nach der Geburt. Die Zeremonie fand direkt neben Ciceros Haus im Tempel der Tellus statt. Ich bezweifle, ob es jemals einen vernarrteren Onkel gegeben hat als Cicero, der als Geschenk zur Namensgebung seines Neffen einen Silberschmied mit der Anfertigung eines prächtigen Amuletts beauftragte. Erst nachdem der Priester
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